45. Wunder Punkt

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Chatverlauf zwischen CherylBombshel und t.topaz

Liebling?
21:05

Bitte komm nach Hause.
21:05

Ich weiß, ich bin unausstehlich
zurzeit. Es tut mir leid.
21:06

Sagst du mir wenigstens,
ob es dir gut geht?
21:49

Gut. Dann eben nicht.
Ich hoffe, du hast die Schlüssel
mit genommen. Denn ich werde die
Tür nicht aufmachen.
23:02

Antoinette Topaz! Ich meine es Ernst!
Willst du deine Sachen in Müllsäcken
verpackt vor der Tür vorfinden oder
soll ich auf dich warten, um sie dir vom
Fenster aus vor die Füße zu werfen?
23:20

Manchmal hasse ich dich..
23:43

Nein. Nein, ich hasse dich nicht. Ich liebe dich, Toni. Bitte komm zurück.
00:05

Frustriert seufzend fuhr sich Toni mit der Hand durch die Haare. Cheryls ständige Stimmungsschwankungen würden sie irgendwann noch in den Wahnsinn treiben. Seit der Panikattacke vor zwei Wochen hatten sie sich beinahe jeden Tag gestritten. Kleine Streiterein, eigentlich belanglose Nichtigkeiten. Doch sowohl Cheryl, als auch sie selbst, hatten starkes Temperament und waren nicht bekannt dafür, schnell klein bei zu geben. Deswegen führte manchmal eine vergessene Tasse in der Spüle zu einem stundenlangen Wortgefecht über jedes erdenkliche Streitthema. Und Toni bevorzugte es, in solchen Situationen das Haus zu verlassen. Denn sie kannte sich, und sie kannte Cheryl und sie wusste, irgendwann würde ihre Freundin etwas sagen, dass unter die Gürtellinie ging. Wie immer, wenn sie das Gefühl hatte, sich verteidigen zu müssen. Und Toni würde etwas antworten, dass vielleicht noch sehr viel mehr unter die Gürtellinie ging, weil sie sich nichts gefallen ließ. Und um dies zu vermeiden, ergriff sie die Flucht. Einfach alles stehen und liegen lassen, Cheryls hysterisches Gekreische ignorieren, aufs Bike setzten und weg. So konnte sie ihrer Wut auf dem Motorrad freien Lauf lassen. Fluchend jagte sie dann stundenlang durch die Straßen von Riverdale, ohne ein Ziel vor Augen zu haben.
Heute hatte es sie in die Berge verschlagen. Es war stockdunkel. Die Kleinstadt lag unter ihr, winzig und ruhig, unauffällig. In kaum einem Haus brannte noch ein Licht. Zu so später Stunde lagen die braven Northsider natürlich alle schon im Bett. Beinahe zwanghaft huschte ihr Blick immer wieder zu den unscharfen Umrissen des Thistlehouses. Das Anwesen war so groß, dass man es kaum übersehen konnte, wenn nachts die Lichter brannten. Doch heute lag das Haus im Dunkeln und würde sie den Standort ihres Zuhauses nicht kennen, hätte sie es nicht erkannt. Lediglich ein einziges Fenster strahlte Licht aus. Vermutlich Cheryls und Tonis Schlafzimmer. Kopfschüttelnd wendete sie den Blick ab und ließ ihn erneut über die Landschaft schweifen. Sie wusste nicht mal, wie sie heil hier her gekommen war. Während der Fahrt war sie viel zu sehr in Gedanken gewesen.
Wie war es möglich, dass eine winzige Kleinigkeit - wie Tonis Kopfhörer auf dem Bett - einen so ekelhaft langen Streit vom Zaun brechen konnte? Sie wusste nicht mehr, wie sie an diesen bestimmten Punkt gelangt waren, an dem Toni die Fäuste ballen und sich auf die Zunge beißen musste, um nichts zu sagen, was sie später bereuen würde.
Sie liebte Cheryl. Mehr als alles andere in ihrem Leben. Doch es stimmte, ihr Verhalten seit diesem Traum war nervenaufreibend gewesen. Immer wieder schnippische Antworten. Arrogantes Verdrehen der Augen. Genervte Seufzer. Toni hing es zum Hals raus. Doch wann immer sie wütend deswegen wurde, entschuldigte sich Cheryl überschwänglich und der Ausdruck in ihren wunderschönen braunen Augen machte es dem Serpent Mädchen unmöglich, ihr lange böse zu sein. Immer wieder wurde sie weich. Und noch immer war sie besorgt - und zugegebenermaßen auch neugierig - wegen Cheryls Traum. Sie wusste, er musste etwas schreckliches thematisiert haben, denn die Rothaarige war erst seit dieser Nacht wieder so unausgeglichen in ihrer Gefühlswelt.
Toni hätte ihr gern geholfen. Doch Cheryl beharrte darauf, noch nicht über das Thema sprechen zu wollen. Und Toni wollte sie nicht drängen. Also ertrug sie ihre Launen und das blöde Streiten Tag ein Tag aus so gut es eben ging und flüchtete, wenn es ihr zu viel wurde.
Eine ätzende Situation.

Choni ~ You Bring Out The Best In Me 🐍🍒Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt