Das Mädchen, das an mir vorbei läuft trägt ein rotes T-shirt, knappe Jeans und Trunschuhe, mit zu breiter Sohle. Neben ihr, sie umrandend, gehen zwei ältere Damen. Die eine sportlich, in grauen Locken, aufgeregt plappernd, die andere trägt ihre weichen Speckrollen unter der luftigen Bluse mit Blümchenprint, immer einen halben Schritt hinter den anderen her. Der letzteren blondgefärbtes, in Position frisiertes Haar bewegt sich kein Stück in den ab und zu durchs Bätterdach rieselnden Windböhen, die diesen vierten Tag elender Hitze einigermaßen erträglich machen.
Ich hänge den dreien für einige Momente mit meinem Blick nach. Hinter mir schleppen die Jungs Sekt und Bier Kisten die pompösen Eingangsstufen nach oben.
Es wird eine lange Nacht werden.
Die Tische sind mit pastellfarbenen Tüchern bespannt. Rosa und weiße Luftballons dekorieren den Garten, der inzwischen bestückt ist mit langen Stuhlreihen. Später wird die Braut an ihnen vorbei schweben; ganz in Weiß.
Eine seltsam angestrengte Ruhe spannt sich über die Szenerie. Es ist beinahe still. Nur die nötigsten Worte werden gewechselt. Knappe Anweisungen. Das Team ist eingespielt, die Aufgaben verteilt. Der Lärm wird erst später durch die Massen wabern. Wenn die teuren Wagen auf dem Parkplatz vorgerollt sind und die aufgeregt schnatternden Gäste auf Bleistift-dünnen Absätzen, oder in blankgeputzten Lacktretern sich aus ihnen protzigen Autos, wie ein Wespenschwarm auf das Gelände ergießen werden. Dann wird hier Hochbetrieb herrschen.
Kellner werden sich mit schnellen, fast militärischen Schritten durch die vollbesetzten Tische kämpfen, ein gestresstes Lächeln auf den Lippen und die Schweißperlen im Nacken unter den Hemdkrägen verbergend.
Ich drücke meine Zigarette an der niedrigen Steinmauer aus, auf der ich sitze und lasse sie achtlos auf den sandigen Parkweg fallen. Eine Ameise, auf deren, für mich, unsichtbaren Pfad sie gefallen ist, wechselt abrupt die Richtung, bleibt stehen, und krabbelt schließlich doch geschäftig an meiner Kippe vorbei.
Ich strecke meinen langen Körper und erhebe mich.
Es ist meine dritte Saison im Marienhaus. Das alles ist inzwischen Routine für mich.[...]