Kapitel 12: Grüner Tee.

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"Und wo warst du die ganzen Jahre? Wie lange haben wir uns nicht gesehen?", fragte ich sie.

Es ist so dunkel, das ich nicht mal meine Hand vor meinen Augen sehe. Das Gefühl, dass das Bett gleich einbricht wird dadurch, dass ich jetzt zu zweit mit Vanessa drin liege, noch stärker.

"Ich war 15 als ich mit meinem Vater nach Las Vegas gezogen bin. Mit 16 bin ich ausgezogen und dann hab ich mal hier und mal dort gelebt. Zuletzt war ich in New York, aber das Geld ist mir ausgegangen und deswegen bin ich zurück hierhin gekommen."

Vanessas Leben ist wahrscheinlich deutlich interessanter als meins, aber das war schon immer so. Ich kann Vanessa schlecht beschreiben, aber was man über sie wissen sollte ist, dass sie ein Mensch ist, der Aufregung liebt. Sie ist nicht nur ständig am feiern, sondern manipuliert jeden um Spaß zu haben. Vanessa ist das, was man 'Miststück' nennt und trotzdem zieht sie jeden in ihren Bann, sodass jeder ihr gehorcht, wie auch ich es getan habe.

"Klingt interessant..." Ich mache vermutlich einen unsicheren Eindruck, aber bei Vanessa bin ich unsicher.

"Und was ging hier so? Hast du meine Mission erfüllt?" Sie klingt so, als würde sie mit einem kleinen Kind reden und als solches sieht sie mich vermutlich auch.

"Ich denke ja. Mein Leben hat sich ziemlich geändert seit du weg warst. Ich habe alles Mögliche ausprobiert, bin viel feiern gegangen, hab manchmal die Schule geschwänzt und ja Sex eben." Jetzt, genau jetzt bin ich stolz auf mein wildes Leben. Es mag komisch klingen, aber genau für diesen Moment, habe ich es geführt.

"Wirklich Shay?! Ich bin stolz auf dich. Vielleicht war meine ganze Arbeit nicht umsonst. Nur das weinen solltest du in nächster Zeit unterlassen. Wegen wem hast du geweint? Bist du unsterblich in jemanden verliebt, der deine Liebe nicht erwidert?"

Verliebt bin ich wirklich, aber das würde ich Vanessa nie auf die Nase binden. Ich sehe zu ihr hoch und ihre Meinung ist die einzige Meinung, die mich wirklich interessiert.

"Ich will über den Grund nicht reden. Aber ein Junge ist es nicht." Ich versuche dem Thema auszuweichen.

"Ach Schätzchen, wir müssen wirklich noch an dir arbeiten."

Wegen dem Wort 'Schätzchen' habe ich diesen Drang Vanessa direkt ins Gesicht zu schlagen, aber das lasse ich lieber.

Um der Wut aus dem Weg zu gehen, stehe ich auf und beschließe sie kurz allein zu lassen, um mir etwas zu trinken zu holen.

Die Küche von Tobys Haus ist riesig, genauso wie alles andere hier. Ich weiß, dass Toby nie kochen würde und die Küche nie benutzt, aber er eine so riesige und luxuriöse Küche hatte, weil er sie einfach haben kann. Die Geschäfte, die er macht lohnen sich total.

Ich öffne den Kühlschrank und habe den Beweis, dass Toby nie kocht, weil nur Fertiggerichte und Getränke vorhanden sind.

Ich nehme mir eine Packung grünen Tee heraus und trinke ein Glas aus. Es ist fast ganz dunkel, aber trotzdem ist es nicht gruselig, weil in der Küche ein kleines Licht brennt.

Von der einen auf die andere Sekunde zucke ich zusammen. Jemand kuschelt sich von hinten an mich.

"Hey ich bin's nur, erschreck dich nicht so, Kleine." Mussten eigentlich alle mir dumme Spitznamen geben?!

Ich drehe mich um und sehe Toby in die Augen. Er lacht böse und das macht mir in dem Moment Angst.

"Ich brauche ein wenig frische Luft, ok Toby?" Die letzte Chance dieser echt komischen Situation auszuweichen.

"Ja klar, ich begleite dich." Ok, die Ausweichaktion ist offiziell gescheitert. Ich mache mich mit leisen Schritten auf den Weg zur Tür. Toby ist hinter mir wie ein Schatten, was nicht unbedingt zu meiner guten Laune beträgt.

Als ich die Tür öffne fühle ich mich gleich etwas besser. Die kalte Luft tut mir gut. Ich atme tief durch. Es ist Juli und tagsüber ziemlich warm, doch nachts kühlt sich die Luft ab.

"Alles gut bei dir Shay?" Toby steht direkt neben mir. Ich gehe einen Schritt weiter und stehe jetzt mitten auf dem Hof.

"Ja alles ok." Ich schließe die Augen für einen Moment.

Toby kommt näher an mich ran und stellt sich mir direkt gegenüber. Langsam, aber sicher versucht er mich zu küssen. Ich drehe meinen Kopf weg.

"Sei nicht so undankbar, dass ich dich hier wohnen lasse Shay." Er legt seine Hände um meine Taille. Jetzt habe ich verstanden was er möchte, doch darauf gehe ich nicht ein.

"Nein Toby. Welchen Teil an 'Nein' verstehst du nicht?" Langsam macht es mich agressiv.

"Ich lasse dich hier umsonst wohnen, meinst du ich will dafür nichts? Ich habe dich nicht einfach so einziehen lassen."

Auch er wird aggressiv wird. Zwei Sekunden später drückt er mich gegen die Wand. Ich überlege, was ich tun soll und verpasse ihm dann eine Ohrfeige. Kurz ist er verschreckt. Ich versuche mich zu wehren und trete ihn gewaltsam in den Bauch.

Einen Moment später entfernt er sich von mir, schaut in Richtung Straße und hebt die Hände.

Ich schaue mich sprachlos um und entdecke, was ihn so verschreckt hat.


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