Kapitel 44

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Julian blickte mich geschockt an, als hätte er nicht verstanden, was ich da von mir gegeben hatte. Ich war mir aber ziemlich sicher, dass er es genau verstanden hatte, nur einfach sprachlos war. „Julian, das meinte ich nicht-", fing ich verlegen an. „Doch, tust du und hast allen Grund dazu... Ich verhalte mich dir gegenüber echt scheiße und lasse meine Wut, Enttäuschung und meinen Frust an dir aus, obwohl du mir doch nur helfen willst. Weißt du, ich habe gar nicht geschlafen, nur drüber nachgedacht, was falsch gelaufen ist, warum wir ausgeschieden sind und was wir hätten anders machen können. Der Frust sitzt wirklich, wirklich tief in mir und wird so schnell auch nicht gehen. Es tut mir wirklich so leid, du hast mich einfach nicht verdient...", schüttelte Julian mir sein Herz aus. Für einen kurzen Moment überlegte ich, was ich machen sollte, doch dann ließ ich es dem Zufall und begann zu reden: „Erstmal, du bist das Beste, was mir je passiert ist und ich will noch ganz, ganz, ganz, viel Zeit mit dir verbringen, am besten mein ganzes Leben! Dabei ist es mir komplett egal, ob du enttäuscht, fröhlich, traurig oder gar wütend bist! Wir stehen das zusammen durch, denn wir halten zusammen, als Team! Zweitens, wie wärs, wenn wir ein Tag in Paris bleiben und uns dann was schönes buchen und Urlaub machen? Ohne Fußball, ohne Stress, ohne irgendwelche Verpflichtungen? Nur du und ich irgendwo..." „Klingt nach nem Plan! Danke, dass du mir nicht böse bist! Ich liebe dich Carlotta Tuchel, und das hoffentlich mein ganzes Leben lang!", antwortete er noch und schön spürte ich seine geschmeidigen Lippen auf meinen trockenen. Nach einigen Minuten des innigen Küssens, löste sich Julian von mir und lehnte seine Stirn gegen meine. „Was hältst du von Thailand? Weißer Sandstrand bis zum geht nicht mehr, türkis-klares Wasser, einzigartige Lagunen und Tiere und tropische Temperaturen zum braunwerden?", flüsterte er mir leise an die Lippen. „Hast du mich mal angeguckt?! Strandurlaub, nicht mit mir!", stöhnte ich empört und befreite mich aus Julians Klammergriff. Dieser schmunzelte und sah eigentlich ziemlich ratlos aus. „Was sollte mit dir sein?" „Na, ich habe eine Haut wie ein Brandzünder! Ich würde verbrennen. Ich würde zu gebratenem Speck werden! Und mal ganz abgesehen davon, dass es in meinem Wortschatz den Begriff 'Bikinifigur' nicht gibt! Sag jetzt nicht, ich sei nicht dick und so! Ich will in eine Stadt, eine Weltstadt!", fuhr es aus mir heraus, als hätte mich der Blitz getroffen. „Ich sag ja nichts, aber du weißt, was ich von deiner Einstellung halte und du weißt auch meine Sicht, aber na gut. Wie du willst!", er stockte und schien zu überlegen. „Warst du schonmal in Los Angeles?" „Nein... Aber, wenn du meinst, wie können dahin, dann Ja!", fing ich an zu kreischen und fiel meinem riesigen Freund um den Hals. Ein Klopfen unterbrach meinen fangirlartigen kreisch Anfall. „Jule, kann ich mit Carly reden?", hörte ich Eriks Stimme, nachdem Julian die Tür geöffnet hatte. „Klar, komm rein. Ist es was Wichtiges?" Ich hörte keine Antwort. Was Erik mir wohl zu erzählen hatte? Der blonde betrat das Zimmer und umarmte mich herzlich zur Begrüßung. Eriks Blick wanderte schnell zwischen mir und Julian hin und her. Er wollte alleine mit mir sprechen, das merkte ich. „Schatz, lässt du uns für einen Augenblick alleine?", fragte ich Julian, welcher auch direkt einen Koffer nahm und hinter der Tür verschwand.

„Also, was los Großer?", begann ich, nachdem die Tür ins Schloss gefallen und wir alleine waren. „Hier, die Nachricht hab ich gerade bekommen... Ich dachte, also eigentlich wolltest du ja nichts mit ihr-" „Zeig schon her!", forderte ich ihn auf und riss ihm das Handy aus der Hand. Ich konnte meinen Augen kaum trauen, was dort auf dem Bildschirm stand.

Hey Erik, wie ist es so in Russland, nach dem WM-Aus? Geht es Carly genau so schlecht oder kommt sie recht gut damit zurecht? Grüß und drück sie auf jeden Fall von mir. Der Grund dieser Nachricht ist aber eigentlich ein anderer. Ich habe vor zwei Tagen die Nachricht erhalten, dass Carlys Mutter ums Leben gekommen ist und das nach dem Streit mit ihr. Sie sei wohl vor einen fahrenden Bus gerannt, weil sie so durcheinander war. Sie starb noch am Unfallort. Ob es jetzt Selbstmord oder doch nur ein Unfall war, werden wir wohl nicht herausfinden. Könntest du es bei Gelegenheit Carly schonend beibringen? Ich weiß, deren Verhältnis war nicht gut und sie wollte eigentlich nichts mehr von ihr wissen, aber ich dachte, es ist ihre Mutter, sie sollte das wissen. Vielen Dank Erik! Dafür, dass du immer für Carly, als auch für mich da bist und uns halt gibst! Bist schon immer mehr als nur Familienfreund, du bist Familie! Und das mit ganzem Herzen! Vielen Dank, Thomas.

Ich blickte vom Bildschirm hoch und in die glasigen Augen meines besten Freundes. Ich war komplett überfordert! Einerseits war meine Mutter gestorben, nachdem wir gestritten haben, andererseits hat sie mich immer wie den letzten Dreck behandelt. Sollte ich jetzt traurig sein, dass sie tot ist, oder sollte ich neutral sei und keine Emotionen zeigen? Oder sollte ich vielleicht sogar glücklich sein, dass sie uns jetzt nicht mehr belästigen kann? Ich hatte keine Ahnung, was ich in dieser Situation machen sollte.

In guten, wie in schlechten Zeiten (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt