Kapitel 1.

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Alrik

Der Mond stand über Leidenstadt und schien in einem unheimlichen Schimmer auf mich herab. Mein bleiches Gesicht, wie auch mein schmächtiger Körper wurden von einem tristen braunen Mantel verdeckt, der an einigen Stellen von Motten zerfressene Löcher aufwies.

Links und rechts von mir sah ich die grellen Lichter der Tarvernen, die um diese Uhrzeit die einzigen Lichtquellen waren, die die engen Gassen erleuchteten. Eine knarzende Tür wurde mit Schwung geöffnet und prallte von der Wucht laut gegen die Wand. Erschrocken schnellte mein Kopf nach oben.

Gelächter von Betrunkenen drang an meine Ohren und immer wieder hörte ich den Ruf einer Dirne, die mir mit schnurrender Stimme hinter her rief.

"Komm her Kleiner!"

Flüsterte ein junges Mädchen am Straßenrand mir zu. Sie war mir so nah, dass ich jedes ihrer Worte verstanden hatte.

Ich ignorierte sie unbeholfen, indem ich vorgab sie nicht zu hören. Doch der rote Schimmer meiner Wangen, die in den fahlen Lichtern der Tavernen schimmerten, verrieten mich.

Ich hatte schon viele Geschichten von der Unterstadt von Leiden gehört.

Manche malten die Stadt so aus, als ob sie noch nie etwas fabelhafteres gesehen hätten.

Die Rede bei diesen Gesprächen kreiste meist um leichte Mädchen, die ihre Körper wie Draht verbiegen konnten.

Andere handelten von Geschäften, die Dinge in ihrem Sortiement hatten, von denen man nicht mal wusste, dass es sie gibt.

Doch es mit eigenen Augen zu sehen war etwas völlig anderes.

Die Straßen waren eng und dreckig.

Neben mir konnte ich einen kleinen braunen Fluss ausmachen, der dickflüssig weiter nach unten in den Hafen floss.

Das Quicken von Raten drang mir immer wieder ins Ohr, je weiter ich in die Slums hinein lief.

An einem Punkt, wäre ich beinahe auf den Schwanz einer dicken schwarzen Ratte gestanden. Ich wollte garnicht wissen wie viele Krankheiten sich wohl in ihr befanden.

"Der Gestank würde dir in den Nasenhöhlen brennen."

Hahllte eine Stimme in meinem Kopft, dessen Klang alleine einen Schauder über meinen Rücken ließ.

Doch mit einem hatte die Stimme Recht behalten, es stank tatsächlich wiederlich an diesem Ort. Es war ein Geruch , an den ich nicht gewöhnt war. Es roch nach Gülle und Tod.

Vielleicht fiel es mir nur deswegen so stark auf, weil ich mich immer in der Gegenwart von sauberen und gepflegten Menschen aufgehalten hatte, die sich lieber den Arm abgehackt hätten, als auch nur einen kleinen Teil ihres Reichtums abzugeben.

Ich schloss meine Augen , Schuld ließ meine Nacken heiß werden.

Ich war selber ein solcher Mensch gewesen. Ich hatte diese Leute verabscheut, war jedoch keinen Deut besser als sie gewesen. Diese Doppelmoral ließ meine Schuld nur wachsen. Nein, sagte ich mir.

Ich bin nicht wie sie, sie sind nicht hier draußen und riskieren Kopf und Kragen. Sie sind nun vermutlich Zuhause in ihren Burgen und liegen in ihren aus Seide gefertigten Laken während sie sich mit Völlerei betätigen.

Gestern noch saß ich unter ihnen, hatte mit ihnen gespeist und nun, nun würde ich sie alle verraten. Es war ein absurder Gedanke und auch wenn ich keinem von ihnen irgendetwas schuldig war, fühlte ich mich so als ob ich sie den Wölfen zum Frass vorwerfen würde.

Ich bog in eine der vielen Nebengassen, deren Beleutung nur speerlich war und einen zwilichtigen Eindruch bei mir  hinterliss und hoffte, dass ich nicht zum Opfer des nächst besten Diebes fallen würde.

Shadows of Arwerina Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt