normen und formen

38 3 2
                                    

Wir müssen höflich sein,
Wir müssen freundlich sein,
Wir müssen Erwartungen erfüllen.
Wir müssen nach vorne sehen
Und uns selbst unter Kontrolle haben.
Wir sollen nicht laut hassen, nicht laut zürnen, nicht laut lieben, nicht laut lachen.
Das gehört sich nicht öffentlich.
Wir müssen auf die Frage “Wie geht's?“ immer mit “Gut“ antworten.
Wir dürfen nicht menschlich sein.

Und ich hab so die Nase voll,
Von den ganzen Normen.
Und abends lieg ich im bett und frag mich was das soll.
Und hab lust einfach auszubrechen.

Warum kann ich nicht nackt zu Schule gehen,
Egal obs alle sehen,
Laut durch die Welt schreien,
Was mir nicht passt
Sagen, was ich denke,
Leben, was ich glaube.
Mich der Welt offenbaren,
Einmal wirklich ehrlich sein.
Einmal mich selbst zeigen.

Wenn wir das alle tun würden,
Würd es auch keinen mehr stören,
Weils niemand mehr anders kennt.

Lasst uns auf den Händen gehen,
Lasst uns die Worte rückwärts sprechen,
Lasst uns alte Zäune einreißen
Und nie wieder neue bauen,
Lasst uns über Mauern fliegen,
Um zu zeigen das es geht.
Lasst uns ohne Zweifel lieben,
Bis unsere Herzen tanzen.
Lasst uns unser Leben leben,
Bis es die Leute mit Kleidung sind,
Die komisch angeschaut werden.
Bis die Leute uns wahrnehmen,
Wie wir sind.
Ohne all die Schichten Schminke und Kleidung drüber.
Ohne mal so, mal so zu tun,
Bin ich doch immer noch ein Kind,
Dass nicht weiß was es will.
Und ich tu so erfahren,
Weil alle es erwarten,
Obwohl ich keine Ahnung hab.
Von Rauchen, Saufen, Kiffen, Drogen,
Ich spiels  bloß vor,
Dass es für mich alltäglich ist,
Denn eigentlich ist das gelogen.
Aber, für alle anderen
Scheint es nichts besonderes mehr zu sein.
Habens alle schon mal ausprobiert,
Haben alle ihre Meinungen.
Dazu und zu allem anderen.
Doch dann bin da noch ich,
Nicht wissend, was ich denken soll,
Nicht wissend, was ich wissen muss,
Nicht wissend, was ich glauben will.

Und abends lieg ich im Bett und frag mich was das soll.
Man spricht von der “verlornen Jugend“
Weil alle nur noch schlimmer werden.
Doch kann man mit Absicht verloren sein?

Und ich hab so die Nase voll,
Dass man “bad“ sein muss,
Um cool zu sein.
Sich überall auskennen muss,
Um mit leuten,
die man kaum kennt,
Über Themen zu reden,
Die man nicht mag,
Um nicht allein dazustehen,

Dass man keine Ticks haben darf,
Kein Fan sein darf,
Nicht anders denken darf,
Weil man dann “nervt“,
Sich absondert,
Zum “sich zum Freak machenden“ gemacht wird.

Und abends lieg ich im Bett und frage mich was das soll.
Was, wenn wir die Reset-Taste drücken
Und neu starten
Und wenn es keine Formen gäbe,
In den wir zu denken lernten,
Und wenn es keine Normen gäbe,
Nach denen wir zu handeln lernten.
Wo wären wir dann.
Und wären wir noch hier,
Und wär die Welt das hier,
Und wären wir dann bessere Leute?
Oder sind Menschen einfach Menschen
Und kommen nicht aus ihrer Haut.
Sodass heute bliebe wie es ist,
Gestern bliebe wie es war,
Morgen bliebe wie es sein wird.

Und alles was wir tun können,
Ist spekulieren,
Denn wir werden es wohl nie erfahren,
Wenn wir es nicht ausprobieren.

Also los
Lass uns die Regeln brechen,
Lass uns die Welt verbessern.
Denn wenn wir es nicht wagen,
Wer tut es dann?

[Eine Art Poetry Slam (oder zumindest ein Versuch)]

GedankenkotzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt