Leseprobe #1 aus "Schattentöchter. Mystery-Liebesroman"

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Hätte mich vor jenem Abend im Oktober jemand gefragt, wie ich mir meinen Tod vorstelle, ich wäre ihm die Antwort schuldig geblieben. Nichts in meinem bisherigen Leben hatte mich auf das vorbereitet, was mir in dieser Halloween-Nacht widerfahren sollte.

Und so war ich vollkommen ahnungslos, als Arne und ich uns von meiner Schwester und ihrem Mann verabschiedeten und vor das Haus traten. Über den Wiesen und Pferdekoppeln war Nebel aufgezogen, kroch in die Gärten und umwob die Außenleuchte und die geschnitzte Kürbislaterne neben der Tür mit einem weichen Lichtkreis.

Arne setzte einen Schritt auf mich zu und umarmte mich zum Abschied. »Fahr vorsichtig, Marah.«

Ich erwiderte seine Umarmung. »Du auch. Ich bringe dir den Wagen übermorgen am Nachmittag vorbei. Und vielen Dank noch mal.«

Ich stieg in den Kombi, den er mir geliehen hatte, und orientierte mich kurz auf dem ungewohnten Armaturenbrett, ehe ich den Gurt anlegte und behutsam Gas gab. Arne faltete seine hochgewachsene Gestalt in meinen alten Peugeot und folgte mir den mit Schlaglöchern übersäten Feldweg entlang bis zur Landstraße. An dessen Ende bog ich nach rechts in Richtung des Rheintals ab. Arne betätigte die Lichthupe zu einem letzten Gruß, ehe er sich nach links einfädelte. Wenige Augenblicke später verschwanden seine Rücklichter aus meinem Außenspiegel.

Als ich die Wiesen und Weiden hinter mir ließ und in den Wald eintauchte, wurde der Nebel dichter, sodass ich nicht wagte, schneller als vierzig Stundenkilometer zu fahren. Die Scheinwerfer des Kombis tasteten über kahle Stämme, in deren Kronen das letzte schmutzig braune Herbstlaub hing. Das gedämpfte Licht des Vollmonds sickerte bis auf den feuchten Asphalt hinab und überzog ihn mit stumpfem Silber. Da die L144 zum Rhein hin stetig an Höhe verliert, schaltete ich nach einigen Hundert Metern in den zweiten Gang zurück.

Der Abend bei Britta und Bernhard klang noch in mir nach. Er hatte mich von meinen Sorgen abgelenkt, und als aus dem Autoradio der leichtfüßige Rhythmus von Van Morrisons »Moondance« erklang, ertappte ich mich dabei, leise mitzusummen.

Bald schon näherte ich mich der ersten von mehreren dicht aufeinanderfolgenden, engen Kurven des Schmelztals, durch das sich die Landstraße ins Rheintal hinabwindet. »Moondance« war verklungen, und aus den Lautsprechern drangen getragene Gitarrenakkorde, untermalt von Blockflöten. Ein Schauer überlief mich, als ich den unverwechselbaren Beginn von Led Zeppelins »Stairway to Heaven« erkannte, das in der Tat viel besser zu Halloween passte als Van Morrisons heiterer Song.

Zubeiden Seiten der Fahrbahn ragten nun die Silhouetten hoher Fichten auf undverschmolzen zu einem dunklen Vorhang, der das fahle Licht des Mondesabschnitt, sodass es sich anfühlte, als führe ich in einen Tunnel hinein. Ichumfasste das Lenkrad fester, trat leicht auf die Bremse - und spürte kaumWiderstand.

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