Der Morgen danach

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So, beim letzten Mal hat es ziemlich gescheppert... Es war so lange so friedlich bei ihnen, da musste ich einfach mal ihre Beziehung auf die Probe stellen - dass sie es gleich so übertreiben, war selbstverständlich nicht geplant :D

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Das Frühstück am nächsten Morgen ist verdammt unangenehm. Als Pascal aufgewacht ist, war es immer noch Nelly, die neben ihm lag, Roman war immer noch auf der Couch. Immerhin ist er von alleine aufgewacht, sie haben sich eine Begrüßung zugebrummt, dann griffen die Alltagsmechanismen. Nelly ins Bad scheuchen, Nellys Haare richten, Nelly fertig machen, Frühstück herrichten...

Aber dann wäre der Teil gekommen, der sonst jeden Morgen echt erträglich macht. Das gemeinsame Frühstück, das Beieinandersitzen – ja, sie schweigen da immer größtenteils, aber nur deshalb, weil alle noch müde sind. Nicht so wie heute, nicht, weil es nichts mehr zu sagen gibt.

Nelly hat versucht, eine Unterhaltung ins Laufen zu bringen. Doch selbst sie hat recht bald aufgegeben. Eine wirkliche Unterhaltung war es nicht – Roman und Pascal haben nur ihr geantwortet. Und nun... Nun sitzen sie einfach schweigend am Tisch, Pascal hat das Gefühl, dass jeder von ihnen so schnell wie möglich aufisst, damit sich diese unangenehme Situation schnellstmöglich auflöst. Auch Nelly und das tut ihm am meisten leid.

Roman ist der erste, der es schafft. Das Klappern seines Bestecks auf dem Teller klingt unnatürlich laut, das Scharren seines Stuhls, als er aufsteht, ebenso. Nelly schiebt sich ihr letztes Stück Brot komplett in den Mund, obwohl es eigentlich viel zu groß ist.

Wie soll es weitergehen? Irgendetwas müssen sie sagen, irgendetwas müssen sie machen – nicht unbedingt jetzt, Roman muss zum Training, Nelly zur Schule, aber irgendwann...

Wenn es soweit ist, muss er Roman vor die Türe setzen oder mit Nelly abhauen, eines von beidem.

Es ist vorbei. Immer noch. Der Streit war kein böser Traum, er ist die bittere Wahrheit, wie Pascal schon kurz nach dem Aufwachen feststellen musste.

Einfach so aus und vorbei und obwohl ihn diese Erkenntnis immer noch lähmt, ist ihm bewusst, dass er handeln muss.

Nelly räumt wie Roman gerade eben ihren Teller in die Spülmaschine, auch Pascal sieht nun zu, dass er seine Müslischüssel leert. Bis er den Tisch abgeräumt hat, ist Roman schon auf dem Weg Richtung Haustüre, wieder folgt ihm Nelly.

Pascal lässt sich extrem viel Zeit damit, ihnen zu folgen.

Ewig herauszögern kann er den Abschied nicht. Als Nelly schon in ihrer Jacke und in ihren Schuhen steckt, schlendert Pascal zu den beiden hinüber, sein Blick huscht kurz zu Roman.

Ruckartig sehen sie beide weg, als sich ihre Blicke treffen.

„So, dann viel Spaß in der Schule, Kleine."

Nelly lächelt ihn dünnlippig an. Keine Widerrede, kein „Schule ist eh doof", keine Erzählungen darüber, was sie heute erwartet. Sie reagiert zwar nicht jeden Tag auf seine Verabschiedung, trotzdem ist ihr Verhalten heute ungewöhnlich – sonst strahlt sie ihn wenigstens an.

Die merkwürdige Stimmung im Haus geht auch an der kleinsten Bewohnerin nicht spurlos vorbei.

Okay, egal. Irgendwie an dem letzten bisschen Routine festklammern, dann gehen die letzten gemeinsamen Momente schneller vorbei und danach ist er alleine – kann die weiteren Schritte planen.

Einfach weitermachen. So wie sie einfach gefrühstückt haben, so wie Roman Nelly wie jeden Tag zur Schule fährt.

Pascal beugt sich zu Nelly hinunter, er küsst sie zum Abschied auf die Wange. Doch als er sich aufrichtet, geraten seine Routine und sein Plan, sich an die Routine zu halten, ins Wanken. Denn erneut fällt sein Blick auf Roman und ihm wird klar, was nun eigentlich folgen sollte.

RudelbildungWhere stories live. Discover now