Es war früh morgens. Noch schien die Sonne nicht. Die Gegend wirkte wie ausgestorben. Die Häuser glichen Ruinen. Ab und zu hörte Gilbert wie Kinder weinten, Frauen schrien oder Männer schlugen. Aber das störte ihn nicht. Er war es gewohnt sowas zu hören. Es hasste diese Geräusche zwar von Tag zu Tag immer mehr, aber stören taten sie ihn nicht.
Heute ist der Tag gekommen. Er begann zu weinen. ,,Wieso weinst du, Brüderchen?'' fragte ihn ein kleines Kind. In seinen blaue Augen war die Verwunderung und die Müdigkeit zu sehen. Sein blondes Haar sah verwuschelt aus. Gilbert wischte sich die Tränen vom Gesicht und zwang sich zu lächeln. ,,Ich weine nicht, Ludwig. Du bildest es dir bestimmt wegen deiner Müdigkeit ein.'' ,,Doch, doch. Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen. Du hast geweint'' widersprach der Blondhaarige. ,, Und wieso sollte jemand so unglaubliches wie ich denn weinen?'' Der Jüngere zuckte mit den Schultern. ,, Ich weiß es nicht. Deshalb frage ich dich doch.'' Gilbert seufzte ,, Nein, hast du nicht’’ ,, Doch habe ich’’ ,,Nein’’ ,,Doch!’’Und so ging es ein Weile weiter. Dennoch hatte es Gilbert nach einiger Zeit doch geschafft den kleinen Knaben zu überzeugen. Der kleine konnte aber auch wirklich stur sein.
,, Du, Bruderherz?'' Begann der Blauäugige dann. ,,Ja?'' ,, Ach, nichts'' ,, Was hast du den gehört?'' Als Gilbert nur das verwunderte Gesicht seines Bruders als Antwort bekam, konnte er sich das Grinsen einfach nicht verkneifen. Er kannte seinen Bruder nur zu gut um zu wissen welche Aussage was bedeutet. Und er lag immer richtig. Naja, meistens. Ausnahmen gibt es ja immer.
Ludwig schaute zum Boden,, Nun ja...'' begann er unsicher,, ich habe gehört, es wird bald ein Krieg geben wird...Du wirst gegen Polen kämpfen'' Ludwig begann zu lächeln,, Aber das stimmt nicht, hab ich recht?'' Trotz des niedlichen Lächelns konnte man die Verzweiflung aus seiner Stimme hören. Gilbert schaute schuldbewusst seinen kleinen Bruder an und schüttelte leicht den Kopf. In Ludwig's Blick war die Ungläublichkeit zu sehen. ,, Hör auf, Bruder'' sprach er mit einem Lächeln,, Über so was macht man keine Scherze'' ,,Ich lüge nicht'' Es war ein leises Flüstern doch Ludwig konnte es klar und deutlich hören. ,,D-Du lügst!'' stotterte Ludwig ,,DU LÜGST!'' Gilbert schaute nur auf dem Boden. Ludwig fiel auf die Knie und vergrub sein Gesicht in seine Hände. Er war verzweifelt und den Tränen nah. ,, Wieso? Wieso gerade du? Konnte sich Polen nicht ein anderes Land zum kämpfen suchen? Warum?'' Tränen flossen seine Wangen entlang. Trauer durch strömten seinen Körper. Sein Bruder würde gehen! Sein Vorbild! Sein Ersatzvater! Die wichtigste Person in seinem Leben! ,, Was hast du ihm den angetan? Warum ausgerechnet du?!'' schrie er voller Wut, Hass und Verzweiflung. Sein Magen krampfte sich zusammen. Sein Herz brannte. Das Atmen fiel ihm schwer . Sein Mund war so trocken. Er wollte seinen Bruder nicht verlieren. Er wusste das sein Bruder irgendwann in den Krieg ziehen musste. Aber doch nicht jetzt!
Und nun musste sein Bruder weg von ihm. Und vielleicht kommt er nie wieder! Er wollte nicht noch seinen Bruder verlieren. Nicht nachdem er seine Eltern verlor. Er musste schon genug leiden. Doch für seinen Bruder hat er immer alles ertragen.
Gilbert schaute den Blondhaarigen an. Es tat ihm unglaublich weh seinen kleinen Bruder so zu sehen. Es brach ihm fast das Herz. Er ging auf seinen kleinen Bruder zu. Dann kniet sich zu ihm und umarmte ihn. Der Blauäugige sträubte sich nicht dagegen . Im Gegenteil, er weinte sich an der Schulter seines großen Bruder aus. Bald würde der Rotäugige in den Krieg ziehen müssen. Eine Weile sagten beide nichts. ,, Musst du wirklich da raus gehen und gegen Polen kämpfen?'' ,,Ja...leider'' ,, Versprich mir das du heil zurück kehrst, okay?'' Ludwig löste die Umarmung. In seinen Augen war die Verzweiflung und die Angst um den Braunhaarigen zu sehen.,, Versprochen?''
Gilbert lächelte ,, Versprochen'' Der größere von beiden stand auf ,, Bis dann'' sagte er und machte sich dann auf dem Weg zur Tür. Als er die Tür öffnete und rausgehen wollte wurde er von Ludwig gestoppt ,, Großer Bruder?'' der Jüngere schaute betrübt auf den Boden ,, Ja?'' ,, Ich liebe dich'' Gilbert war erstaunt so plötzlich diese Worte aus dem Munde seines Bruders zu hören. Dann begann er zu kichern ,, Ich liebe dich auch, Ludwig'' Voller Erstaunen und Freude sah Ludwig zu seinem Bruder auf. Seine Augen glitzerten regelrecht ,, Komm ganz schnell und ganz heil wieder, okay?'' ,, Mach ich''
Und damit verschwand sein geliebter großer Bruder.