The red X

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Cover von RefinnejMix

Hey an alle die sich hierhin verirrt haben :D
Über jegliche Kritik freue ich mich, solange sie sachlich bleibt ;)
Viel Spaß beim Lesen!

Nachdem sie den Anruf erhalten hatte, saß sie erstmal auf dem Sofa. Sie hörte wie ihre Schwester auf sie einredete. Was sagte sie? Ihre Stimme klang so weit weg, so gedämpft. Wollte sie wissen was los war? Sie wollte ihrer Schwester antworten, ihr sagen das alles in Ordnung war, aber das war es nicht. Nicht mehr. Sie saß bestimmt zwei Stunden regungslos auf dem Sofa, auf dem schwarzen Sofa, welches er ausgesucht hatte. Als sich ihr Sichtfeld wieder etwas klärte , bemerkte sie, dass sie alleine war. Ihre Schwester war sicher arbeiten gegangen. Wie in Trance stand sie auf und ging zum Kalender. Ein Tag war mit einem roten markiert. Sie strich über die Markierung. In 9 Tagen hätte es so weit sein sollen.

Die nächsten Tage bis zur Beerdigung erlebte sie wie ein Roboter. Sie aß, sie trank, sie ging zur Arbeit. Sie schaute fern und las, aber wenn jemand sie gefragt hätte, was sie den Tag über getan hat, hätte sie nichts antworten können.

Da sie niemanden angerufen hatte, wurde es bloß eine kleine Beerdigung. Nur sie, seine Familie und einige Kameraden von ihm waren dort. Alle um sie herum weinten und betrauerten seinen frühen Tod. Doch sie vergoss keine Träne. Sie konnte nicht weinen.
Die amerikanische Hymne wurde gespielt, Reden wurden gehalten, wie tapfer er doch war. Links und rechts reihten sich identische Gräber aneinander. Er war einer von vielen und das hätte sie zweifelsohne wütend gemacht, wäre sie in der Lage etwas zu fühlen außer Leere.
Sie ging nicht zum Kaffee nach der Beerdigung. Sie hatte noch zwei Tage, um ihr Versprechen zu halten.
Wenn sie kein Ziel gehabt hätte, wäre sie den ganzen Tag im Bett liegen geblieben. Doch sie hatte ein Ziel und wenn sie eins hatte, ließ sie es nie aus den Augen.

Die nächsten zwei Tage saß sie an der Nähmaschine und nähte ihr Kleid. Am letzten Tag ging sie Mittags zum Frisör. Und zur Kosmetik. Sie ließ sich ihre Nägel machen. Als sie zufrieden war, setzte sie sich zuhause auf die Couch. Die schwarze, die er ausgesucht hatte. Und dort wartete sie. Sie wartete bis Mitternacht. Dann zog sie ihr Kleid an und ging zu dem Friedhof. Nebem dem Grab von ihm blieb sie stehen. Sie las etwas von einem Zettel ab. Dann ging sie zu dem Baum neben seinem Grab.

Am nächsten Morgen sah der Friedhofsgärtner gleich, das etwas anders war. In einem der Bäume hing etwas. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein weißes Laken und der Gärtner war verärgert. Wie konnte man ein Laken auf einen Soldatenfriedhof hängen? Doch als er näher kam, sah er, dass es keineswegs ein Laken war was dort hing. Es war eine Frau. Eine Frau im Hochzeitskleid. Es bestand kein Zweifel daran, dass sie bereits tot war.
Der Gärtner unterdrückte die Übelkeit, die die Leiche in ihm auslöste und rief mit seinem Handy die Polizei. Er hob einen Zettel vom Boden auf. Dort stand eine Hochzeitsrede niedergeschrieben, mit dem Versprechen für immer zusammen zu bleiben. Er sah hoch zu der Frau in dem Baum. Sie strahlte etwas beunruhigend schönes aus. Wie ein Todesengel hing sie über dem Grab eines Soldaten. "Ja ich will", flüsterte der Gärtner. Aus irgendeinem Grund, war er sich sicher, dass dies das letzte war, was die Tote gesagt hatte.

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