🏁Doll [YoonJin/JinGi]

70 Der letzte Brief

Geschockt starrte ich die Person an, die im Flur stand. Es war Namjoon. Aber wie? Er war doch laut Polizei tot! Fange ich jetzt schon an, Geister zu sehen? Aber Yoongi meinte gegen Ende des Briefes, ich solle mit Namjoon glücklich werden. Vielleicht war das hier ja sein Werk.
"Jin... Ich weiß nicht, wie ich das überlebt hab. Eine Stimme flüsterte mir, dass ich eigentlich schon länger tot sei, doch dass sie mich retten würde. Mir wieder Leben einhauchen würde. Das geschah dann auch, wie du siehst. Als ich aufgewacht bin, lag aber noch dieser Brief hier neben mir. E-Er geht an dich..."
Bedrückt sah mein Freund zu Boden und reichte mir den Brief. Ich nahm ihn an, öffnete ihn jedoch noch nicht sondern half erst einmal Namjoon in meine Wohnung. Er hatte wie es aussah noch einen zu großen Schock. Ist auch ganz normal, wenn man erfährt, dass man für einige Tage tot war und jetzt plötzlich doch wieder lebt. So etwas passierte schließlich nicht alle Tage. Wir beide setzten uns in meinem Schlafzimmer auf das Bett und sahen eine Weile erst einmal nur die Wand an. Namjoon unterbrach die entstandene Stille dann.

"Nun mach ihn schon auf, diesen Brief. Ich glaube, er ist wichtig."
Zögernd sah ich auf den Mintgrünen Briefumschlag. Langsam und mit zitternder Hand begann ich, ihn zu öffnen. Danach holte ich den Brief heraus und fing an zu lesen: 

Damit du glücklich wirst, hab ich mich für Namjoon geopfert und ihm sein Leben zurück gegeben. Ich weiß nicht wie genau das möglich war, aber dadurch musste ich meine Seele aufgeben. Ich lebe nun also auch als Puppe nicht mehr, wenn du das hier liest. Damals im Park als ich als Mensch auftauchte, da ging das nur mithilfe einer Blume. Sie machte mich für eine Stunde wieder zum Menschen und ich bin froh darüber, dass ich mich mit dir treffen konnte. Dieser eine Kuss den du mir damals gabst, er war schön so wie du und deine vollen Lippen. Ich hoffe, du führst weiterhin ein glückliches Leben und wirst mit Namjoon alt. Pass auf dich auf, denn ich kann es nun nicht mehr.

Dein Yoongi.

Kurz nachdem ich den Brief las, sah ich über meinem Schreibtisch etwas rotes aus der Wand hinaus laufen. Ich stand auf, ging zum Tisch und machte das Schwebebrett ab, auf dem einige Bücher standen. Der Putz bröckelte schon sehr, da er ziemlich alt war. Mit meinen Fingern fing ich an, an der Stelle woraus die rote Flüssigkeit lief, den Putz ab zu kratzen. Somit wusste ich kurze Zeit später also nun, was sich dahinter befand. Es war Suga der in einer kleinen Glasvitrine saß. Er blutete aus den Augen, das Blut floss durch ein kleines Loch in der Vitrine, der Grund weshalb ich diese Stelle an der Wand finden konnte. Sein Blick sah sehr traurig aus und mir wurde klar, wo sich Yoongis Leichnahm nun befand. Mir ging ein Schauer durch Mark und Bein, meine Tränen kamen wieder zum Vorschein. Wütend rannte ich aus meinem Zimmer, holte mir Hammer und Meißel und versuchte, die Wand aufzuschlagen. Nach etlichen Stunden gelang mir dies auch, Namjoon half natürlich mit. Als die Wand endlich offen war und somit der Hohlraum zum Vorschein kam, erschrak ich. Ich wusste zwar schon davor, was mich erwarten würde, aber die Vorstellung malte sich oftmals alles milder aus, als es in Wirklichkeit war. Meine Eltern, die Entführer und Mörder meines Yoongis, hatten ihn damals mit seinen gerade mal vier Jahren in die Wand eingemauert. Nun saß sein winziges Skelett vor mir, in dessen Hand ein Foto zu sehen war. Auf diesem befand ich mich mit Yoongi, im Hintergrund böse grinsend seine Mörder, ehemals meine Eltern. Dass diese, Anfangs noch so unscheinbaren, Briefe mich zu so einer grausamen Wahrheit führen würden, hätte ich nie für möglich gehalten. Kurz nachdem ich alles Geschehene erst einmal realisiert hatte, ließ ich einen bis ins Mark erbitterten Schrei aus, sodass ich mir sicher war, Yoongi würde ihn sogar im Himmel hören und somit auch meinen letzten Brief an ihn:
Ich liebe dich auch, doch nur als Bruder. Ruhe in Frieden, mein kleiner Yoongi.