19.Kapitel

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Er kneift die Augen zusammen und gibt einen leisen Schmerzenslaut von sich. „Ah...kannst du kurz aufhören?", keucht er und ich halte mitten in der Bewegung inne. Das kostet mich eine ganze Menge Willenskraft, denn das Gefühl, ihn einnehmen zu können ist so berauschend, dass ich ungern unterbrechen will.

Es fühlt sich einfach zu gut an. Aber natürlich will ich ihm auf keinen Fall weh tun und deswegen halte ich mich zurück. Aus Erfahrung weiß ich, dass es nur so lange unangenehm ist, bis man sich bewegt - aber soweit müssen wir erst mal kommen.

Auf die Hände gestützt liege ich da und sehe Louis neugierig an. Es ist, als stünde man vor einem reich gedeckten Tisch, kann die leckeren Speisen riechen und darf sich nicht bedienen. So komme ich mir gerade vor. „Kannst du es ganz vorsichtig versuchen?", fragt er nach einer Weile und lächelt unsicher. Er hat Respekt vor der Sache, das sehe ich ihm an und um ihn abzulenken, drücke ich ihm einen Kuss nach dem anderen auf die Lippen, den Hals, hinters Ohr und auf die Stirn. Bei der Berührung schließt er die Augen und ich kann deutlich fühlen, dass er sich entspannt.

Jetzt kann ich mich bewegen und das tue ich, wenn auch langsam. Unglaubliche Hitze durchströmt mich und ich schließe die Augen. Das fühlt sich einfach toll an und Louis so nah bei mir zu spüren, lässt mein Herz höher schlagen. „Ich liebe dich, weißt du das?", hauche ich und er nickt strahlend. Wie gerne würde ich mich schneller bewegen, aber ich ahne, dass das Louis zu schnell geht und halte mich deswegen zurück, aber es ist nicht leicht. Ganz und gar nicht. Aufmerksam beobachte ich sein Gesicht und versuche herauslesen zu können, ob es ihm gefällt oder ob ich was anders machen soll. Irgendwie habe ich die Befürchtung, dass er nicht den Mut dazu haben könnte, mir zu sagen, wenn ihm etwas unangenehm ist. Sein Atem geht langsam und eine kleine Falte hat sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet. Mich beschleicht der Verdacht, dass er sich hier ganz und gar nicht fallen lassen kann.

„Es tut dir weh, oder?", frage ich und ziehe mich zurück, bevor er mir eine Antwort darauf geben kann. Dass er erleichtert aussieht, spricht Bände und versetzt mir einen Stich.

Will er nicht mit mir schlafen? Bringe ich es einfach nicht? Oder habe ich ihn zu weit gedrängt?

Louis dreht sich auf die Seite und macht sich ganz klein und ich sitze daneben und weiß nicht genau, was ich jetzt machen soll. Noch nie musste ich den Sex abbrechen, das ist also auch für mich eine vollkommen neue Erfahrung. „Entschuldigung, Harry", sagt Louis leise und klingt, als müsste er viel Mühe aufbringen, um die Tränen zurückzuhalten. Sein Gesicht kann ich nicht sehen, er hat sich weggedreht, aber die Körperhaltung verrät, dass er sich nicht wohl fühlt. Schnell ziehe ich die Decke unter mir hervor und lege sie über ihn. „Ich bin gleich zurück." Schnell ziehe ich mir ein Shirt über und husche die Wendeltreppe hinunter.

Im Badezimmer entsorge ich das Kondom, bleibe einen Moment vor dem Spiegel stehen und mustere mich. So ungern ich es auch zugebe, aber es fuchst mich, dass wir es nicht durchziehen konnten. Natürlich will ich auf Louis Rücksicht nehmen und alles, schließlich ist er mir wichtig. Aber Sex abbrechen zu müssen, weil man merkt, dass es dem anderen nicht gefällt, das beschäftigt einen dann doch, oder? Ich meine, jeder will doch, dass der Partner sich wohl fühlt bei dem was man tut. Und das was da gerade passiert ist, ist ja quasi genau das Gegenteil. Sowas nagt am Ego. Ob man nun will, oder nicht. Seufzend lasse ich den Kopf sinken und stütze mich am Waschbeckenrand ab, dann raffe ich mich auf und gehe zurück in Louis Zimmer.

Bereits auf der Wendeltreppe höre ich ein Schniefen. Er weint?

Schnell bringe ich die letzten Stufen hinter mich und gehe vor dem Bett in die Hocke. Louis hat sich in die Decke eingewickelt, obwohl es im Zimmer warm ist und hebt den Blick, als er mich wahrnimmt. Als er mich sieht, steigen ihm Tränen in die Augen und er sieht schnell weg.

Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt