New York, New York!

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<MIA>

Neue Stadt, neues Leben. So in etwa habe ich mir das gedacht, doch auch wenn ich in einer neuen Stadt lebe und einer völlig anderen Arbeit nachgehe, so verlässt mich die Vergangenheit nicht. Oh nein! Sie ist da, bei jedem zu Bett gehen und bei jedem aufwachen. Die Trauer über Devons Tod ist allgegenwärtig. Sie ist immer bei mir, bei der Arbeit im Café oder in meinen Gedanken, während ich in meinem schäbigen ein Zimmer Apartment sitze und mich frage, wie viele Schichten ich diese Woche übernehmen müsste, um den Rest der Miete zusammen zu kratzen.

Es ist ein weiterer Kampf, den ich austragen muss um zu überleben. Doch ist es ein kleiner Sieg, denn seit Devons Tod sind Monate vergangen, genügend Zeit um unterzutauchen und mich von meinem Leben in Chicago zu lösen. Mein Studium musste ich aufgeben, da ich sowieso die meisten Vorlesungen und auch die Prüfungen schleifen lassen habe, hätten die mich sowieso rausgeschmissen. Jetzt halte ich mich mit einem Job im Café über Wasser, außerdem führe ich dreimal die Woche einige Hunde aus der umliegenden Nachbarschaft aus und passe ab und an auf die Kinder meiner Nachbarin Jane auf. Das alles genügt gerade um meine bescheidene Bleibe, den Strom und die Lebensmittel zu bezahlen, die ich im Laufe des Monats verbrauche.

Ab und zu liegt auch ein billiges Pay TV Abo drin, aber nur, wenn ich mich extrem sparsam verhalte und auf allen Luxus verzichte. Und Luxus heißt in meinem Fall alles. Egal ob es der Orangensaft aus dem Glas und nicht aus dem Tetrapack ist, oder das dreilagiges Toilettenpapier. Ich verkneife mir alles was ich entbehren kann und ernähre mich von Toast mit Marmelade oder von anderen billigen und weniger nährstoffhaltigen Lebensmitteln. Hauptsache ich kann die Miete und den Strom bezahlen. Ich komme gerade von einer anstrengenden Doppelschicht aus dem Café. Heute fehlte uns eine Bedienung, also musste ich die Arbeit für zwei erledigen.

Meine Füße brennen und meine Waden schmerzen bei jedem Schritt und wieder einmal wünschte ich mir, dass ich die acht Blocks nicht zu Fuß gehen müsste, sondern mit der U-Bahn fahren könnte. Doch das Ticket kostet Geld, das ich nicht habe, also laufe ich zur Arbeit und wieder nach Hause. Ich massiere mir beim Gehen den Nacken und freue mich auf eine heiße Dusche und mich auf meine Schlafcouch zu kuscheln und auszuruhen. Doch das wird wohl nichts, denn heute muss ich noch einmal mit den Hunden raus und danach geht's zum Babysitten. Solche Tage hasse ich einfach, denn ich stehe ständig unter Strom und komme keine Sekunde zur Ruhe.

Aber bis ich mit den Hunden raus muss, geht es noch eine knappe Stunde. Die ich definitiv zum Ausruhen nutzen werde, vielleicht lasse ich mir auch ein Bad ein. Mit der Aussicht auf eine Badewanne mit wohltuendem Badesalz- ja diesen Luxus habe ich mir letzten Monat gegönnt und hatte bis jetzt keine Zeit es zu benutzen, laufe ich automatisch schneller und als ich das Gebäude mit dutzenden von Wohnungen erreiche, überkommt mich ein Gefühl der Ruhe. Es fühlt sich gut an eine Wohnung zu haben, einen Ort den keiner außer mir kennt und an dem ich einfach ich selbst sein kann.

Es ist meine Zuflucht, die Oase die ich mir mit eigenen Händen erschaffen habe und die ich mir nie wieder nehmen lassen werde. Die Tür unten ist immer offen, also krame ich während ich im Aufzug stehe, meinen Wohnungsschlüssel hervor. Den ich anschließend in das Schloss meiner Wohnungstür stecken will, doch die Tür ist bereits offen. Meine Nackenhaare stellen sich auf und in meinem Hirn schrillen alle Alarmglocken. So viel dazu, dass nur ich weiß wo ich derzeit wohne. Ich schlucke den Kloß runter, der sich in meiner Kehle gebildet hat und nehme all meinen Mut zusammen und betrete die kleine, fünfundzwanzig Quadratmeter große Wohnung. Ich könnte wegrennen, dass Weite suchen.

Doch was würde das bringen?

Er würde mich überall finden, das hat er wieder einmal bewiesen. Keine Ahnung woher ich weiß, dass mein beschissener Bruder Liam de Luca dahintersteckt, vielleicht ist es auch nur eine Vorahnung. Aber tief in meinem Innern weiß ich, dass es niemand anderes sein kann. Niemand hat so ein starkes Bedürfnis mich zu finden wie mein großer Bruder, der das nicht aus Nächstenliebe macht, sondern aus purem Ehrgeiz und Eigennutz. Er ist der Liebling unseres Vaters und er würde alles tun um in seiner Gunst aufzusteigen. Auch die verschwundene Tochter zu suchen und wieder nach Hause, nach Los Angeles, zu bringen.

🔱Chicago Queen Du gehörst mir🔱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt