Kapitel 44

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„Lass das! Das ist meins!", schrie eine kindlich klingende Mädchenstimme laut und ein Aufschrei war zu hören. Ich war in einem kleinen, nur durch eine Glühbirne beleuchteten Raum ohne jegliche Fenster. Er war allerdings nicht so sauber wie die Räume bei ANGST; das hier war vielmehr ein Kellerraum. Die Wände waren unsauber verputzt und nur eine kleine klapprig aussehende Holztür führte aus dem Zimmer. In der Mitte des Raumes saßen drei Kinder, die mit kleinen bunten Plastikautos spielten. Eins von ihnen – sie war ungefähr sieben Jahre alt - hatte lange rote Locken, ein grün-weiß gestreiftes Kleid und eine selbst gehäkelte Strickjacke an. Sie musste ich sein, denn damals, in meiner ersten Erinnerung, als ich bei ANGST ankam, hatte ich die gleichen Klamotten angehabt. Neben ihr saß ein Junge mit blonden Haaren – es war Luke, mein Bruder, da war ich mir sicher. Er war ungefähr vier oder fünf Jahre älter als ich und hatte eine verschluderte Jeans und ein blaues T-Shirt an. Neben ihn saß noch ein Junge, der ungefähr so alt war wie ich. Er hatte kurze und genauso feuerrote Haare wie ich an. Allerdings machte er einen merkwürdigen Eindruck. Es lag nicht an seinen dreckigen und alt wirkenden Klamotten, aber er sah hinuntergekommen aus – so als wäre er krank. Als ich näher an ihn ran trat, erkannte ich, wie sich über seinen Hals und seine kleinen dünnen Ärmchen grüne Adern erstreckten. Seine dunklen Augen huschten hektisch von seinen Geschwistern zu den Spielzeugautos in der Mitte und wieder zurück. Ich wusste nicht was er hatte, aber er musste irgendwie krank sein. Sein Anblick verpasste mir am ganzen Körper Gänsehaut.

„Mummy", plärrte mein damaliges Ich dann verzweifelt, „Jimmy hat mein Auto genommen!"
Der kleine Junge, der krank aussah, musste Jimmy sein. In seinen kleinen Händen, aus denen große grüne Adern traten, schaukelte er ein kleines Spielzeugauto umher. Er schien gar nicht richtig wahrzunehmen, dass er gerade jemand anders sein Spielzeug weggenommen hatte.

„Spinnst du?", fauchte Luke neben mir, aber so leise, dass es nur mein damaliges Ich hören konnte, „Willst du, dass sie wieder ausrasten? Du weißt genau, was dann passiert!"

Aber bevor das kleine Mädchen Antworten konnte tauchten auf einmal zwei Gestalten aus einer Ecke des Raumes auf, die ich bis jetzt noch gar nicht gesehen hatte. Eine Frau und ein Mann rappelten sich aus der Ecke, in der Kissen und Decken lagen und wahrscheinlich ihr Schlafplatz war, auf und gingen in die Mitte. Als sie in das trübe Licht traten, erschauderte es mich. Meine Innereien wurden schwer wie Blei. Die beiden Erwachsenen mussten meine Eltern sein oder besser gesagt, was von ihnen übrig war. Denn auch über jede sichtbare Stelle der Körper der beiden waren riesige grüne Adern gezogen, die aussahen, als würden sie jeden Moment platzen. Die feuerrote Lockenmähne der Frau, die meine Mutter sein musste, war an ein paar Stellen ausgerissen und auch in ihren dunklen Augen herrschte Wahnsinn. Trotz allem sagte sie in einer erstaunlich ruhigen Tonlage: „Jimmy, gib Emily ihr Auto zurück – es ist ihrs."

Emily? Hatte ich gerade richtig gehört? Aber das Mädchen war doch ich und ich hieß Tori!

„Nein nein nein", erwiderte der kleine Junge und umklammerte das kleine Plastikauto mit seinen winzigen Händen so fest er konnte, „mein Auto!"

„Es ist meins!", quengelte mein altes Ich und versuchte es ihrem kleinen Bruder zu entreißen, der sich heftig dagegen wehrte.

„Emily lass das!", fauchte der Mann und schob mich unsanft von meinen Bruder weg, damit er meinen Bruder selbst das Auto abnehmen konnte, „Hör sofort auf! Gib Emily das Auto! Es ist ihrs."

Auf einmal polterte etwas so laut, dass alle verstummten. Es war ein Krachen, wie als wäre eine Tür aufgetreten worden und leise Schritte über uns waren zu hören.

„Sind das die Verrückten?", fragte Luke verunsichert und krabbelte so schnell er konnte in die Ecke, in der die Kissen und Decken waren, um sich dort zu verschanzen. Jimmy klammerte sich fest an sein geklautes Spielzeugauto und folgte mit seinen hektischen Blick den Schritten über uns. Mein altes Ich klammerte sich ganz fest an meine Mum, die ihr sanft über die Haare strich. Obwohl ihr Blick auch hektisch hin und her wanderte wirkte sie nicht wirklich besorgt; ihre Körpersprach war eher erleichtert. Der Mann – mein Dad – hingegen schnappte sich ein langes Messer, das auf dem Boden lag und richtete es auf die Tür.

Alles, was wir geben mussten ~Maze Runner FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt