|34|~ Danke

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Wir starrten uns einfach an. Sein Griff um meine Taille lockerte sich nicht. Es war, als würden wir in einem Film mitspielen und der Zuschauer hätte auf Pause gedrückt.

Nur unser Atem ging unaufhörlich. Ich spürte seinen heißen Atem auf meinen Lippen, während meiner sehr stoßweise ging.

Mein Blick glitt zu seinen Lippen und verweilte dort. Seine perfekt geschwungenen Lippen verwandelten sich langsam in ein Grinsen , weshalb ich wieder in seine Augen blickte.

Schwerer Fehler.

Seine Augen waren wirklich sehr dunkel geworden. Ich schluckte einmal bei dieser Bemerkung, während ich immer größere Augen bekam.

Das war keine gute Mischung. Dieses Dunkle in seinen Augen und dazu dieses Grinsen, während er mich festhielt.

"Ich weiß, das du mich küssen willst.", grinste er selbstsicher. Mein Blick war wohl wieder zu seinen Lippen gerutscht denn ich sah deutlich, wie sein Grinsen immer breiter wurde.

Die Röte stieg mir ins Gesicht, als ich die ganze Situation realisierte. Meine Hände lagen auf seiner Brust, mein Blick lag meist auf seinen Lippen, seine Arme waren um meine Taille geschlungen, er grinste mich an und zwischen uns würde kein Blatt mehr passen.

Ich versuchte ihn wegzustoßen, was ausnahmsweise auch funktionierte. Vermutlich hatte er nicht damit gerechnet. Glück für mich.

Ich drehte mich um und setzte mich auf meinen Stuhl. Ich schlug das Buch auf und merkte, wie Jack sich nach einer Weile ebenfalls zu mir gesellte.

Er war wohl noch etwas verwirrt gewesen.

"Wir sollten wirklich mit der Nachhilfe anfangen.", meinte ich nur, da meine Stimme nicht mehr als ein Keuchen war. Auch wenn er vorher erst meinte, dass er ja keine Nachhilfe bräuchte, ist das wohl der einzige Ausweg, um ihm nicht so nah zu sein.

Mit ein wenig Glück lässt er es sogar zu und wir können das einfach vergessen.

Ich suchte die Seite, die auf dem Zettel stand, welchen mir Mr. McAllister gegeben hatte mit den Aufgaben für Jack. Die ganze Zeit über, spürte ich Jacks Blick auf mir, was mich immer nervöser machte.

Konnte der Junge sich nicht mal auf etwas anderes konzentrieren?

Ich drehte mich zu ihm und unsere Blicke trafen sich direkt. "Hör auf mich die ganze Zeit anzugucken. Konzentrier dich auf die Aufgaben.", blaffte ich ihn an und schüttelte den Kopf. Ich richtete meinen Blick wieder auf das Buch und legte Jack ein Blatt und ein Stift vor die Nase.

Er schaute kurz verwirrt auf das Blatt, bis er den Stift in die Hand nahm und ins Buch schaute. Er fing sofort an, die Aufgaben zu bearbeiten, was mich sehr verwunderte. Nanu? Was war denn jetzt mit ihm los? Ich saß lediglich neben ihm und schaute ihm zu, wie er die Aufgaben erledigte.

Also Nachhilfe sah anders aus. Aber gut. Es sollte mich schließlich nicht stören.

Nach einer Weile, in der er das ganze Blatt inklusive Rückseite beschriftet hatte, stand ich auf. "Möchtest du etwas trinken?", fragte ich ihn, woraufhin er nur nickte. Er bearbeitete weiter die Aufgaben ohne mir weiter Beachtung zu schenken. Auch gut.

Ich musterte ihn noch kurz, bis ich dann allerdings runter in die Küche ging und zwei Gläser aus dem Schrank holte. Ich nahm die Wasserflasche und schüttete in beide Gläser Wasser. Bevor ich allerdings wieder hochging, schaute ich, wie so oft, aus dem Fenster und dachte nach.

Wir hatten nie über die Sache in der Sporthalle geredet. Er hatte mir geholfen und ich hatte mich nicht einmal bedankt. Wir haben es nie angesprochen und auch nie hat einer irgendwelche Andeutungen gemacht.

Ich denke, ich sollte mich mal bei ihm bedanken.

Ich nahm also die Gläser in die Hand und ging die Treppen wieder hoch in mein Zimmer, wo er immernoch die Aufgaben erledigte. Mutiert hier etwa jemand zum Streber?

Ich stellte ihm das Glas vor die Nase und setzte mich langsam wieder neben ihn. Er hatte weder das Glas, noch mich angeguckt. Er kann doch nicht so fixiert auf diese Aufgaben sein! Was habe ich denn schon wieder Schlimmes gemacht?

Ich atmete einmal tief durch, bevor ich ihn wieder anschaute. "Danke.", sagte ich einfach, was interessanterweise sogar eine Reaktion hervorbrachte. Er schaute mich verwirrt an. "Wofür?", fragte er deshalb.

Ich stellte mein Glas ab und senkte den Kopf. Ich wollte ihn nicht anschauen. Ich weiß auch nicht, aber es war mir irgendwie... unangenehm. "Die Sache in der Sporthalle. Mit Mr. Collister.", murmelte ich, den Blick immernoch auf meine Hände gerichtet.

Ich sah im Augenwinkel, wie er sich nun komplett zu mir drehte und den Stift hinlegte. Er beugte sich zu mir und schaute mich an. Es war verdammt schwer, jetzt nicht hochzuschauen, allerdings fande ich meine Hände plötzlich wirklich interessant.

Er rutschte mit dem Stuhl näher und strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. Seine Hand legte er an meine Wange und strich sanft mit seinem Daumen drüber. Ich schmiegte mein Gesicht an seine Hand und schaute ihm jetzt in die Augen.

Er lächelte. Es war zwar nur ein leichtes Lächeln, aber es war da. Und vor allem war es ehrlich. "Du musst dich nicht bedanken.", meinte er nur, woraufhin ich den Kopf schüttelte. "Wir haben es nie wieder angesprochen und außerdem war es keine Verständlichkeit.", konterte ich daraufhin und schaute wieder weg.

Er nahm seine Hand weg und musterte mich. "Woher kanntest du ihn?", fragte er auf einmal. "W-was meinst du? I-ich kenne ihn nicht.", versuchte ich so überzeugend wie möglich rüberzubringen, allerdings ohne Erfolg. "Jeder Blinde hat bemerkt, dass er dir nicht unbekannt ist. Außerdem kannst du nicht lügen."

"Vielleicht will ich auch gar nicht lügen?", meinte ich, ohne auf das vorherige einzugehen. Vielleicht vergisst er es ja. "Wenn du nicht lügen möchtest, warum versuchst du es dann? Außerdem beantwortet das nicht meine Frage.", warf er ein und er hatte dooferweise Recht. Wie so oft.

Ich seufzte und setzte mich richtig hin. Ich beschloss ihm nicht die ganze Wahrheit zu sagen, weil es ihn ja eigentlich auch nichts angeht. "Er ist ein alter Bekannter. Ich hatte früher viel Kontakt zu ihm.", antwortete ich und musterte ihn.

In seinem Blick lag Neugier. Er wollte alles wissen, doch ich wollte ihm nicht alles erzählen. Ich nahm mein Glas und trank es in einem Zug aus. Damit stand ich auf und ging zur Tür. Bevor ich die Tür jedoch öffnete, blieb ich stehen und drehte mich um.

"Du wirst es noch früh genug erfahren."

A little different (*pausiert*)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt