Jungkook hatte vor 2 Wochen einen Becheid bekommen, der sein Leben vollkommen verändert hatte. Sein bis dato größter Traum war in Erfüllung gegangen. Studieren. An einer Universität. Als er den Brief geöffnet und die Zusage gesehen hatte, hielt er für einige Sekunden den Atem an. Für ihn war es wie Geburtstag und Weihnachten zusammen gewesen, welche er schon seit seinem 11. Lebensjahr nicht mehr gefeiert hatte. All die Jahre, die er in die Schule inverstiert hatte, die er die Schikanen und das Gemobbe ausgehalten hatte, nur für diesen einen Moment. Dabei hatte es ihm alles geraubt, sein Selbstbewusstsein, seine Lebensfreude, seine Kraft, einfach alles. Es waren die schlimmsten Jahre seines Lebens gewesen, abgesehen von einem Ereigniss über das er nur ungern bis nie sprach. Zu niemandem ein Sterbenswörtchen. Doch er hatte es geschafft, mit 18 hatte er sein Abitur in der Tasche und würde heute den ersten Tag an seiner Universität verbringen. Für Jungkook war dies ein neuer Start, weg von alledem, was ihn in seiner Jugend verfolgte, all die schlechten Momente, die er durchlebt hatte. Die schlechten Menschen, denen er sich anvertraute und die dies schamlos ausnutzten. Sie versuchte er jetzt hinter sich zu lassen. Ein Neustart. Reset. Niemand würde ihn kennen, niemand würde ihn schikanieren oder das Leben zur Hölle machen. Er war zwar derselbe schüchterne, ängstliche Junge, doch die Umstände waren andere.
Jungkook war immer imens aufgeregt, wenn es darum ging, etwas neues auszuprobieren. Der Neue zu sein, etwas neues kennenzulernen, darunter auch neue Menschen. Ihm fiel es ungemein schwer auf Fremde zuzugehen, geschweige denn ein Gespräch anzufangen. Es füllte ihn regelrecht mit Zitterschüben und Angstausbrüchen und dann stotterte er, bekam kaum ein Wort heraus und rannte weg. Denn er hatte Angst sich anderen zu öffnen, sich ihnen zu zeigen und sich dementsprechend auf dem Silbertablett zu präsentieren, sich angreifbar zu machen. Wenn er sich anderen öffnete, bot er ihnen gleichermaßen Angriffsfläche, dabei ist er gerade erst im Begriff seine Wunden zu schließen. Die Wunden, die äußerlich zwar nicht zu sehen waren, innerlich jedoch nur umso mehr wehtaten und zerstörten. Viel von Jungkook war nicht mehr übergeblieben. Nachts weinte er sich in den Schlaf, falls es ihm überhaupt gelang die Augen zu schließen, sonst griff er auf Schlaftabletten zurück. Er war nicht stolz darauf, doch es gab diese Momente, in denen er aufgegeben hatte, die Narben zeichnen ihn bis heute. Mit 13, 2 Jahre nach dem schrecklichen Ereignis, griff er das erste Mal zum Messer und schnitt sich die Pulsadern auf. Es war ein Hilferuf, den niemand zu erreichen schien. Er war einige Tage später im Krankenhaus benebelt zu sich gekommen und nach kurzer Versorgung wieder entlassen worden. Pflegemangel hatten sie ihm gesagt. Der nächste Hilferuf folgte mit 16. Er schluckte eine ganze Ampulle Morphin, da er die Schmerzen einfach nicht mehr ertragen konnte. Doch wieder hatte er überlebt und wurde nach Hause geschickt. Warum niemandem seine Zerissenheit auffiel, bleibt ihm bis heute ein Rätsel. Jungkook hatte es so oft versucht, Leute auch ohne Worte darauf aufmerksam zu machen. Doch niemand hatte hingeschaut. Er war unwichtig, ein Niemand. Er war nicht reich, er hatte keine einflussreichen Eltern, er hatte gar keine Eltern mehr. Denn diese hatten ihn schon in frühen Jahren alleine zurückgelassen, auf der Erde. Er war allein und manchmal hasste er seine Eltern dafür. Immer nur allein.
Sein Vater war nach außen hin ein unbeschriebenes Blatt gewesen, doch insgeheim wusste Jungkook, das da mehr vor sich ging. Er war immer sehr verschlossen gewesen und geheimnistuerisch. Hatte nie von seiner Arbeit erzählt, doch es musste etwas Verbotenes gewesen sein, denn zwei Tage vor Jungkooks 12ten Geburtstag passierte etwas, was das bis dato harmonische Familienleben auseinanderiss und einen einsamen, vernarbten Jungen zurückließ, der es vorzog zu sterben als in dieser Hölle zu leben. Den Eltern wurde vor seinen Augen die Kehle durchgeschnitten. Einfach so. Er sollte sogar anwesend sein. Sie wollten ihm demonstrativ zeigen, was passierte, wenn man sich einmischte und seine Eltern hatten sich eingemischt. Seit diesem Tag werden seine Träume von diesem einen Tag bestimmt. Jede Nacht ist er wieder der kleine Junge, der nur tatenlos zusehen kann, wie das Leben aus seinen Eltern schwindet.
Doch damit möchte Jungkook jetzt abschließen. Er versucht es wenigstens. Er ist umgezogen, in eine andere Stadt, wo niemand ihn und seine Geschichte kennt. Die Narben verdeckt von Pflastern und Verbänden. Ein unbeschriebenes Blatt. Eine leere Seite, die es jetzt zu beschriften gilt, aber nach seinen Maßstäben. Er würde jetzt entscheiden, wer oder was auf dieses Blatt kam. Jungkook ist jetzt der Autor seiner Zukunft.
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Reset - Kann die Vergangenheit vergessen werden
FanfictionJungkook hat in seiner Vergangenheit viel erlebt, was ihn zu dem Jungen machte, der er heute ist. Allein, schüchtern und zurückgezogen. Narben, die ihn immer daran erinnern, zieren seine Hände. Doch jetzt soll alles anders werden, er versucht einen...