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Er sah mich ungläubig an. „Du hast die ganze Zeit noch kein einziges Spiel gesehen?" Ich grinste ihn an. Ich musste immer grinsen, wenn ich mich mit ihm unterhielt. Nicht besonders vorteilhaft, wenn man ein totales Hamstergesicht hatte. „Nicht komplett, nein." „Oh mein Gott. Das müssen wir ändern! Wir beide gucken zusammen das Finale!" „Aber ...", wollte ich protestieren, doch er unterbrach mich. „Kein aber! Wir machen das so. Es sei denn du willst dich nicht mit mir treffen..." „Doch Lukas! Aber du meintest doch, dass ihr für das Finale nach Berlin fahren wolltet..." Er zuckte mit den Schultern. „Meine Eltern wollen danach direkt weiter nach Paris und ich will nicht mit nach Frankreich, deswegen bleib ich zuhause. Also hab ich Zeit; Sagen wir um 12:00 Uhr am Sonntag bei mir?" Ich nickte. „Du übernachtest dann natürlich bei mir", stellte er klar und holte seine große Wasserflasche hervor, während ich ihn nur geschockt ansah. „Was ist? Willst du nicht bei mir übernachten? Bin ich wirklich so schlimm?" Er sagte das vollkommen ernst, doch grinste er ein wenig, als er die Flasche an den Mund setzte. Nein!, wollte ich schreien, ich würde wahnsinnig gerne mit dir das Finale gucken! Ich hab kein Problem damit bei dir zu übernachten und vorallem bist du nicht schlimm!!! „Nein Lukas, das bist du nicht. Ich überlege nur gerade, wie ich meine Mutter davon überzeugen soll, dass ich bei einem Jungen übernachten will, denn sie noch nie gesehen hat. Sie ist da etwas eigen." Und das war nicht gelogen. Dafür musste ich mir echt noch was einfallen lassen. Falls es irgendjemanden interessiert, wir schrieben den 11. Juli und das Finale der Fußballweltmeisterschaft 2014 war in zwei Tagen. Und ich saß gerade mit meinem Kumpel Lukas (bzw. meinem Schwarm Lukas) in meiner Klasse und gemeinsam warteten wir auf das klingeln, das die Ferien endlich einläuten würde. Und soeben hatte er feststellen müssen, dass seine Sitznachbarin keine Ahnung von Fußball hatte. Also keine war jetzt sehr übertrieben, aber nachdem ich ihm nicht erklären konnte, was Abseits ist, hatte er seine Wasserflasche genommen und sie sich Face-Palm-Like ins Gesicht geklatscht. Er holte sein Handy raus und spielte 2048. Er war danach süchtig. Jonas war danach süchtig. Und ich war es ebenfalls. Auch wenn ich mit Abstand am schlechtesten von uns dreien war. Aber im Gegensatz zu Luki und mir war Jonas, von allen nur Joni genannt, heute noch nicht mal in der Schule. Der saß nun in irgendeinem Flugzeug, das ihn nach Spanien bringen würde.

Nach der Schule beeilte ich mich aus meinem Klassenraum zu kommen. Der Lehrer hatte wie immer überzogen und ich musste noch ein paar Freunden von mir helfen. Doch bevor ich ganz verschwunden war, rief Lukas mir noch hinterher. „Sonntag Kathi, vergiss es nicht!" Ich drehte mich nur um und lächelte und er wusste, dass ich es nicht vergessen würde.

Ihr solltet vielleicht etwas zu meiner Person wissen. Ich heiße Frederike, bin 16 Jahre alt, gehe in die 10. Klasse eines Gymnasiums, bzw. wurde heute knapp, aber erfolgreich in die 11. versetzt. Lukas nennt mich Kathi, seit er herausgefunden hat, dass ich meinen Zweitnamen Katharina lieber mag, als meinen Vornamen und ich nenne ihn Luki, aber nur in meinen Gedanken. Wir waren jetzt seit einem Jahr in einer Klasse und seit ungefähr einem halben Jahr, war er so ziemlich jeden Tag in meinen Gedanken. Ich kam mit meiner ganzen Klasse gut klar, doch Freunde hatte ich kaum und wenn ich ehrlich war, konnte ich auch nur Lukas und Moritz dazu zählen. Aber ich war trotzdem nicht ausgegrenzt oder so. Gerade, weil es bei uns quasi „zwei Cliquen" gibt und ich durch Moritz oft bei den einen bin und durch Lukas ziemlich häufig bei den anderen. Grundsätzlich mache ich in meiner Klasse am meisten mit den Jungs. Aber Lukas ist irgendwie besonders. Er ist wirklich lieb und sieht ganz nebenbei auch noch verboten gut aus, aber das alleine ist es nicht. Letztes Jahr war ich total in Paul, ein sehr guter Kumpel von mir, verliebt gewesen, der ebenfalls nett und hübsch war, aber das konnte man eigentlich gar nicht vergleichen. Lukas... war mein Fels in der Brandung. Als ich sauer auf Tom war, sagte er mir, dass ich mich bei ihm darüber aufregen solle, nicht aber bei Tom, weil der sich darüber am Ende sogar noch freuen würde. Er versuchte mir bei meinen Ängsten, und davon habe ich viele, zu helfen, und auch wenn ich immer noch sehr ängstlich bin, hat er mir sehr viel Mut gegeben. Zum Beispiel, wenn es darum geht vor meiner Klasse frei zu sprechen. Es hilft ungemein, wenn jemand unter den Zuschauern sitzt, der dich ganz dolle anlächelt und beide Daumen nach oben reckt, um dir zu zeigen, dass er ganz fest an dich glaubt. Denn dann kannst du an dich selbst glauben.

Aber das ist nicht mein ganzes Ich. Ich bin eine sehr zerbrechliche, wenn nicht sogar eine gebrochene Person. Wahrscheinlich mache ich mir einfach nur über alles zu viele Gedanken, doch ich kann meinen Kopf nicht abstellen und werde dadurch noch ganz verrückt. Das solls aber erstmal zu meiner Person gewesen sein.

The Finals - Cause I Love YoungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt