Kapitel 57

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Mario's Sicht:

Der Ton dröhnte in meinen Ohren. Im nächsten Moment stürmten ein Arzt und mehrere Krankenschwestern das Zimmer. "Bringen Sie sie raus!" rief der Arzt einer der Schwestern zu. Eine der Schwestern kam auf mich zu und schob mich rückwärts zur Tür. Dann legte Marco seinen Arm um meine Schulter und brachte mich in den Vorraum und schließlich in den Flur. Ich zitterte am ganzen Körper. "Mario?" hörte ich Marco wie aus einem Tunnel sagen. Das konnte nicht sein. Dasdurftenicht sein. "Sie ist tot..." murmelte ich vor mich hin. Marco gab mir eine heftige Ohrfeige. "Mario, raste jetzt nicht aus! Die holen sie zurück! Sie wird nicht sterben!" raunte er mir zu. Ich spürte nur den dumpfen Schmerz in meiner Wange, denn mein Herz schmerzte viel mehr. Heiße Tränen rollten über meine Wangen. Von der Seite kamen Manu, Thomas, Basti und Miro den Gang entlang, worauf auch Marco aufmerksam wurde. Ich sank an der Wand hinunter, auf den kalten Boden. Manu fragte direkt was los sei. Ich brachte keinen Ton heraus. Er wollte also direkt in den Vorraum, doch Marco hielt ihn zurück. "Was ist da los?!" schrie er jetzt. "Herzstillstand." brachte ich hervor. Plötzlich wurde es still. "Das ist nicht dein Ernst." wisperte Manu. Ich sagte nichts. "Das ist alles deine Schuld!" schrie er jetzt auf mich hinab. "Meine Schuld?!" gab ich geschockt zurück. "Mit dir hat alles angefangen. Du hast sie doch geschwängert!" schrie er immer weiter. Ich vergrub den Kopf zwischen den Armen. "Was ist euer Problem?!", hörte ich Marco sagen, "Habt ihr etwa nichts besseres zu tun, als euch gegenseitig Vorwürfe zu machen?! Niemand hat hier Schuld an irgendetwas und an eurer Stelle würde ich mir jetzt lieber Sorgen um die Frau machen, um die es gerade geht, nämlich Nell!" Ich hob meinen Kopf wieder, sah Manu an, der verbittert und mit unterdrücker Trauer den Fußboden studierte. Plötzlich sprang die Tür auf. Als ich sah, dass es der Arzt war, erhob ich mich schnell. "Was ist jetzt mit ihr?!" fragte ich panisch. Als wollte er es spannend machen, zögerte er einige Sekunden mit seiner Antwort. "Es kam zu einem Herzstillstand. Wir konnten sie aber recht schnell wieder zurückholen. Nur bedauerlicherweise scheint ihr Gehirn mit der Situation überfordert zu sein. Heißt konkret: Wir mussten sie ins künstliche Koma legen. Es tut mir leid Ihnen das sagen zu müssen, aber durch diesen Zwischenfall sind ihre Chancen aufzuwachen noch etwas geringer und sollte sie aufwachen... Nun ja vielleicht ist sie dann nicht mehr sie selbst, also geistig eingeschränkt." verkündete er. "Geistig eingeschränkt?!" wiederholte Manu. Der Arzt nickte. "Sie können momentan nicht zu ihr. Gehen sie am besten zurück in ihr Quartier." fügte er hinzu. Mein Verstand schaltete sich jetzt komplett aus. Anscheinend konnte ich mich aber trotzdem beherrschen, denn irgendwann fand ich mich im Bungalow wieder. Ich lag auf meinem Bett und starrte an die Decke. Ich drehte meinen Kopf, doch auf Nell's Bett lag nicht sie, sondern Marco. Er hatte sich das Kissen über das Gesicht gelegt. Ich versank wieder in meinen leeren Gedanken. Plötzlich ging aber die Tür auf. Mesut trat ein. "Mario, kommst du? Training..." meinte er nur knapp und wartete meine Antwort ab. Ich wollte schon fast den Kopf schütteln, da nahm Marco das Kissen von seinem Gesicht und warf mir einen drohenden Blick zu. Schließlich rappelte ich mich auf und ging wortlos zum Trainingsplatz. Marco kam irgendwann nach und durfte zusehen. Keiner sagte ein Wort. Nur Löw warf ab und zu ein paar Bemerkungen ein. Als wir ein Probespiel machten und André mir den Ball zupasste, starrte ich nur darauf hinab. Nicht einmal das konnte mich ablenken. Ich dribbelte den Ball ein Stück richtung Tor und schoss dann planlos hinein - oder eher vorbei. Ich hatte den Schuss extrem verzogen. "Mensch Mario, konzentrier dich! Wenn Löw dich so in die Startelf packen will wird das nichts!" motzte Phillip. "Ich habe nunmal grade echt andere Probleme!" gab ich zurück. "Das darf dich aber nicht beeinflussen!" meinte er. "Ach komm..." winkte ich ab. Ich riss mir das grüne Hemd über den Kopf und warf es auf den Boden. Dann ging ich davon. "Ey du kannst doch jetzt nicht einfach abhauen!" rief Basti mir hinterher. "Seht ihr doch, dass ich es kann!" zischte ich ohne mich umzudrehen und verließ das Trainingsgelände.Vielleicht war es wirklich besser, ich würde hinschmeißen und nach Deutschland reisen, um mich dort dann voll und ganz auf Nell zu konzentrieren. Sofern sie transportfähig war."Nein, das machst du nicht!" schrie Marco mich an, der mir wohl nachgekommen war.Hab ich das gerade laut gedacht?"Ja hast du!"Scheiße, ich dreh völlig ab. Vielleicht gehe ich auch gleich in die Klapse."Hast du psychische Probleme oder was?! Mario du kannst jetzt nicht hinschmeißen!" fuhr Marco mich weiter an. Auch wenn er mein bester Freund war, ich hatte in diesem Moment keinen Nerv für etwas, das nicht mit Nell zu tun hatte. "Das kann dir doch egal sein!" gab ich also zurück. Ich beschleunigte meine Schritte, damit er mir mit seinen Krücken nicht mehr hinterherkam, doch da hatte ich meine Rechnung ohne Marco gemacht: Er beeilte sich kurz und hielt mir dann eine der Krücken vor die Schienbeine, sodass ich mich beinahe -auf gut Deutsch - aufs Maul legte. "Was soll das?!" brüllte ich ihn an. "Man Mario, die ganze Welt zu hassen bringt doch jetzt auch nichts! Du bist ne richtige Lusche geworden, weißt du das?!" meinte er jetzt. Ich verschränkte die Arme und starrte auf meine Füße. "Ich kann nicht spielen, wenn ich nicht weiß ob Nell überlebt!" murmelte ich. Marco warf seine Krücken in die Wiese und nahm mich bei den Schultern. Als ich meinen Kopf hob sah er mich eindringlich an. "Dann spiel für Nell! Kämpf dich für sie durch!" meinte er jetzt. "Ich weiß nicht, ob ich das kann..." erwiderte ich, doch Marco schien das wieder anders zu sehen. "Nein, Mario! Du hast gar keine Wahl! Mach es einfach. Morgen entscheidet es sich darüber, ob ihr ins Viertelfinale kommt oder nicht." "Moment... Morgen?! Ist heute schon Sonntag?" fragte ich verwirrt. Marco nickte energisch. "Also gut... Aber du sagst nie wieder Lusche zu mir, kapiert?!" sagte ich. Kaum hatte ich mich wieder für das Training zusammengerissen, waren wir auch schon wieder unterwegs nach Porto Alegre, zum Achtelfinale gegen Algerien. Marco begleitete uns, weil er noch ein VIP-Ticket ergattern konnte. Ich versuchte wirklich, mir einzureden, dass ich nur für Nell spielte, doch als ich schließlich in der Startelf auf dem Platz stand und Nell's Abwesenheit deutlich zu spüren bekam, machte es mir das noch schwerer. Schließlich pfiff der Schiri an. Die ersten mindestens 25 Minuten lief überhaupt nichts, was wohl an der allgemeinen Trauerstimmung in der Mannschaft lag. Dabei war ich die ersten 10 Minuten so gut wie gar nicht am Ball. Meine Konzentration ließ immer mehr zu wünschen übrig und kaum hatte ich mal nicht aufgepasst, beging ich auch schon ein dummes Foul. Glücklicherweise gab es keine gelbe Karte, aber es ärgerte mich trotzdem. Die Anderen konnten zum Ende der ersten Halbzeit noch ein bisschen auffahren - ich nicht. In der Halbzeitpause verschwand ich direkt in die Katakomben. Ich ging aber nicht sofort in die Kabine, sondern wartete, bis Löw auch kam und bat ihn kurz zu warten. "Was gibt's Mario?" fragte er gestresst, aber freundlich. "Ich kann nicht weiterspielen. Ich pack das einfach nicht, so sehr ich auch wollte." gestand ich. Löw klopfte mir kurz auf den Rücken. "Ich weiß Mario, das sieht man dir an. Du bist nicht bei der Sache. Ich hätte dich sowieso rausgenommen." meinte er. Ich nickte. "Für heute ruhst du dich aus. Aber du weißt, dass ich dich nicht zum Spaß mit hierher genommen habe." schob er hinterher. Erneut nickte ich. Ich ging auch nach der Pause nicht mehr zur Ersatzbank. Ich vertrieb mir die Zeit mit Musik, doch als ich auf die Uhr sah, waren die 90 Minuten eindeutig schon vorbei, es ging also in die Verlängerung. Ich beschloss jetzt einfach wieder nach oben zu gehen, was ich dann auch tat. Es stand 1:0 für uns, in den letzten Minuten musste also irgendjemand das Tor geschossen haben. Freuen konnte ich mich allerdings trotzdem nicht. Und auch als Mesut dann noch ein Tor schoss, war ich wohl der Einzige, der nicht jubelte. Auch Algerien schoss noch ein Tor und somit endete das Spiel nach der Verlängerung mit 2:1. Schließlich begaben sich auch die meisten schon in Richtung Katakomben, inklusive mir. Auf dem Weg in die Kabinen drohte schon der Ansturm der Reporter. So tauchte direkt ein Reporter mit Mikro neben mir auf. Mit völliger Ignoration versuchte ich vorbeizukommen, doch genau in dem Moment war so viel Gedränge in dem breiten Flur, dass ich abbremsen musste. "Herr Götze, Sie schienen heute mit den Gedanken woanders zu sein, was war los?" begann der Reporter sofort. Ich antwortete nicht, doch das hielt diesen Typen anscheinend nicht davon ab, noch weiter zu fragen. "Wo war ihre Verlobte heute? Gibt es Probleme zwischen Ihnen?" Ich gab es kurz auf, weiter durch die Menge zu drängen und wandte mich ihm zu. "Private Sachen zwischen mir und meiner Verlobten gehen Sie absolut gar nichts an. Wir sind hier wegen des Spiels." Dann drehte ich mich wieder um und schob mich zwischen ein paar Leuten durch, zu den Kabinen. Die nächsten Stunden sprach mich keiner mehr an, weil die Anderen genau wussten, wie ich drauf war. Manu hatte im Gegensatz zu mir anscheinend ein großartiges Spiel hingelegt. Bei ihm schien die Motivation für Nell zu spielen eher etwas zu nützen. Das Interview, das ich gegeben hatte, sollte ich am selben Abend noch bereuen. Ich saß mit den anderen im Bus auf dem Weg zurück ins Camp. Im fernseher im vorderen Teil des Busses liefen etliche Widerholungen vom Spiel und von den Interviews. Auf einmal sahen mich alle an, sodass ich zum Fernseher hoch sah. Dort lief mein Kommentar zu der Frage des Reporters. Die Schlagzeile dazu:Kriselts schon beim Fußball-Traumpaar?"Was hätte ich sagen sollen?!" rief ich durch den kompletten Bus. Und keiner konnte antworten...

SO LEUTE :)

ALSO DAS SPIEL GESTERN HAT MIR LEICHT ANGST GEMACHT, WEIL ES - WIE IHR VIELLEICHT BEMERKT HABT - ZIEMLICH GUT ZU DER MOMENTANEN SITUATION IN MEINER FF GEPASST HAT. SCHLECHTE ABSPRACHEN UND NAJA... RELATIV SCHLECHTES SPIEL VON MARIO. AN DIESER STELLE AN SMARIE019, DIE ALS ERSTE MAL RICHTIG GETIPPT HAT (HAST DU IRGENDEINEN WUNSCH?) UND AN ALLE ANDEREN: WIEDER SCHÖN KOMMENTIEREN ;)

Liebe stirbt nicht {Mario Götze u.A.}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt