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PoV Rosalie Charlotte Higgins

"Wir haben jetzt noch 20 Minuten Zeit. Sollen wir uns gegenseitig Fragen stellen, damit wir uns besser kennen lernen? Wir werden uns in nächster Zeit öfter sehen, der Trainer hat schon wieder Schwimmtraining angekündigt", schlägt Julian vor.

"Klar, ist vielleicht nicht die schlechteste Idee. Aber das du so gesprächig bist, hätte ich nicht gedacht. Heute Nachmittag warst du noch eher der ruhige", gebe ich von mir.

"Ach, keine Ahnung. Mir war das alles ziemlich peinlich, du musstest wegen mir Überstunden machen. Fängst du an?", umgeht er das Thema.

Genervt verdrehe ich die Augen. Wieso beschuldigt er sich immer selbst? Als ich ihn erneut darauf anspreche, bekomme ich die gleiche Antwort wie zuvor:
"Ich hätte die anderen von der Idee abhalten können..."

"Also gut, wie alt bist du?", stelle ich die erste Frage.

"Im Ernst? Ich habe dir gesagt, dass ich alle Fragen ehrlich beantworten werde und du fragst mich wie alt ich bin? Das kannst du doch googeln", antwortet er mir und wirft mir einen kurzen Seitenblick zu.

"Warum sollte ich dich googeln, wenn ich die Möglichkeit habe, dich persönlich kennenzulernen? Und zwar ohne die ganzen Vorurteile und die Berichte der Presse", antworte ich ihm.

"Ich wusste nicht, dass du so denkst, aber es gefällt mir. Übrigens bin ich 23 und werde dieses Jahr 24 und du?", beantwortet er schließlich doch.

"Ich bin 20, werde aber noch 21."

Wir stellen uns noch viele weitere belanglose Fragen, bis wir vor dem großen Wohnkomplex ankommen, in dem die Wohnung von mir und meiner Mutter ist.
Julian steigt aus, hält mir danach, ganz gentleman-like, die Tür auf und lässt seinen prüfenden Blick über die Fassade wandern.

Von außen ist das Haus nicht mehr das schönste. Graffitis auf den Wänden und in die Jahre gekommene Fenster und Türen. In den oberen Stockwerken wird es allerdings um einiges besser, was man vom Gehsteig aus allerdings nich sehen kann.

"Ich bringe dich noch hoch", sagt meine Mitfahrgelegenheit und legt einen Arm um meine Taille und zieht mich näher an sich.

"Musst du nicht, ich schaffe es sonst ja auch alleine und außerdem sind die Nachbarn wirklich nicht schlimm", versuche ich ihn zu beruhigen, da mir die plötzliche Nähe ziemlich unangenehm ist.

Da ich ihn nicht nehr von der Idee abbringen kann, schließe ich schließlich die Haustür auf und wir gehen hintereinander in den Flur.
Auf der Treppe zieht Julian mich wieder näher an sich, als hätte er Angst, dass gleich jemand aus den Wohnungen raus springt.

Im ersten Stock hört man, wie eigentlich immer, Geschrei. Das Paar das hier wohnt, hat größere Beziehungsprobleme. Meistens endet es am Abend damit, dass man Türknallen hört und einer der Beiden das Haus verlässt.

"Genau, die Nachbarn sind nicht so schlimm", gibt Julian sarkastisch von sich und zieht mich noch ein bischen näher -sofern das überhaupt noch geht- an sich.

An unserer Wohnungstür angekommen, zieht mein Gegenüber mich in eine Umarmung, die ich erstaunt erwiedere.

"Gibst du mir dein Handy? Dann kann ich meine Nummer abspeichern", fragt er und ich gebe ihm ohne zu zögern mein altes Handy.
"Du kannst mich imner anrufen, egal was ist."

Nickend nehme ich mein Handy entgegen und stecke es wieder in meine Hosentasche.

"Danke für's Mitnehmen", murmele ich an seine Brust, als ich ihn erneut umarme und dann in meiner Wohnung verschwinde.

"Rosalie Charlotte Higgins! Wo warst du?", höre ich die Stimme meiner Mutter aus dem Wohnzimmer.

"Arbeiten, Mum", antworte ich ihr.

"Ich war krank vor Sorge. Du hättest mich doch anrufen können und mir sagen können, dass es länger dauert", sagt sei und schließt mich in ihre Arme.

"Sorry", murmele ich in ihre Halsbeuge.

"Ist ja alles gut. Essen steht in der Küche und dann erzählst du mir erstmal warum du zu spät bist", meint sie und schiebt mich in unsere kleine Küche.

Ohne Einsprüche zuzulassen, schiebt sie mir einen Teller vor die Nase und ich erzähle ihr von meinem Tag.
Ich berichte ihr alles, da wir noch nie Geheimnisse vor einander hatten. Nur bei Julian kürze ich etwas ab, da ich das Gefühl habe, dass es fies wäre weiter zu erzählen, was er im Vertrauen auf meine Fragen geantwortet hat.

"Scheint ja ein netter Junge zu sein, dieser Julian Weigl", meint sie und steht mit einen fetten Grinsen im Gesicht auf und verschwindet zurück in unser behagliches Wohnzimmer.

Ich gehe in mein Zimmer und ziehe Gammel-Klamotten an, nur um anschließend zu meiner Mutter zu gehen. Erstaunt stelle ich fest, dass sie vor dem kleinen Fernseher eingeschlafen ist. Ich mache das Gerät aus und decke sie zu.

Dann gehe ich ebenfalls schlafen, packe vorher aber noch meine Tasche für die Uni.

Fate is a TrAiTOr -Julian Weigl FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt