Am Sonntag kamen Tobias, Emi, Susann und Adelaine mittags zum letzten Mal vorbei. Sie hatten schon ihr Gepäck dabei und würden bald von uns aus abgeholt werden. Emi würde dann hier bleiben und bei uns einziehen.
Kurz bevor sie gehen mussten, wollte Tobias mich noch mal sprechen. Wir gingen in die Küche, um ungestört zu sein. Tobias sah aus, als hätte er eine ganze Rede vorbereitet.
„Es tut mir leid, dass wir euch jetzt verlassen müssen. Ich möchte dir aber sagen, dass du jederzeit anrufen kannst und ich dir jede Hilfe geben werde, die du benötigst. Du bist mir nämlich sehr ans Herz gewachsen, Rina. Ich bin sehr dankbar für die schöne Zeit, die wir hatten und dich als Freundin dazugewonnen zu haben. Auch wenn ich dich nicht liebe, hätte ich mich für dich entschieden, in der Hoffnung, dass wir als Freude miteinander leben könnten. Das ist mehr als viele andere königliche Paare haben. Ich weiß, das wäre dir wahrscheinlich nicht genug gewesen. Aber vielleicht hätten wir mit der Zeit doch noch mehr zueinander gefunden."
Ich war mir nicht sicher, wie ich darauf reagieren sollte. Was sollte ich mit dieser Information anfangen? Traurig sein, dass es nicht so gekommen war? Ich hatte andere Dinge, um die ich trauerte. Ihm sagen, dass ich sowieso abgelehnt hätte? Das entspräche nicht der Wahrheit. Ich weiß es immer noch nicht. Es wäre gut möglich gewesen, dass ich doch zugestimmt hätte.
Also fragte ich einfach: „Warum sagst du mir das? Es spielt doch keine Rolle mehr." Die Resignation in meiner Stimme machte mir selbst Angst.
Tobias sah unsicher an mir vorbei aus dem Fenster. Dann straffte er die Schultern und schien einen Entschluss gefasst zu haben.
„Doch, das tut es, Rina. Denn ich möchte dich immer noch heiraten."
Bevor ich irgendetwas sagen oder überhaupt verstehen konnte, was er da sagte, redete er schnell weiter: „Denk doch mal darüber nach. Es hätte so viele Vorteile für uns beide. Deine Familie müsste sich keine Sorgen um Geld machen. Ihr hättet alle Freiheit der Welt, in Ruhe zu verarbeiten und dann ein neues Leben aufzubauen und deine Schwester weiter studieren zu lassen. Du müsstest dir keine Gedanken um die Zukunft machen. Wir wären glücklich zusammen, als Freunde und vielleicht irgendwann mehr. Und ich hätte eine Königin an meiner Seite, der ich vertraue und von der ich weiß, dass sie ein gutes Herz hat und egal was Vater sagt, die das Volk lieben würde. Meine Mutter mag dich auch und du würdest immer in engem Kontakt zu Emi leben. Stell dir unser Leben mal vor. Dir hat das Leben im Palast doch gefallen und der Gedanke, viel Gutes tun zu können."
Ich war völlig überwältigt von diesem unerwarteten Angebot. Alles was er sagte, klang logisch und gut. Verschiedenste Gefühle wallten in mir auf. Wenn ich an den schweren Weg dachte, der jetzt vor meiner Familie lag, verkrampfte sich mein Inneres. Da eine Unterstützung zu haben, eine Konstante, eine Sicherheit, wäre schon wunderbar. Aber da war ein Problem.
„Du bist doch mit Susann verlobt.", erinnerte ich Tobias.
Er seufzte und nickte. „Ja, dank meines ungeduldigen Vaters. Aber eine Verlobung lässt sich leicht auflösen. Das täte mir leid für Susann, aber ich wäre ehrlich gesagt froh darüber. Also, was denkst du, Rina? Ich weiß, dass hier gerade viel los ist und du jetzt sicher noch weniger weißt, was du möchtest, aber ich bin sicher, dass es gut für uns beide wäre und deiner Familie eine große Chance bieten würde."
Ich versuchte schnell abzuwägen. Aber mein Kopf war leer und ich hatte keine Lust mehr, immer wieder zu hinterfragen, was ich nun wollte und was besser war. Ich hatte genug nachgedacht und ließ jetzt einfach mein Bauchgefühl entscheiden.
Den Kopf vor Kopfschmerzen schüttelnd mit einem Anflug von dankbaren Tränen in den Augen nahm ich Tobias Hand. „Danke, dass du nie aufgegeben hast und selbst jetzt noch für mich da bist und mir diese unglaubliche Gelegenheit bietest. Also gut. Ja, Tobias! Ja, verdammt, ich will. Lass uns unserem Land und meiner Familie etwas Gutes tun."
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Silver Swan ~ Die Schwanenkönigin
FantasiKatharina Swan ist ein eher ärmliches Mädchen aus der Fantasiewelt Westpatria. Eines Tages wird sie auserwählt, eine von drei Heiratskandidatinnen des Kronprinzen zu sein. Sie reist zu Prinz Tobias in den Palast von Westpatria und soll sein Herz ero...