Kapitel 1️⃣1️⃣

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PoV Takuya

Ich stand vor dem Spiegel. Ich wollte nicht glauben, dass diese Person vor mir wirklich ICH, Takuya Takeishi, sein sollte. Meine Augen hatten sich verändert; die Pupillen sahen aus wie gelbe Sterne vor blauem Hintergrund. Auch meine Haare hatten einen leichten Blauton angenommen. Ich zog meinen Hoodie aus und betrachtete meinen Körper. Meine Haut hatte blaue und gelbe Streifen bekommen. Auch im Gesicht waren diese leicht zu erkennen. Ich würde behaupten, ich wäre auf LSD oder so, wusste aber ganz genau, dass dies nicht der Fall war.
Plötzlich klopfte es an meiner Tür. Hektisch sah ich mich um. Mein Blick fiel auf mein Bett. Ich fackelte nicht lange und verkroch mich unter meiner Bettdecke. Im nächsten Moment ging die Tür auf und meine Mutter betrat das Zimmer. »Takuya?« Ich reagierte nicht und stellte mich schlafend. Zum Glück murmelte meine Mutter darauf nur etwas Unverständliches und verließ dann mein Zimmer, was ich an dem Zufallen der Tür erkannte. Ich schlug meine Augen wieder auf. Leise erhob ich mich und stellte mich ans Fenster. Ich atmete einmal tief durch. Dann öffnete ich das Fenster. Ich kletterte auf die Fensterbank, setzte mich dort hin und sah hinunter. Ungefähr drei Meter ging es in die Tiefe. Unter mir war der Bürgersteig; kein wirklich weicher Landeplatz. Trotzdem riss ich mich zusammen, stieß mich von der Fensterbank ab und landete kurz darauf unsanft auf dem Boden. Leise fluchend rappelte ich mich auf. Ein vorbeigehender Passant sah mich unsicher an. »Guck nicht so blöd!«, fuhr ich ihn an und machte mich möglichst rasch aus dem Staub. Gezielt lief ich auf den Wald zu. Aber diesmal wollte ich nicht zu dem Wald an der Schule, sondern woanders hin, bevor mich noch jemand in ein Einhorn verwandelte.
Also ging ich in die andere Richtung und war nach 15 Minuten am Ziel. Dort war ein relativ kleiner klarer See, über den ich mich beugte. Ich sah mein Spiegelbild an. Was ich da sah, war definitiv kein Mensch mehr. So konnte ich unmöglich meinen normalen Alltag weiterleben.

Erschöpft ließ ich mich an einer Eiche nieder. Ich schloss meine Augen und versuchte, meinen Kopf freizukriegen, nicht an meiner Sorgen zu denken. Also lauschte ich einfach dem Zwitschern der Vögel und dem Rauschen den Windes. Ich war kurz davor einzuschlafen, als sich plötzlich etwas Spitzes in meinen Arm bohrte. Mit einem erschrockenen Quieken schlug ich meine Augen auf. Vor mir stand eine in schwarz gehüllte Person. Schon wieder?! Hatte ich die nicht besiegt?
»Steh auf!«, herrschte die Person mich an. Als ich nicht reagierte, folgte ein weiterer Messerstich in meinen Oberarm. Ich schrie und hielt meinen Arm. Unter Anstrengung schaffte ich es trotzdem irgendwie, aufzustehen. »Wa-was willst du?«, keuchte ich. Ich bekam keine Antwort. Stattdessen legte die Person unerwarteter Weise ihren schwarzen Umhang ab. Ein mindestens 2 Meter großer, schlaksiger, aber gut mit Waffen ausgerüsteter Mann kam zum Vorschein. Das Merkwürdigste war aber, dass er teilweise statt aus Haut aus Metall bestand. Ich schluckte und wollte vorsichtig rückwärts gehen, stieß aber gegen die Eiche. »Weich nicht zurück, kämpfe!« Zum Ansporn rammte er einen Dolch haarscharf an meinem Kopf vorbei in den Stamm. Plötzlich war meine ganze Angst vergessen. Ich konnte mich doch nicht von irgendeinem Fremden -wenn er auch sehr angsteinflößend war- so verängstigen lassen!
Meine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Wie du willst.« Ich griff nach dem Dolch und hielt ihn schützend vor meinen Körper. Dem nächsten Angriff meines Gegners wich ich knapp aus und schaffte es, ihm mit dem Dolch einen tiefen Kratzer am Arm zu verpassen. »Mehr hast du nicht drauf?«, fragte er hämisch. Ich stieß nochmal mit dem Dolch zu, hatte aber nicht mehr genug Kraft und wurde daraufhin mit einem Schlag gegen die Schläfe zu Boden befördert. Ich versuchte, wieder aufzustehen, fiel aber zurück. Verzweifelt versuchte ich, bei Bewusstsein zu bleiben, konnte aber nichts dagegen tun, schließlich ohnmächtig zu werden.

»Taku? He, Taku, wach auf!« Ich blinzelte. Ein schwarzer Haarschopf tauchte vor meinen Augen auf. »Wer..?« Da traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. »Du!«, rief ich und wich zurück. »Hast du etwa Angst vor mir, Taku?«, grinste der Junge. »Für dich immer noch Takuya«, murrte ich. »Ich bin übrigens Draco«, erwiderte der Schwarzhaarige, ohne auf meinen Kommentar einzugehen.
»Okay, Draco«, meinte ich schließlich. »Ich habe eine Frage: Wer bist du?« Draco legte den Kopf schief. »Das habe ich dir doch gerade gesagt.« »Stell dich nicht dümmer, als du bist.« »Du wirst noch früh genug alles erfahren. Aber noch ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür.« Er griff hinter sich und holte einen Gürtel mit einer Pistolenhalterung hervor. Ich stöhnte genervt auf. »Nicht schon wieder.« »Sieh dich doch mal an, Taku. So willst du doch bestimmt nicht unter Menschen gehen. Und unbewaffnet durch die Wildnis streifen ist auch nicht wirklich empfehlenswert.« Ich erwiderte nichts darauf und setzte mich auf. Als ich auf meinen linken Arm aufstützen wollte, zischte ich vor Schmerz auf und verlor mein Gleichgewicht. Bevor ich allerdings auf dem Boden aufschlug, hielt Draco mich fest. »Bist wohl auf mich angewiesen, huh?« »Lass mich los. Ich bin auf niemanden angewiesen, kapiert?« Vorsichtig stand ich komplett auf; Draco tat es mir gleich. »Werd' bloß nicht übermütig, so wirst du nicht sehr weit kommen«, warnte Draco. Ich funkelte ihn einen Moment lang böse an, gab mich dann aber geschlagen und griff nach dem Gürtel. »Na gut«, schnaubte ich »aber lass mich jetzt gefälligst in Ruhe!« »Mehr wollte ich doch erstmal gar nicht von dir«, meinte Draco zufrieden. »Wir sehen uns, Taku!« Er wandte sich ab und ließ mich stehen.

Endlich. Ich sah mich erstmal in Ruhe um. Dazu war ich nämlich noch gar nicht richtig gekommen. Da landete mein Blick wieder auf dem Mann, gegen den ich gekämpft hatte. Er lag alle Viere von sich gestreckt auf dem Rücken. Eine Art Brandwunde zierte seine metallene Brust. Vorsichtig näherte ich mich der Leiche; falls man es so nennen konnte, da ich mir nichtmal sicher war, ob ich es hier mit einem Menschen zu tun hatte.
Ich sah mir seine Ausrüstung genauer an. Er hatte einen Dolch und eine leere Dolchhalterung an seinem Gürtel. Um sein linkes Schienbein hatte er ebenfalls einen Dolch geschnallt. Ich sah mich flüchtig um, damit ich sicher sein konnte, dass niemand mich beobachtete. Ich holte einmal tief Luft. Dann nahm ich mir die beiden Dolche und schnallte sie mir um. »Du bist so manipulierbar.« Ich fuhr herum und funkelte wütend Draco an, welcher grinsend hinter einem Baum hervortrat. »Das soll keinesfalls eine Beleidigung sein«, meinte er. »Im Gegenteil, es ist eine Warnung, die du dir echt zu Herzen nehmen solltest: Lass dich in Zukunft nicht mehr so leicht manipulieren.« »Junge, was laberst du eigentlich die ganze Zeit?«, fragte ich verwirrt. »Hm, du hast Recht, ich sollte aufhören, soviel zu reden«, überlegte Draco. » Das hab' ich gar nicht gesagt«, widersprach ich. »Aber gedacht.« Ich schnaubte. »Weißt du was? Du nervst. Ich-« »Fuck, ich hab' die Zeit komplett vergessen!«, rief Draco plötzlich. »Was? He, warte mal! Was geht hier eigentlich vor?« Ich rannte Draco hinterher, da er keine Anstalten machte, stehen zu bleiben.
Ich war völlig aus der Puste, als Draco auf einer Lichtung endlich stehen blieb. »Gut, sie sind noch da.« »Wer ist noch da?« Draco sah in eine Richtung. Ich folgte seinem Blick und entdeckte zwei Mädchen am anderen Ende der Lichtung. Sind die verkleidet? Beide trugen Katzenohren oder sowas und einen Schweif. Außerdem hatte eines der Mädchen ungewöhnlich weiße Haare. Ich drehte mich zu Draco. »Wer sind-« Ich unterbrach mich selber, denn Draco war schon wieder verschwunden. Komischer Typ.
Ich wandte mich wieder in Richtung der Mädchen, welche in der Zwischenzeit näher gekommen waren. »Was seid ihr?«, rutschte es mir heraus. »Also erstens bin ich eine sie und kein es, und zweitens, guck dich doch mal an!«, erwiderte das weißhaarige Mädchen mit in die Hüfte gestemmten Armen patzig. Was 'ne Zicke! ch verkniff es mir so gerade, diesen Kommentar laut auszusprechen. »Okay... Und wie heißt ihr?«, fragte ich diesmal vorsichtiger. »Ich bin Clary, Kommandantin des Werwolfrudels in Chicago«, sagte die Weißhaarige kühl. »Ich heiße Lou«, meinte das andere Mädchen, das bis jetzt noch gar nichts gesagt hatte. »Takuya«, stellte ich mich vor. »Und du bist was..?«, fragte Clary. »Ähm... ein Drache oder sowas. Und du?«, fragte ich an Lou gewandt. Sie öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen, als plötzlich Clary vorschoss und sich einen meiner Dolche schnappte. Was genau sie als nächstes tat, bekam ich nicht mit; es ging alles so schnell, dass ich nur noch merkte, wie ich auf dem Boden lag und Clary mir den Dolch an de Kehle hielt. »Wieso hast du dieses Spielzeug, wenn du nichtmal damit umgehen kannst?«, meinte sie abwegig. »Komm runter, Clary«, mischte Lou sich da ein, wofür ich ihr überaus dankbar war. Dann flüsterte das braunhaarige Mädchen Clary etwas zu. Ich beobachtete die beiden skeptisch. Irgendwann sah Clary mich mit wissender Miene an.
»Du bist das also.« »Wer bin ich?« Clary antwortete mir nicht, nahm aber immerhin endlich das Messer von meiner Kehle. Sie hielt mir sogar ihre Hand hin und zog mich hoch. »Sorry wegen gerade, wollte dich nur testen.« »Kein Problem«, murmelte ich. »Ich habe dich schonmal gesehen«, meldete Lou sich zu Wort. »Du warst mit einem Mädchen und einem Jungen im Wald unterwegs.« »Sora und Koji.« »Was?« »Äh, sorry. So heißen die beiden. Red' weiter.« »Jedenfalls habe ich gesehen, wie du den beiden deine Flügel gezeigt hast.« »Ich hab' das auch gesehen, in einem Traum«, schloss Clary sich an. »Und was soll das jetzt heißen?«, schnaubte ich leicht genervt. »Bin ich vielleicht gar nicht real, sondern nur eine Fantasiefigur?« »Pass auf, was du sagst. Ich kann mit Waffen immer noch besser umgehen als du«, warnte Clary. »Schon gut. Aber mal Realtalk, was zur Hölle geht hier ab?«, fragte ich etwas ruhiger. »Also ich wurde von einem Werwolf infiziert, in dessen Rudel aufgenommen und lebe jetzt dort«, erzählte Clary. »Und ihr so?« »Ich wurde von einer schwarz gekleideten Person, die ich Kuro -japanisch für schwarz- getauft habe, mit einer blauen Substanz abgeschossen und mutiere seit dem«, erklärte ich in Kurzfassung. Dann wandte ich mich an Lou. »Und was ist mit dir?«

Lost In RealityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt