Kapitel 46

442 13 0
                                    




„In Paris bin ich doch am Liebsten!", bemerkte ich, als Julian und ich Hand in Hand das Flughafengebäude verließen. „Wo wollte dein Vater uns noch abholen?" „Wir sollen hier einfach warten. Er ist in fünf Minuten hier, meinte er.". Julian setzte seine Sonnenbrille auf, um möglichst nicht erkannt zu werden, was ihn aber eher noch auffälliger machte, denn es regnete. Kurze Zeit später hielt der Wagen meines Vaters vor uns und er stieg aus. „Da ist ja meine Lieblingstochter!", sagte er fröhlich und kam auf mich zu, um mich zu umarmen. „Und mein Lieblingsspieler!", fügte er noch hinzu und umarmte auch Julian. Wir redeten kurz und luden unsere Koffer ein. Auf dem Weg vom Flughafen nach Hause, erzählte hauptsächlich ich von Russland. Nach 20 Minuten waren wir bei Julian angekommen. Ich verabschiedete mich von ihm und fuhr mit meinem Vater nach Hause. „Julian sieht ganz schön mitgenommen aus...", bemerkte Papa als wir uns auf die Dachterrasse setzten, und er hatte verdammt recht! Seit wir wieder in Paris waren, benahm er sich anders. Redete und lachte nicht viel, lächeln tat er auch nicht und die Verabschiedung war herzlos. Ich seufzte; mein Vater kam zu mir rüber und nahm mich in den Arm. „Mach dir keine Vorwürfe! Er wird schon wieder, auch, wenn es länger dauert! Macht doch zusammen Urlaub und lenkt euch gegenseitig ab!" „Wir fliegen morgen Abend nach LA für vier Wochen... Hab ich ganz vergessen, dir zu erzählen!" „Sag mal, wohnst du überhaupt noch hier?", fragte mein Vater lachend und ich stimmte mit ein. „Kleiner Spaß! Ach, ich freue mich so, dass du glücklich bist und dein Leben genießt! Julian tut dir wahnsinnig gut!" „Ja, das tut er! Ich habe Hunger... Können wir asiatisch bestellen?" Thomas stand auf und ging Richtung Wohnzimmer. „Ente cross mit Reis, süß-sauer-soße und extra viel Ananas?", rief er aus der Küche. „Ja, so wie immer!", antwortete ich noch. Mein Blick schweifte über die traumhafte Skyline von Paris. Die Sonne war gerade am unter gehen, trotzdem war es noch angenehm warm. Von weitem sah ich den Eiffelturm. Er erschien so winzig und doch so mächtig! Ich träumte ein wenig vor mich hin, ehe ich, durch ein Klingeln, aus meiner Welt gerissen wurde. Ich schlich ins Wohnzimmer, wo mein Vater schon den langen Esstisch gedeckt hatte. „Lass es dir schmecken, Prinzessin!" „Du dir auch, Papa! Guten Appetit!". Während des Essens redeten wir über dies und jenes und saßen doch mehrere Stunden zusammen. „Geh mal schlafen, Prinzessin! Euer Flieger geht morgen um Zehn und um acht steht Julian hier auf der Matte. Also hopp!" „Gute Nacht! Und, ach ja, Papa?", ich stoppte kurz, „hm?" „Ich hab dich lieb!" „Ich hab dich auch lieb!". Damit war unser Gespräch beendet und eine viertel Stunde später, war ich im Land der Träume versunken.

„Carly, aufstehen! Heute geht's nach LA!", durchdrang die Stimme meines Vaters den Raum. „Lass mich! Es ist zu früh! Ich will schlafen!", grummelte ich, doch mein Vater blieb standhaft. Für kurze Zeit dachte ich, er hätte aufgegeben, als dann aber eine Flasche Wasser über mir entleer wurde, sprang ich auf und schrie wie am Spieß. Ich nahm mir meine Flasche vom Nachttisch und ergoss sie über dem T-Shirt des Pariser Trainers.Letztendlich endete es in einer Wasserschlacht und einem plitsch-nassen Wohnzimmer. Lachend ließen wir uns auf die Couch fallen und hielten uns die Bäuche. So locker war mein Vater lange nicht mehr. „Julian tut mir gut und Paris dir! So locker warst du schon lange nicht mehr!", bemerkte ich nach unserem Lachanfall. „JA, da hast du recht! Wie immer eigentlich... Aber jetzt zieh deine tropfenden Sachen aus, sonst wirst du noch krank!" Ich drückte meinem Vater einen dicken Kuss auf die Wange und machte mich fertig. Um Punkt acht klingelte es dann an der Tür. Mein Vater half mir beim Runtertragen meines Koffers und lud ihn gleich noch in den Wagen ein. Julian hatte mich gerade mal mit einem unsanften Kuss begrüßt, sonst aber auch nichts weiter gesagt. Was war denn los mit ihm?! Leicht angesäuert ließ ich mich auf die Rückbank fallen und guckte starr nach draußen. Julian setzte sich kommentarlos hinters Steuer und fuhr los. Die gesamte Fahrt über, reden wir kein Wort. Na, das waren ja beste Voraussetzungen für einen gemeinsamen, vierwöchigen Urlaub. Da war Streit vorprogrammiert. Auch der Weg zum Schalter verlief ohne Worte und so langsam ging es mir echt auf die Nerven. Wir flogen Buisness Class- Promi halt. Zwölf Stunden würde ich das nicht aushalten, auf gar keinen Fall! Julian hingegen stöpselte sich seine Kopfhörer in die Ohrmuscheln und guckte starr aus dem Fenster.Ruppig zog ich ihm den rechten Hörer raus und stellte ihn zur Rede. „Was ist denn los? Hab ich was getan oder ist was passiert? Du bist doch sonst nicht so!" „Ist nichts... Alles gut!" „Julian, verarschen kannst du vielleicht dein Gewissen, aber nicht mich! Seit wir wieder in Paris sind, bist du abweisend und gefühlslos..." „Tut mir leid..." Er schaute verlegt nach unten. „Was tut dir leid?"„Dass ich so gemein zu dir bin... Ich weiß auch nicht, irgendwie ist es hier noch schlimmer, als es das in Russland war. Ich habe glaub ich gestern erst richtig realisiert, dass es vorbei ist, bei dieser WM. Aber im Haus haben wir einen Boxsack, da lass ich dann meinen Frust aus, und nicht an dir, versprochen!" Ich lächelte ihn an; er erwiderte es und nahm meine Hand. „Lust auf einen Film?",fragte ich und zeigte auf den kleinen Bildschirm vor uns. „Aber keinen Liebesquatsch!". Ich schüttelte lachend den Kopf. Wir entschieden uns schließlich für einen Thriller, den wir beide noch nicht gesehen hatten.

In guten, wie in schlechten Zeiten (Julian Draxler FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt