Kapitel 40

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Das Klopfen hallte im langen Flur unserer Wohnung, in welchem ich komplett überfordert saß und überlegte, was ich tuen sollte. „Soll ich mit ihr reden?", fragte mich Erik besorgt, doch ich reagierte nicht. Erik war auch sichtlich überfordert mit der Situation und stand ratlos vor mir. „Ich geh da jetzt raus und kläre das!" „Nein... Ich mach das. Sie hat mir zu viel angetan, was du alleine nicht regeln kannst! Ich muss das Ein für Allemal klären!", sagte ich zunehmend entschlossener. „Na gut...", murmelte der Blonde und half mir hoch. Erik begab sich in mein Zimmer. Ich atmete noch ein Mal tief durch und öffnete die Tür. „Carly! Schön dich zu-", begann sie. „Hör auf! Warum bist du hier? Was willst du hier, von mir und von Papa?" „Kann ich reinkommen?". Ich zögerte, doch wich schließlich zur Seite, damit sie eintreten konnte. Ich führte sie ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch setzte; ich blieb, mit verschränkten Armen, im Türrahmen stehen. „Also, was ist der Grund, weshalb du hier bist?", fragte ich die Blondine. „Heute ist der 22.-Geburtstag meiner Tochter. Ist das nicht Grund genug?". War das ihr ernst?! „Ist das dein verdammter Ernst?! Seit verdammten zehn Jahren interessiere ich dich einen Scheißdreck und jetzt, aus dem Nichts, tauchst du hier auf und faselst irgendwas vom Geburtstag deiner Tochter? Merkst du nicht, dass wir dich nicht brauchen?", ich stoppte kurz. „Du hast meine Kindheit zerstört, uns alleine gelassen und hast dich nicht um uns gekümmert. Weißt du was? Jetzt brauch ich dich auch nicht mehr, wir brauchen dich auch nicht mehr! Papa und ich haben uns ein fantastisches Leben aufgebaut und sind ein unschlagbares Team geworden! Das, was du mir damals alles angetan hast, werde ich dir nie verzeihen und ich hoffe, du wirst dafür bezahlen und merken, was für ein Unmensch du bist!  Und jetzt verlass meine Wohnung und verschwinde aus meinem Leben und tauch nie wieder auf!", forderte ich meine Mutter ruhig auf. Geschockt sah sie mich an und erhob sich. Ich sah ihr an, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Ich folgte ihr zum Ausgang und öffnete ihr die Tür. Sie drehte sich noch mal um und sah mich mit glasigen, großen Augen an. „Du bist und bleibst meine Tochter und ich werde dich immer lieben, auch wenn du diese Liebe nicht erwiderst... Ich habe Fehler gemacht, viele Fehler, doch du warst nie einer von ihnen!", sagte sie leise, bevor ich die Tür schloss und an ihr zu Boden sank.

Eriks Kopf lugte aus der Tür und erschien schließlich vor meinem Gesicht. Wortlos nahm er mich in den Arm und streichelte meinen Rücken. Wir verweilten einige Zeit schweigend auf dem kalten Flurboden, bis ich aufstand und in mein Zimmer lief. Ich schloss hinter mir ab und schmiss mich auf mein Bett. Mir war jetzt nicht zum Reden zu mute, weswegen ich mein iPhone abschaltete und mir Kopfhörer einsteckte. Die Gedanken kreisten in meinem Kopf; Hatte ich richtig gehandelt? War ich ihr wirklich wichtig? Könnte ich ihr verzeihen? All diese Fragen ließen mir keine Ruhe...

POV Erik

Carly verschwand wortlos in ihrem Zimmer. Ihr nachlaufen hätte nichts gebracht. Ich kannte meine beste Freundin und wusste genau, dass sie jetzt alleine sein wollte und das auch für mindestens zwei Tage. Ich beschloss, meine Sportsachen anzuziehen und die ganzen Sorgen wegzulaufen.

Mittlerweile war es dämmerig geworden und die letzten Strahlen der Sonne, fluteten die Straßen von Paris. Seit knapp 1,5 Stunden joggte ich durch die Gegend und suchte nach Lösungen. Lösungen, um Carly irgendwie aufzumuntern. „Durm?", sagte ich, als ich den Anruf einer mir unbekannten Nummer entgegennahm. „Hey Erik, hier ist Julian! Ich rufe von Joshua Kimmichs Handy an, da meins kaputt gegangen ist. Carly geht aber nicht an ihr Handy und reagiert auf keine meiner Nachrichten. Auch auf dem Festnetzt und Instagram und Facebook nicht. Ist alles in Ordnung bei ihr?" „Nicht wirklich...", gestand ich zögerlich. Was Julian jetzt am wenigsten brauchte, waren Probleme so kurz vor der WM. „Erik, was ist los?" „Ihre Mutter ist hier aufgetaucht. An ihrem Geburtstag, und wollte irgendwas. Kennst du die Geschichte mit ihrer Mutter?", fragte ich vorsichtig, doch Julian hatte keine Ahnung. Ich erzählte ihm in Kurzform, was Sache war. Wir tüftelten einen Plan aus, den ich am nächsten Tag auch schon in die Tat umsetzten konnte. Carly sollte ihren Fokus auf die wesentlichen Dinge im Leben konzentrieren und mit so grausame Erlebnisse abschließen.

In guten, wie in schlechten Zeiten (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt