17. Kapitel

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„Bist du betrunken?", fragte Luke und sah mich aufmerksam an.

„Schön wärs aber leider bin ich bei klarem Verstand!", antwortete ich und meine Stimme klang unbeabsichtigt bitter.

„Okay, wo soll ich dich absetzen?" Seine Stimme klang wieder wie in der Schule, kalt und abweisend.

Ich wollte gerade sagen, dass er mich zu meinem Auto bringen sollte, als mir etwas klar wurde. Ich konnte in meinem Zustand nicht Auto fahren und schon gar nicht konnte ich zu meinen Eltern, sie würden die Krise kriegen.

Nervös sah ich Luke an. „Könnte ich bei dir duschen und mich ausruhen? Ich kann jetzt nicht zu meinen Eltern!"

„Hör zu, Lila, ich habe keine Lust auf irgendwelche spielchen! Wenn du Probleme mit deinen Eltern oder Jungs hast, dann kläre das einfach aber ziehe mich nicht mit rein!"

„Luke, bitte!", ich sah ihn flehend an.

Er warf mir einen Blick zu und machte dann eine Vollbremsung. „Ist das Blut auf Deinem T-Shirt?", fragte er entgeistert.

Ich nickte und sah auf meine Hände.

Er seufzte, fuhr sich mit der Hand durch seine Haare und fuhr dann weiter. „Also gut, du kannst bei mir schlafen!"

„Danke!"

Er nickte nur und sah auf die Straße.

Den Rest der Fahrt verbrachten wir schweigend und schließlich hielten wir vor einem modernen Hochhaus.

„Wohnst du nicht bei deiner Familie?", fragte ich verwirrt.

„Nein, ich habe eine eigene Wohnung!" Er stieg aus seinem Auto und ging zur Haustür, um sie auf zu machen.

Ich stemmte mich aus dem Auto und schwangte zu ihm. Bei jedem Schritt spürte ich meine Wunden.

„Der Fahrstuhl ist leider kaputt, wir müssen Treppen laufen!", sagte Luke und ging voran.

Ich biss die Zähne fest zusammen und folgte ihm. Eine Stufe mit höllischen Schmerzen nach der anderen.

„Wo bleibst du denn?", fragte er genervt und sah zu mir runter. Als er sah, wie ich mich abmühte, kam er wieder runter zu mir und hob mich vorsichtig auf seine Arme.

„Das ist nicht nötig!", murmelte ich. Es war mir unangenehm von ihm getragen zu werden.

„Ich will aber heute noch oben ankommen!", antwortete er ungerührt und ging weiter.

Es kam mir vor wie nach Stunden, als wir endlich oben ankamen. Und zwar ganz oben. Luke setzte mich vor der Tür ab und schloss sie auf. „Komm rein!"

Ich taumelte an ihm vorbei und staunte. Die Wohnung war einfach der Hammer! Am liebsten hätte ich ewig im Eingang gestanden und gestaunt aber meine Schmerzen erinnerten mich daran, dass es im Moment wichtigereres zu tun gab.

„Hast du Verbandszeug?", fragte ich.

Luke nickte. „Ich hole es kurz!"

„Ähm, kann ich in das Badezimmer?", fragte ich und sah ein paar zuhe Türen an.

„Ja, es ist die Tür rechts neben dir!"

Ich öffnete sie und trat ein. Das war noch besser als mein eigenes Bad, es war geräumig und super eingerichtet, ich war mir ziemlich sicher dass nicht Luke für die Einrichtung zuständig war. Ich machte die Tür hinter mir zu und zog vorsichtig mein T-Shirt aus. Es war schon an den Wunden angetrocknet und so tat es ziemlich weh, als es sich löste, aber ich biss die Zähne zusammen und gab keinen Laut von mir.

Die Schnitte hatten aufgehört zu bluten aber jetzt musste ich sie säubern. Ich fand im Regal ein Handtuch, machte es nass und wischte mir dann als erstes das Blut vom Bauch. Danach begann ich, vorsichtig die Wunden zu säubern. Das Wasser brannte in den Wunden und diese fingen wieder an zu bluten, aber da musste ich jetzt durch.

„Luke, hast du die Sachen gefunden?", rief ich und trat aus dem Badezimmer. Ich hatte mir noch ein Handtuch genommen um es auf die blutenden Wunden zu drücken.

„Ja, komm in die Küche!", antwortete er und ich folgte seiner Stimme.

Er hatte einen ganzen Erste-Hilfe-Kasten auf dem Tresen ausgebreitet. Als ich eintrat, hob er den Blick und seine Augen wurden groß. Da fiel mir auf, dass ich obenrum nur einen BH an hatte. Aber das schien er gar nicht zu bemerken.

„Was ist denn passiert? Das sieht total schlimm aus, wir sollten zum Arzt!", sagte er entsetzt und sah auf das blutige Handtuch.

Ich schüttelte den Kopf und prüfte die Sachen auf dem Tresen. „Ich brauche keinen Arzt und außerdem würden meine Eltern ausrasten!" Ich überging mit Absicht seine eine Frage.

„Kein Wunder, das sieht aus als wärest du gefoltert worden!"

Ich antwortete nicht und nahm stattdessen Klammerpflaster. „Die tieferen Schnitte müssen geklammert werden, die anderen heilen auch so!", erklärte ich. „Und ich brauche dabei deine Hilfe!"

Er nickte benommen. „Sag, was ich tun soll!"

Ich reichte ihm die Klammerpflaster. „Du klebst einfach die Pflaster auf, dabei musst du darauf achten, dass der Schnitt auch wirklich zusammen gehalten wird und es nicht zu fest ist!"

Er nickte und ich nahm vorsichtig das Handtuch zur Seite, dann hielt ich die Wunden zusammen, während er vorsichtig die Pflaster darauf machte. Bei seiner Berührung lief mir ein Schauer über den Rücken und ich musste eine Panikattacke unterdrücken, das waren wohl weitere Auswirkungen der Folterei.

„Danke, den Rest schaffe ich alleine!", sagte ich und nahm einen Verband. Ich wickelte ihn mir geschickt um den Bauch und verdeckte alle Wunden.

„Woher weißt du, wie man so etwas macht?", fragte Luke und sah mich unergründlich an.

„Ich habe eine große Schwester, sie ist gerade in Australien und ist Krankenschwester, sie hat es mir mal gezeigt!"

„Ich wusste gar nicht, dass du Geschwister hast!", sagte er.

Ich zuckte mit den Schultern. „Jetzt weißt du es!" Bevor es eine unangenehme Pause gab, sagte ich noch schnell: „Ich muss noch mal ins Bad und hättest du ein T-Shirt für mich? Meins ist nicht mehr zu retten!"

Er nickte. „Ich suche dir eins raus und lege es dann vorʼs Badezimmer!"

Als ich mich im Spiegel im Bad betrachtete, seufzte ich. Meine Schminke war total verwischt und meine Haare zerzaust. Ich schminkte mich ab und wusch meine Haare dann unter dem Waschbecken, dabei benutzte ich Luke's shampoo und hoffte, dass er nichts dagegen hatte.

Leider konnte ich die Augenringe nicht abwaschen aber da würde schon ein bisschen Schlaf helfen.

Ich schmiss mein altes T-Shirt und das blutige Handtuch in den Mülleimer und zog dann das T-Shirt an, dass mir Luke rausgesucht hatte. Er hatte auch noch eine Jogginghose dazu gelegt und ich war ihm echt dankbar, denn meine Hotpan war ziemlich unbequem.

Schließlich ging ich wieder in die Küche und setzte mich an den Tresen. Luke hatte inzwischen die Küche aufgeräumt und machte gerade Aufbackpizza.

„Ich sterbe vor Hunger!", murmelte ich und sah die Pizza sehnsüchtig an.

„Das dachte ich mir. Es dauert aber noch ein bisschen, bis sie fertig ist!"

Da kam eine Frage in mir hoch. „Was hast du eigentlich in der Nähe von der Party gemacht?"

Luke verschrenkte die Arme und lehnte sich an die Theke. „Ich hasse Partys, ich finde es dumm, sich einfach so zu betrinken aber ich sollte die anderen abholen, also Kris, Ben und Dennis."

Ich lachte leise. „Meinen Eltern würdest du echt gefallen!"

Lila - nur die Zukunft zähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt