16. Die Herrin Iris

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Nachdenklich betrete ich die Taverne wieder und setze mich zu Ciri.

„Huch? Ist Olgierd weg?"

„Ja, er hat mir seinen dritten Wunsch verraten und ist dann gegangen. Ich weiß nicht, was auf einmal mit ihm los war."

„Schade," sagt sie,"ich hätte gerne noch herausgefunden, wie leicht er in Gwint zu schlagen ist."

Ich lache auf, sie ist wirklich einmalig. Sanft streiche ich ihr über den Rücken.

„Die Chance bekommst du schon noch."

„Er ist wirklich...seltsam." gibt sie dann zu.

„Auf welche Art seltsam?"

„Ich bin mir nicht sicher. Er ist nett, sehr Höflich noch dazu, aber alles was er sagt oder was er tut, es wirkt....hm...ein wenig geschauspielert, vielleicht? Oder eher unbeholfen? Ich werde nicht schlau draus."

„Ich auch nicht so wirklich, glaub mir."

Es gibt für das, was Ciri gesagt hat eigentlich nur eine Lösung. Ich kenne sie schon länger, aber es muss wohl wirklich wahr sein. Ich konnte es all die Zeit einfach nicht glauben.

Als Olgierd betrunken war, da erzählte er mir von seiner Iris, und dass er sie irgendwann nicht mehr lieben konnte. Nicht weil er sein gesamtes Vermögen verlor und sie einem anderen versprochen wurde, zumindest nicht nur.

Es steckt mehr dahinter. Womit wir wieder bei den Geheimnissen wären, die ihn umgeben. Aber ich schätze, eines davon habe ich erraten.

Olgierd ist mir und Ciri gegenüber nett, weil ich ihm Wünsche erfülle. Über Nacht haben wir uns vielleicht sogar ein wenig angefreundet.

Aber zu anderen Leuten...wenn ihm etwas nicht in den Kram passt, ist er erbarmungslos. Ich bin mir sicher, dass er Horst Borsody auf der Stelle getötet hätte, hätte Ewald es nicht schon vorher getan.

Das Geheimnis, von dem ich glaube, dahintergekommen zu sein, lautet, dass Olgierd von Everecs Herz tatsächlich aus Stein ist. O'Dimm muss ihm das angetan haben. Er hat O'Dimm um Hilfe gebeten, erzählte er mir.

Ich hätte schon viel eher darauf kommen müssen, die Hinweise seitens Olgierd waren eindeutig.

Er ist unsterblich, man kann ihn nicht töten. Ich habe es selbst ausgetestet, es geht nicht. Die Narbe an seinem Kopf muss gefährlich gewesen sein, nahezu lebensbedrohlich, also bat er O'Dimm, ihn unsterblich zu machen. Das wurde er dann auch, aber wie ich O'Dimm kenne, hat er eine Gegenleistung von Olgierd verlangt. Für seine Unsterblichkeit hat er ihm seine Emotionen genommen. Ein ewiges Leben in Gelassenheit und Freude? Mit seiner Liebe Iris an seiner Seite? Nein, so etwas wunderbares lässt Gaunter O'Dimm nicht zu.

Darum meinte Olgierd, er müsse einen „gewissen Wahnsinn" an den Tag legen, damit es nicht öde und eintönig wird. Damit er sich lebendig fühlen kann.

Dass er gerade, nachdem er mir seinen dritten Wunsch mitgeteilt hat einfach gegangen ist muss daran liegen, dass er tatsächlich, wie Ciri meinte, keine Emotionen uns gegenüber zeigen kann. Alles, was er tut oder sagt, ist gewissermaßen geschauspielert, damit er wie ein normaler Mann wirkt.

Das alles erklärt aber noch immer nicht, warum Olgierd Wünsche äußert, die unmöglich zu erfüllen sind. Aber auch das finde ich noch heraus. Irgendwas in mir ist wahnsinnig erpicht darauf, Olgierd zu helfen und ins aus Gaunter O'Dimms Klauen zu befreien.


Wenn ich die lila Rose bekommen will, sollte ich bei Olgierds altem Zuhause anfangen. Dort, wo er aufgewachsen ist. Vielleicht finden sich dort ein paar Hinweise. Laut Shani, die ich noch kurz besucht und mich bei ihr entschuldigt habe, sie gewissermaßen einfach so auf der Hochzeit ihrer Freundin geküsst zu haben, ist das alte Anwesen der von Everecs nördlich vom Feuille-Hof. Dann will ich mal losziehen.

Die Seelen der HexerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt