Kapitel 45

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Ich setzte mich aufs Bett und starrte gegen die Wand. Meine Gedanken schwirrten wild in meinem Kopf herum und machten nicht den Anschein, sich ordnen zu wollen. „Bist du traurig?", Erik ließ sich neben mir nieder und legte seinen Arm um mich. Ich zuckte kurz mit den Schultern und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Er begann mit der einen Hand meinen Rücken und mit der anderen meinen Kopf zu streicheln. Wir verweilten einige Zeit so, bis irgendwann die Tür einen Spalt aufging und Julian den Kopf durchstreckte. Ich erhob mich und sah zu ihm herüber. „Ist alles in Ordnung?", fragte Julian zögerlich und kam auf uns zu. Ich zuckte wieder mit den Schultern. Erik und mein Freund tauschten Plätze, sodass Jule mich im Arm hielt und Erik stand. Nach einem kurzen Augenkontakt verstand Erik und verließ das Zimmer. „Wenn dir jemand dein ganzes Leben lang schlechtes angetan hat und nie für dich da war und plötzlich wieder ankommt und du ihm dann deine Meinung nicht schonend beibringst und er kurz darauf stirbt. Wärst du dann traurig oder glücklich?", ratterte ich herunter. Julian blickte mich fragend an. „Um wen geht es Carly?" „Ist grad nebensächlich! Was für Gefühle hättest du nach oder in dieser Situation?" „Carly" „Bitte Julian! Sag bitte einfach, wie du dich fühlen würdest!", bat ich den Pariser und blickte ihm mit meinem Hundeblick tief in die Augen. „Hätte mich die Person wirklich nur wie den letzten Dreck behandelt, dann wahrscheinlich nicht traurig. Aber glücklich sollte man eigentlich nicht sein, egal wie scheiße die Person war, schließlich war sie auch nur ein Mensch. Ich glaube ich wäre nicht traurig, sondern einfach neutral. Aber jetzt wirklich, wer ist gestorben und was hat er dir angetan?!", seufzte er. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte von meiner Mutter, dem Streit und der Nachricht meines Vaters. „Warum hast du mir nie etwas davon erzählt?", war das Erste, was er sagen konnte, nachdem er seinen Schock überwunden hatte. „Ich wollte dir keine Last anhängen, gerade, weil du ja bei der WM gespielt hast und ich dich so nur unnötig abgelenkt hätte..." „Ach Carly... Du weißt doch, dass du immer zu mir kommen kannst, auch wenn ich beschäftigt bin! Für dich werde ich immer Zeit und Wege finden!" „Das weiß ich doch, aber ich konnte einfach nicht. Sorry!" Mein Blick wanderte schuldbewusst nach unten. Julian legte seine Hand auf mein Kinn und drückte es sanft nach oben, sodass ich gezwungen war, ihn anzuschauen. Seine zarten braunen Augen funkelten und strahlten eine enorme Kraft aus, die mich irgendwie beruhigte. Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht und fast im selben Moment spürte ich Julians weichen Lippen auf meinen. Der vorerst sanfte Kuss ging in einen leidenschaftlichen, wilden Kuss über. „Verdammt!" „Was ist los, Jule?". Julian war mit einem Mal, urplötzlich aufgesprungen und rannte wie ein aufgeschrecktes Huhn durchs Zimmer. „Hallo? Redest du mal mit mir?", Ich folgte ihm durchs Zimmer, bis ich stehen blieb, auf die Uhr schaute und auch realisierte, dass wir schon fünf Minuten zu spät und noch nicht fertig waren. Ich sammelte hektisch meine Klamotten zusammen und streifte mir irgendeine Bluse über. Julian hatte sich schnell in seinen Hugo-Boss-Anzug geschmissen und eilte zu mir ins Zimmer. Seine Haare saßen wie immer perfekt und auch das Jackett sah makellos aus. „Wie schaffst du es, immer so perfekt auszusehen?!" „Betriebsgeheimnis! Aber jetzt komm, wir müssen!", sagte der braunhaarige noch, bevor er meine Hand in die eine und meinen Koffer in die andere Hand nahm und wir gemeinsam das Hotelzimmer verließen. Wir gingen in einem schnellen Tempo und sahen schon von weiten die anderen Jungs, die gerade in den Bus einstiegen. Julian nahm meinen Koffer, und während er diesen zum Verstauen brachte, betrat ich de Bus und suchte uns einen schönen Platz in der Mitte des Busses. „Und, was macht ihr, wenn ihr zu Hause seid?", drang Mats Stimme von hinten durch. Ich drehte mich um und guckte den schwarzhaarigen Bayer an. „Wir bleiben erstmal in Paris und dann geht's nach LA. Da war ich noch nie und Strandurlaub ist nicht so meins. Und du und Cathy? Kroatien?" „Ne, dieses Mal geht's nach Ibiza! Mit unserem kleinem Lu! Ich freu mich schon riesig, ihn wiederzusehen!" „Oh, dass glaub ich dir! Hast du mal ein Bild?", Mats nickte und fummelte sein Handy aus der Tasche. Nach einigem Tippen drückte er mir das Ding in die Hand und ich fiepte fast, so niedlich war das Bild. „Ach Gott, ist der niedlich!" „Jule, ich glaube du musst deiner Freundin auch ein Baby machen, die hat hier gerade so eine Art Niedlichkeitsschock!", bemerkte Mats, als Julian den Bus betrat und sich neben mich setzte. „Was?", fragte er etwas verwirrt. „Carly findet meinen Lu so niedlich und ich meinte, du musst ihr auch einen machen." „Mats!", sagte Jule spitzt und boxte ihn an die Schulter. „Sorry Schatz, aber frühestens in zwei, drei Jahren!" „Sehe ich genau so! Ich bin gerade mal 22, Mats!", sagte ich und wir fingen alle an, zu lachen. Dafür, dass wir ausgeschieden waren, war Mats relativ gut drauf, aber wer weiß, vielleicht war das ja alles nur Schein. Ich verschränkte meine Finger mit denen meines Freundes und lehnte meinen Kopf an seine muskulöse Schulter. Er gab mir ein Kuss auf die Stirn und die Fahrt nach Hause begann nach einer kurzen Ansprache der Trainer.

In guten, wie in schlechten Zeiten (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt