„Bünde. Im Juli dieses Jahres verschwanden die beiden Brüder Andreas und Christian Reinelt spurlos von einem gemeinsamen Joggingausflug. Bekannt wurden die beiden als die ‚Ehrlich Brothers'. Mit ihrer einzigartigen und spektakulären Magieshow reisten sie durch das ganze Land und verzauberten Millionen von Menschen. Ihr Verschwinden ging wochenlang durch alle Medien und auch die Polizei setzte für ihre Ermittlungen auf Öffentlichkeitsarbeit. Doch leider ohne Erfolg. Laut einer Pressekonferenz der Polizei Herford vom 18.07. lässt sich ein Gewaltverbrechen nicht ausschließen. Hierzu passen auch die Aussagen von Familie und Freunden, in denen sie den 40-jährigen Familienvater und seinen vier Jahre jüngeren Bruder als lebensfrohe und motivierte Menschen beschreiben, die ihren Job lieben und ihren Traum leben." Das Bild wechselte und statt der Sprecherin und uns war nun ein typischer Konferenzraum zu sehen, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt. Am unteren Bildschirmrand stand: Pressekonferenz der Herforder Polizei vom 06.12. Man sah ein paar vollbesetzte Stuhlreihen und eine niedrige Bühne davor. Auf dieser stand ein langer Tisch, an dem mehrere Menschen, teilweise in Polizeiuniform, saßen. Am rechten Ende stand ein Rednerpult mit mehreren Mikrofonen und einer Tafel dahinter mit einem Bild von Chris und mir und einer Telefonnummer. Den Rest konnte ich nicht lesen, da sie von einer Gestalt bedeckt wurde, die nun hinter das Pult trat. Als ich die Person erkannte traute ich meinen Augen nicht. Das war unmöglich. Sie... Sie konnte nicht dort sein. Sie war... war doch tot. Und doch stand sie nun dort, strich sich eine Strähne ihrer blonden Haare hinters Ohr und blickte auf, direkt in die Kamera. Ihre verweinten, grünen Augen fielen einem sofort ins Auge und fraßen Löcher in mein Herz. Und erst als sie zu sprechen begann, begann ich langsam zu realisieren was ich dort sah. „Andreas ist ein wunderbarer Mensch, der immer für diejenigen da ist, die ihn brauchen. Er ist ein herzensguter Mensch, ein treuer Freund, ein liebender Familienvater. Seine Kinder sind für ihn das Wichtigste auf der Welt. Jedes Mal, wenn er von der Tour oder nach einem langen Tag aus der Werkstatt kommt nimmt er sie lange in den Arm und jedes Mal sehe ich dabei die Liebe in seinen Augen. Niemals hätte er uns einfach so verlassen. Und auch wenn seine Arbeit manchmal so viel Zeit in Anspruch nahm, dass er kaum noch Zeit zum Atmen hatte sah er nie einen Grund sie aufzugeben. Denn das ist sein Traum, den er mit Chris zusammen lebt. Oft erzählt er mir von den begeisterten Blicken der Zuschauer und wie ihn diese immer wieder neu anspornen. Er hat keinen Grund das alles aufzugeben und einfach wegzulaufen ohne irgendeine Nachricht zu hinterlassen oder etwas mitzunehmen." Sie schniefte, biss sich in ihren rechten Zeigefinger und senkte mit zusammengekniffenen Augen den Kopf. Man sah ihr an wie sehr sie litt. Da kam von der Seite ein kleines Mädchen angelaufen und rannte auf die Frau, meine Frau, zu. Mein Herz setzte aus, als Petra Lilly hochhob und sie fest an sich presste. Lilly flüsterte ihrer Mama etwas ins Ohr. Kurz darauf lockerte diese den Griff und mein kleines Mädchen drehte sich in Petras Armen zu den Mikrofonen um. Ihre helle Stimme, von der ich dachte ich würde sie nie wieder hören, drang in mein Ohr und ich wünschte ich könnte die Traurigkeit in ihr verschwinden lassen. „Papa? Kommst du bald wieder zurück? Wir vermissen dich mega doll. Bitte. Ich will meinen Papa wiederhaben. Ich hab ihn doch mega lieb." Sie beginnt zu weinen und drückt ihr Gesicht in die Halsbeuge ihrer Mutter. Ich weiß nicht was ich fühlen soll als die beiden die Bühne verlassen und zu einer Gruppe von Menschen geht, die neben der kleinen Treppe warten. Und dort erkannte ich alle Gesichter wieder. Alle Gesichter, von denen ich angenommen hatte sie nie wieder sehen zu können. Von denen ich dachte, dass sie alle tot wären. Mama, Sylvia, Simon, meine Jungs. Sie alle standen da und nahmen Petra und Lilly in den Arm. Sie waren alle dort. Ich blickte erneut auf den unteren Bildschirmrand wo immer noch das heutige Datum angezeigt wurde. Sie waren dort. Heute. Ein freudiger Gedanke, der mein Inneres aufleben ließ durchströmte mich: sie lebten.
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Ihr. Entkommt. Nicht!
Fiksi PenggemarEntführung, Gefangenschaft, Folter. Jeder hat bei diesen Worten Bilder aus Filmen oder Büchern im Kopf. Aber wer rechnet schon damit soetwas selbst zu erleben? Wohl keiner. Genauso wenig wie die beiden Magierbrüder Chris und Andreas. Doch plötzlich...