ONE-SHOT TADDL

Hopeless (One-Shot)

Es ist jetzt schon eine Zeit lang her, dass ich mich von meinem Freund getrennt habe. Meine psychische Instabilität und Unzufriedenheit mit mir auf ihn zu schieben, wäre nicht fair. Die paar Jahre mit ihm waren zwar schön, doch ich wollte mehr. Eine Zukunft. Etwas Stabiles. Sicherheit. Liebe.

Das hatte ich mit ihm nicht. Mit ihm lebte ich nur von einem Tag zum anderen und die meiste Zeit verbrachten wir damit unsere Unzufriedenheit in Alkohol zu ertränken. Ich gab ihm die Schuld für meine Unzufriedenheit. Er war mein Freund. Er hätte sich um mich Sorgen müssen. Doch stattdessen hat er mich weiter in die Einsamkeit gezogen. Okay. Stopp. Das ist nicht fair. Immerhin war es meine Verantwortung und ich habe weder ihm noch mir selber helfen können. Sieht man jetzt. Es hat sich kaum etwas verändert seit unserer Trennung. Ich lebe immer noch von einem Tag in den anderen und betäube meinen Körper. Immer noch die gleichen Freunde, die genauso ihren Kummer ersticken wollen, indem sie sich für kurze Zeit eine sorgenlose Realität mit Rauschmitteln erschaffen und entweder man zieht mit. Oder bleibt für sich. Ich denke, mit den richtigen Menschen, kommt man dort hin, wo man hinmöchte. Wohin ich möchte, weiß ich. Doch was für Menschen brauche ich dafür? Einen organisierten, zielstrebigen, selbstsicheren Menschen. Keine kreativen Freigeister, die keine Routine in ihrem Leben haben. Ich brauche Routine. Ich denke, ich kann nur so glücklich werden und an mein Ziel kommen. Also, was muss ich dafür an mir ändern? Vor solchen ‚Langweilern' habe ich bis jetzt ja immer einen Bogen gemacht.

Ich will mich jetzt ändern. Es ist der perfekte Zeitpunkt dafür. Anfang der Sommerferien. Ende der Ferien werde ich sehen, wie sehr ich mich zum Besseren verändert habe.

Ich mache mir eine Liste mit den wichtigsten Punkten um mein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen:

1. Weniger verurteilen.

2. Kein Alkohol, keine Drogen.

3. Mehr fürs Studium lernen.

4. Abstand von toxischen Freunden halten.

5. Einen erfolgreichen, vernünftigen Jungen. – Gute Ausbildung, worauf meine Eltern stolz sind und der zu meinem Zukunftsbild passt.

Fünf Punkte. Diese fünf Punkte werde ich doch wohl einhalten können. Ich beginne damit, meinen Kleiderschrank aus zu sortieren. Alles, was nach Party aussieht wird rausgeschmissen. Alle Tops mit Ausschnitten, Crop-Tops, durchsichtige Tops werden entfernt. Nur einfache, ‚normale' Kleidung darf bleiben. Am Ende bleibt nicht viel übrig. Der Müll, wie Flaschen, Kippen und Fotos von Freunden, Zeichnungen, meine Gitarre werden entsorgt und mein Zimmer wird angepasst, wie ich es mir vorstelle, für eine 23 Jährige, die ihr Leben voll und ganz im Griff hat. Nach meiner großen Ausmusterung fange ich an zu lernen.

Danach erlaube ich mir auf einer Dating-App ein wenig herumzustöbern, was es so auf den Markt gibt. Ich stelle das Alter über 27 ein. Das sollte ein angemessenes Alter sein für vernünftige Männer. Die haben sich sicher schon viele Gedanken gemacht und haben einen Plan und eine gewisse Vorstellung von sich und für ihre Zukunft. Sie sind mit Sicherheit nicht mehr so draufgängerisch und spontan, wie die Jungs in meinem Alter. Ordnung. Ordnung heißt meine neue Devise.

Fehlalarm. Die Interessen der meisten Jungs sind meist viel Reisen, Partys und Philosophie Studenten. Obwohl ich in meinem Rausch nichts wahnsinniger gerne gemacht habe, als über das Leben und die Menschen und mich zu philosophieren, weiß ich, dass ich das träumerische Verhalten auch ablegen muss.

Ich finde einen 28-jährigen Medizin Studenten, der von sich behauptet sehr organisiert und bodenständig zu sein. Ein angehender Arzt? Das klingt perfekt. Einen Arzt kann man in der Familie immer gebrauchen.

Ich schreibe ihn an, sein Name ist Kevin. Kevin? Urgh. Schreit das nicht förmlich ‚Spasst'? Wie hat es ein Kevin bloß auf die Uni -.... Nein! Weniger verurteilen, erinnere ich mich selbst. Der Name sagt absolut nichts über ihn und sein Wesen aus. Solang seine Beschreibung stimmt und er nicht ein voll tätowierter Musiker ist, ist alles in Ordnung. Normal. Ich will jemand stink normalen.