„Du bist doch schuld an Ihrem Tod!" schrie Yannik mich an. Ich war sauer. Seit dem meine Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind, wohne ich bei meinem Bruder Yannik. Er ist Rettungssanitäter und wohnt in einer WG mit ein paar seiner Kollegen. Eigentlich verstehen wir uns auch sehr gut, aber im Moment rastet mein Bruder immer wieder grundlos aus. Wie auch heute. Ich habe doch nur mein Glas nicht in die Spülmaschine gestellt, schon hat er mich aus meinem Zimmer her zitiert. Wie so oft ist dann unser Streit ausgeufert und nun gibt er mir wieder die Schuld an Mama und Papa's Tod. Eigentlich ist es ja die Wahrheit. Ich musste während der Autofahrt ja auch unbedingt einen Apfel schneiden. Natürlich habe ich mir dann in den Finger geschnitten und meine Eltern sind vor Schreck gegen einen LKW geprallt. Ich hatte damals nur ein paar Schrammen, aber meine Eltern waren noch an der Unfallstelle tot.
Ich wusste nicht, was ich auf diese provokante Aussage von Yannik sagen sollte, aber klein bei wollte ich auch nicht geben. Also schrie ich ihn an: „Du kannst mich mal!" und knallte mein Glas, das ich noch von vorhin in der Hand gehalten habe neben die Spüle. „Aua!" Oh Mist, jetzt habe ich mir doch tatsächlich die Glasscherben in meine Hand gerammt. Ich könnte heulen. Aber vor meinem Bruder bestimmt nicht. Aber es blutet so stark. Und jetzt kommt er auch noch auf mich zu...
„Lena! Du blutest. Zeig mal her!" „Nein, lass mich in Ruhe!" Ich gebe zu, das war nicht die allerbeste Idee in dieser Situation, aber ich wollte gerade keine Hilfe von meinem Bruder. Also rannte ich aus der Küche hoch in mein Zimmer. Ich legte mich auf mein Bett und heulte. Das Tuch, dass ich mir noch schnell auf meine Hand gepresst habe, ist schon blutdurchtränkt.Sicht Yannik:
Oh man! Jetzt hat sich meine kleine Schwester auch noch verletzt. Und das sieht echt nicht gut aus. Wenn sie sich doch nur helfen lassen würde. Aber ich kann sie ja auch irgendwie verstehen. Ich weiß ja selber dass ich sie im Moment dauernd schlecht behandle. Aber ich vermisse doch auch unsere Eltern. Und ich weiß nicht warum, aber das lasse ich dann bei Lena aus. Aber jetzt muss ich mich erstmal um sie kümmern. Ich rannte also meiner Schwester hinterher. Als ich unten an der Treppe bin, rief Alex, ein Kollege aus der WG, er ist Notarzt, dass ich mal kurz warten sollte. Er kam auf mich zu und fragte, was denn passiert wäre. Ich erzählte ihm alles und er sagte zu mir, dass er sich um Lena kümmert und ich einfach mal runterkommen sollte. Ich stimmte zu und setzte mich auf unser Sofa im Wohnzimmer, während Alex mit einem Erste-Hilfe-Rucksack nach oben ging.
Sicht Lena:
„Lena, darf ich reinkommen?" Oh man, das war doch Alex' Stimme. Er klopft ständig an meine Tür und möchte rein. „Lasst mich doch endlich alle in Ruhe!" Ich wollte jetzt keinen sehen. Und außerdem habe ich geheult. Aber natürlich hielten meine Worte Alex nicht auf. Er kam zu meinem Bett und setzte sich neben mich. „Hey Lena, ich weiß du bist sauer auf Yannik, aber er hat das bestimmt nicht so gemeint. Dich hier zu verkriechen macht doch auch keinen Sinn. Du hast doch Schmerzen. Yannik hat mir erzählt was passiert ist. Zeig mal deine Hand, dann kann ich sie mir mal ansehen." Da ich Alex sehr gern habe und ich wusste, dass er eh nicht locker lassen würde, setzte ich mich neben ihn auf meine Bettkante und zeigte ihm meine Hand. „Oh man Lena! Das sieht echt nicht gut aus. Das kann ich hier nicht einfach so behandeln. Ich muss das auf jeden Fall nähen, wenn nicht chireugisch versorgen." „Ich muss operiert werden?!" Das war zu viel. Ich hatte keine Lust mehr und operiert werden wollte ich ja mal auch überhaupt nicht. Überhaupt wollte ich nicht ins Krankenhaus. Aber Alex verbindet jetzt erst einmal meine Hand. Als er fertig damit war, forderte er mich auf aufzustehen und mit nach unten zu gehen. Er meinte das mit dem Krankenhaus also tatsächlich ernst. Ich stand also widerwillig auf, aber irgendwas war komisch. Mir war total schwindelig und ich konnte nichts mehr richtig erkennen. Ich blieb kurz stehen, aber plötzlich wurde alles schwarz...
Sicht Alex:
Als ich den Knall gehört habe, bin ich natürlich sofort umgekehrt. Ich wollte doch nur schon mal kurz den Rucksack wegbringen. Als ich zu Lena ins Zimmer gestürmt kam, lag sie schon auf dem Boden. Ich ging natürlich sofort zu ihr und schlug ihr auf die Wange. „Lena, Lena, aufwachen! Komm mach mal die Augen auf!" Gott sein Dank schaute sie mich nach wenigen Minuten wieder an. „Hey Maus, da hat wohl dein Kreislauf nicht so ganz mitgespielt, oder? Na komm ich trag dich schnell ins Auto und dann fahren wir in die Klinik."
Sicht Lena:
Als ich wieder aufwachte, saß Alex neben mir und redete mit mir. Ich war noch so verdutzt, dass ich nichts antworten konnte. Außerdem tut meine Hand so langsam echt weh. Alex nahm mich auf den Arm und trug mich die Treppe herunter. Unten stand schon mein Bruder, der natürlich gleich fragt wie es mir geht. Als Alex ihm alles erzählt hat, folgte er uns und wir fuhren gemeinsam zum Krankenhaus. Als das Auto dann endlich an der Klinik am Südring anhielt, nahm mich Alex wieder auf seinen Arm und trug mich. In der Notaufnahme angekommen kam auch schon Freddy auf uns zu. „Hey ihr drei, was ist denn mit euch passiert, kommt erst mal mit in den Schockraum!" Das war das letzte das ich gehört habe, danach wurde wieder alles schwarz.
Sicht Freddy:
Als ich gerade aus dem Behandlungszimmer kam, kommen mir drei von meinen Mitbewohnern entgegen. Es scheint etwas passiert zu sein, denn Alex trägt Lena auf dem Arm. Ich dirigiere sie erst einmal in den Schockraum, in dem mir Alex auch gleich erzählt was passiert ist. Mittlerweile sind auch Schwester Leandra und Schwester Stefanie mit dazu gekommen. Sie schließen Lena erst einmal ans Monitoring an, da sie wohl gerade wieder bewusstlos geworden ist. Ich hoffe zwar dass sie schnell wieder aufwacht, inspiziere aber erst mal die Wunde, da sie so wenigstens nicht so viele Schmerzen hat. Alex legt ihr in der Zwischenzeit einen Zugang und gibt ihr ein paar Medikamente. Tatsächlich ist die Wunde an Lena's Hand sehr tief. Wenn ich mich nicht täusche, kann ich sogar ein paar Sehnen sehen. Das würde bedeuten, dass sie sofort operiert werden müsste. Ich schickte sie also mit Schwester Leandra zum CT und sagte auch ihrem Bruder bescheid. Schließlich muss er die Einverständniserklärung unterschreiben, Lena ist ja noch nicht volljährig.
Sicht Yannik:
Als Freddy und Alex auf mich zukamen, wusste ich schon dass es nicht gut aussah. „Ist sie wieder aufgewacht?" fragte ich, was die Ärzte aber verneinten. Sie erzählten mir von der höchstwahrscheinlich bevorstehenden OP und dass sie jetzt aber noch auf die CT-Bilder warten mussten. Ich sollte die Einverständniserklärung aber schon einmal unterschreiben, um Zeit zu sparen. Als Lena wieder vom CT zurück kam, konnte ich schon an Alex' Gesichtsausdruck sehen, dass sich der OP-Verdacht bestätigt hat. Ich lief zu ihnen. „Dann lasst uns keine Zeit verlieren und sie gleich rüber fahren." Das hörte ich Freddy noch sagen, dann war er mit meiner immer noch bewusstlosen Schwester auf dem Weg in den OP. „Es wird bestimmt alles gut werden. Solche OP's machen die hier jeden Tag." Alex versuchte mir Mut zu machen. Aber ich wusste nicht was ich tun sollte. Wenn Lena irgendetwas zustößt, ist das meine Schuld! Wenn ich sie nicht angemotzt hätte, wäre das alles nicht passiert. Ich setzte mich aber trotzdem neben Alex auf die Bank im Wartebereich. Was hätte ich auch anderes tun sollen. Wir unterhielten uns denn so ging die Zeit auch schneller rum. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam Freddy, noch in seiner OP-Kleidung, aus der Tür auf uns zu. „Es ist alles gut gelaufen. Wir haben ihre Hand versorgt und sie wird auch keine Folgeschäden zurückbehalten." Er spricht genau die Wörter, die ich hören wollte. Ich war so erleichtert, und konnte auch Alex ansehen, dass er es war. „Kann ich zu ihr?" fragte ich Freddy. „Sie wird gerade noch auf Station gebracht. Du kannst zu ihr gehen. Aber sie ist noch sehr müde und sie darf sich nicht aufregen."
Sicht Lena:
Ich bin immer noch sehr müde, aber Schmerzen hatte ich im Moment keine mehr. Nachdem ich meine Augen aufgemacht habe, kam Freddy zu mir und hat mir alles erzählt. Er hat mich operiert, aber es ist alles gut gegangen. Ich komme jetzt auf die Station und Freddy sagt meinem Bruder und Alex bescheid. Ich hoffte dass Yannik nicht böse war. Ich liebe meinen Bruder und ich will nicht noch länger streiten. Als ich dann endlich in meinem Zimmer bin, sah ich ihn schon. Er kam auf mich zu und gleichzeitig sagten wir: „Es tut mir leid!" Alex fing an zu lachen und sagt: „Na dann ist ja jetzt alles wieder gut bei euch beiden." Das war es. Yannik war kein bisschen böse auf mich und er blieb den ganzen Tag an meinem Bett. Auch wenn ich immer wieder eingeschlafen bin, da ich immer noch sehr kaputt war von der OP.

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ASDS Kurzgeschichte
FanfictionDie 17-Jährige Lena wohnt seit dem Tod ihrer Eltern bei ihrem Bruder Yannik in seiner WG. Er ist Rettungssanitäter und hat diese mit einigen seiner Kollegen. Als Die Geschwister sich eines Tages streiten, passiert ein Unglück...