Prometheus

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Das Licht

Selbst wenn Nyx ihre Schwingen über die Welt ausbreitet
leuchtet an manchen Stellen immer noch mein Reich.
Unzählige Sterne blitzen wie Diamanten
Und auch Selene strahlt ganz in weiß.
Vom Himmel kommt das Licht und fließt zur Erde
Um Tier und Mensch den Weg zu weisen in dunkelster Nacht.

Doch was sehe ich da, ist das gar
Ein rötlicher Stern, der
Gestern noch stolz und unerreichbar
Seinen Platz am Firmament ausfüllte?
Ich sehe nach, wer hat mich verlassen,
Sirius, Mira, Castor oder Pollux?
Nein, noch jeder fest an seinem Ort,
thronen in ihren gewaltigen Höhen.
Doch was für ein Licht ist das nun dort,
Blitzt einsam auf der Erde?

Ich sehe, erkenne jetzt, was es ist:
Eine Flamme,
Gestohlen vom goldenen Wagen des Helios
Und gelegt in die Hand des Menschen,
Auf dass er sein Licht,
Den Wegweiser in dunkelster Nacht,
Selbst führe.

Die Sonne in der Hand des Menschen
Rückt Selenes Licht in den Schatten,
Macht es unwichtig.

Der Mensch
Hat das Licht.
Das Licht des unerreichbar weit entfernten Himmels.
Das Licht der Götter.
Unser Licht.
Mein Licht.

Das Licht der unsterblichen Götter in der Hand des sterblichen Menschen.
Der sterbliche Mensch bemächtigt zu Taten der Unsterblichen.


Der Adler

Nun, mein Adler, erhebe dich!
Breite deine Schwingen aus
Wie Nyx die ihren über die Welt
Und fliege bis zum Kaukasus,
Wo du finden wirst
Prometheus,
Den Titanensohn,
Schöpfer des sterblichen Menschengeschlechts
Und Verräter am eigenen,
Indem er stahl vom Wagen des Helios
Das Licht der unsterblichen Götter.

Der Feuerbringer kann nicht sterben,
Doch ich kenne Qualen, die schlimmer als der Tod.

Mein Adler, packe den Verräter mit deinen Krallen,
Bohre sie tief in sein Fleisch hinein,
Stoße den Schnabel in seine Brust,
Lasse Blut fließen und Knochen splittern.
Und wenn du gelangst an seine Leber,
Schnappe mit dem Schnabel zu,
Reiß sie ihm heraus
Und verschlinge sie.

Und der Feuerbringer wird schreien.
Und der Feuerbringer wird wimmern.
Und der Feuerbringer wird verfluchen.
Und der Feuerbringer wird bereuen.
Aber es ist zu spät.
Und der Feuerbringer wird verdammt sein.




Prometheus (Parodie)

Bedecke deine Tafel, Lehrer
Mit Kreidenstaub!
Und übe, dem Kind gleich,
Das Strichmännchen malt,
An Mind-Maps dich und Schaubildern!
Musst mir mein Papier doch lassen liegen,
Und meine Texte,
Die du nicht geschrieben,
Und meine Gedanken,
Um deren Fantasie
Du mich beneidest.

Ich kenne nichts Ärmeres
Unter der Sonn' als euch Lehrer!
Ihr nähret kümmerlich
Von Prüfungsplänen
Und Internet-Kopien
Eure Überlegenheit
Und ginget pleite, wären nicht
Lehrpläne und Aufnahmekriterien
Werke bestimmungssüchtiger Toren.

Da ich ein Kind war,
Nicht wusste, wo aus, wo ein,
Kehrt' ich mein verirrtes Auge
Zum Herrn Professor, als wenn der mir liehe
Ein Ohr, zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Außenseiters zu erbarmen.

Wer half mir
Wider der Unreifen Übermut?
Wer rettete von Demütigung mich,
Von Lästerei?
Hast du's nicht alles selbst vollbracht,
Heilig glühend Herz?
Und folgtest, jung und gut
den betrügerischen Ausführungen
Des Schlafenden da vorne am Pult?

Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Gemobbten?
Hast du die Tränen gestillt
Je des Sitzenbleibers?
Hat nicht mich nach oben wachsen lassen
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal
Meine Herren und deine?

Wähntest du etwa,
Ich sollte die Literatur hassen,
Zur Arbeit fliehn,
Weil ich keine Erörterungen, Berichte,
Kommentare, Gedichtanalysen schreiben will?

Hier sitz ich, schreibe Geschichten
Nach meinem Bilde,
Über eine Welt, die mir gleich sei,
Zu leiden, weinen,
Genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich.



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