Arrhythmie [Rap-FF]

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Ungeschickt ließ ich die Zutaten meines Abendessens auf das Band der Kasse fallen und konnte noch gerade so verhindern, dass mein vibrierendes Handy auf dem Boden aufkam. Die Schlange hinter mir wurde immer größer, manche beschwerten sich schon murmelnd, doch die unbekannte Nummer, die dort auf meinem Display aufleuchtete, machte mich zu neugierig. Ich zögerte kurz, bevor ich den Anruf annahm und gleichzeitig versuchte, das Geld aus meinem Geldbeutel zu holen. Schnell holte ich noch eine Plastiktüte unter der Kasse hervor und versuchte der Verkäuferin ein freundliches Lächeln zu schenken. Ich konnte schwören, dass es mir nicht gelang, bei den ersten Worten der Stimme, die am anderen Ende der Leitung erklang. Ich kannte sie zu gut.

"Hey, Lu. Ich weiß, es ist schon recht spät, aber hättest du gerade Zeit? Ich müsste mit dir reden." Schnell steckte ich der Kassiererin das Geld zu. Es war viel zu viel, doch das Rückgeld interessierte mich nicht. Unordentlich stopfte ich die Lebensmittel in die Einkaufstüte und stürmte schnell aus dem Laden.

Wie lange ich seine Stimme nicht mehr gehört hatte. Es war jetzt bestimmt schon über ein Jahr her, als ich mich von EGJ getrennt hatte. Ich wollte zu diesem Zeitpunkt einfach nur selbstständig sein und hatte den Absprung auch geschafft. Dass mir die Arbeit mit den Rappern gefiel, hatte ich nicht hinterfragt. Ich wollte einfach mein eigener Boss sein und nicht irgendjemandem hinterherrennen müssen. Es war für Anis sicherlich überraschend gekommen, als ich meine Kündigung eingereicht hatte, doch er akzeptierte es und ließ mich gehen. Dafür stand ich in seiner Schuld.

"Ähm, ja... Ja klar. Ich bin gerade nicht Daheim, aber..." Irgendwie brachte ich die Tüte in meinen kleinen Fiat und schnaufte hörbar aus, als mich Anis unterbrach.

"Ja kein Problem. Ich bin auch gerade unterwegs. Treffen wir uns in einer Stunde bei Dyonisos?" Bevor ich eine Antwort geben konnte, hatte der Rapper aufgelegt. Wir würden uns bei unserem Stammgriechen treffen. Eigentlich hatte ihn uns Michael gezeigt, doch seitdem er und Bushido getrennte Wege gingen, blieb nur noch das Restaurant.

Wir hatten leider 2018 und nicht mehr 2015. Vor drei Jahren schien die Welt noch friedlicher, zumindest beim EGJ-Label. Ich hatte natürlich die aktuellen Nachrichten um Shindy verfolgt, doch unter der alten Nummer, die ich immer noch eingespeichert hatte, ging niemand mehr ran. Als wäre er ein Phantom, das nie existiert hatte. Wie gerne hätte ich mich von ihm verabschiedet. Es ging alles zu schnell, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion. Jetzt war er weg und alle konnten nichts tun, außer spekulieren. Mit Rap an sich hatte ich sonst weiter nichts zu tun. Ich hörte kaum noch Rap, generell Musik, bis auf die, die in Endlosschleife im Radio lief. Auch das Geschehen drumherum interessierte mich nicht mehr. Mein Leben ließ es nicht zu, eher gesagt. Die Arbeit ließ es nicht zu.

Zuhause angekommen, verstaute ich mein eigentliches Abendessen und begab mich unter die Dusche. Bei den hitzigen Temperaturen, die zur Zeit in der berliner Innenstadt herrschten, war es kaum auszuhalten, ohne nicht mindestens zweimal am Tag geduscht zu haben. Danach zog ich mir eine leichte Adidas-Jogginghose und ein dünnes T-Shirt an. Ich entsprach normalerweise nicht dem Typ für solche Looks, doch wenn ich mich mit Michael, Ali oder Anis getroffen hatte, war es normal geworden und ich genoss es, in diese andere Welt einzutauchen.

Mit jedem Gedanken, den ich an die Rapper verschwand, wurde ich aufgeregter und vergaß völlig, Antonia Bescheid zu sagen. Nicht einmal an eine SMS dachte ich, als ich mich wieder aus unserer Wohnung auf die Straße begab. Ich war schon froh, daran gedacht zu haben, dass sie bis spät abends in der Uni saß. Folglich drehte ich wieder den Autoschlüssel im Zündschloss um und fuhr zu meinem Treffen mit Anis. Wie es wohl sein würde ihm nach dieser Zeit wieder vor die Augen zu treten. Ich hoffte einfach, dass wir wieder da anfangen würden, wo wir es beendet hatten. Friedlich, unvoreingenommen und freundschaftlich.