"Jongin, es fängt an!" Seufzend ließ ich meinen Stift sinken. Seit über 20 Minuten hatte ich jetzt vor meinen Hausaufgaben gesessen und es war nichts dabei herausgekommen. Ich hatte einfach viel zu viel im Kopf als dass ich mich auf Ableitungen und Faktoren konzentrieren könnte. Ich hoffte mein Mathelehrer würde es verstehen in Anbetracht der Tatsache welcher Tag heute war. "Jongin, kommst du jetzt oder nicht?" Ich klappte mein Heft zu und stand auf. Eigentlich wollte ich gar nicht. Eigentlich wollte ich mich unter meiner Bettdecke verkriechen bis alles vorbei war. Aber ich wusste ich musste es sehen.
Als ich ins Wohnzimmer kam saß bereits meine ganze Familie auf dem Sofa, die Augen starr auf den großen Flachbildschirm vor ihnen gerichtet. Ich ließ mich neben meine Schwester plumpsen und zog meine Beine an mich heran. Auf dem Fernseher lief bereits das Intro der Show die wahrscheinlich ganz Korea mit angehaltenem Atem in diesem Moment verfolgte. In bunten Buchstaben, die so garnicht zu dem Thema passten, erschien der Name der Sendung "The Yearly Tributes" breit auf dem Bildschirm und ich merkte wie ich nervös wurde. Auch Jungah neben mir spannte sich an und ich bemerkte wie sie unsicher zu mir rüber sah. Ich sah sie nicht an sondern legte meinen Kopf auf meine Knie, mein Blick immer noch starr auf den Fernseher.
Die Kamera schwenkte in ein Studio und richtete sich schließlich auf zwei Moderatoren. Ich hatte das Gefühl sie irgendwo schon mal gesehen zu haben, vielleicht in den Nachrichten oder einer Talkshow aber ich war mir nicht sicher. "Hallo meine Damen und Herren, ich wünsche ihnen einen schönen guten Abend." begrüßte die Frau das Publikum und lächelte," Wir begrüßen Sie heute, dem 15. März 2038, zu den alljährlichen Tributen. Ich weiß viele von Ihnen sind schon sehr gespannt aber zuerst müssen wir für diejenigen die heute zum ersten mal dabei sind erklären worum es in dieser Show geht." Ihr fakes Lächeln blieb unverändert als sie sich an den Mann neben ihr wandte. "Jedong, würdest du uns ein bisschen etwas darüber erzählen?"
Der Mann nickte als würde er nichts lieber tun als das und wandte sich wieder zur Kamera. "Liebe Zuschauer, ich werde Ihnen nun den Hintergrund dieser Show erläutern. Sicher wissen viele von Ihnen bereits einiges aber man lernt nie aus nicht wahr?" Ein gefaktes Lachen seiner Kollegin. "Um alles verstehen zu können müssen wir einige Jahre zurück", fuhr der Mann fort und es wurde plötzlich düstere Musik eingespielt,"2020 erklärte uns Nordkorea den Krieg. Natürlich versuchte unsere Regierung alles um den Konflikt friedlich zu lösen aber im Norden war man nicht bereit uns zu zuhören. Und so kam es im Herbst 2021 zum Unglück. Die erste Bombe traf Busan. Nur eine Woche später wurde Goyang Ziel einer weiteren Bombe." Im Hintergrund wurden Bilder zerstörter Häuser und Straßen gezeigt. Bilder des Grauens voller Tod und Chaos.
Ich erinnerte mich nur noch schemenhaft an die Zeit des Kriegs, damals war ich erst 9 Jahre alt gewesen. Aber ich konnte mich noch an die Panik erinnern die das ganze Land erfüllt hatte, die Angst in den Gesichtern meiner Eltern.
"Es folgten Monate und Jahre des Krieges.",übernahm nun die Frau und ihr Lächeln war wie weggewischt," Am 15. März 2029 schließlich, nachdem nicht weniger als knapp 7 Millionen Menschen den Bomben und Panzer der Nordkoreaner zum Opfer fielen, wurde ein Packt mit dem Feind geschlossen. Um den Krieg enden zu lassen verpflichteten wir uns, jedes Jahr neun junge Männer, einen für jedes Kriegsjahr, im Alter zwischen 17 und 22 Jahren an Nordkorea zu übergeben als Zeichen unserer Bereitschaft Frieden zu schließen. Unsere Regierung hat es geschafft den Krieg zu beenden für einen geringen Preis. Wir können stolz darauf sein!" Die beiden Moderatoren klatschten und lächelten wieder aber man konnte ihnen ansehen das sie innerlich einer ganz anderen Meinung waren.
"Das ist absolut widerwärtig wie die Regierung nach all den Jahren immernoch versucht die Tribute als positiv darzustellen.", zischte meine Mutter abschätzig und mein Vater strich ihr beruhigend über den Rücken," Denken die wirklich wir wären ihnen dankbar dafür dass sie uns unsere Kinder wegnehmen?" Ich sagte nichts sondern schlang nur meine Arme fest um mich. Ohne es zu merken hatte ich leicht angefangen zu zittern...vor einigen Wochen war ich siebzehn geworden. Jungah lehnte sich leicht zu mir. "Mach dir keine Sorgen, es gibt tausende wenn nicht Millionen Typen hier in Korea. Die Wahrscheinlichkeit dass du drankommst ist gleich null.", sagte sie beruhigend und ich schluckte nur. Auch wenn sie recht hatte konnte ich meine Angst nicht abschütteln.
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The Children Of Tomorrow -- Kaisoo
FanfictionWir schreiben das Jahr 2038. Neun Jungen werden ausgelost um als Tribute den Frieden zu erhalten. Und Jongin ist einer von ihnen. Doch was ist wenn er sich weigert sein Schicksal in kauf zu nehmen? Was ist wenn sich die neun Auserwählten zusammensch...