Monatelang

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Seufzend schlang ich meine Arme um meinen Oberkörper und schaute auf den schlafenden Körper vor mir. Die Leere, die ich verspürte, war furchtbar. Ich kam auf den Gedanken nicht klar, dass mein bester Freund und meine Liebe, hier vor mir, auf dem Krankenhaus Bett lag und sich seit Monaten nicht regte.

Die Maschinen piepten in regelmäßigen Abständen zu dem Puls und ließen etwas Ton in den sonst so stillen und sterilen Raum. Ich wusste nicht, wie viele Stunden ich heute wieder hier saß und ihn ansah. Meine Augen waren müde, gezerrt waren meine Nerven von den letzten Wochen. Täglich war ich hier, um ihn zu sehen. Eigentlich wollte ich die Hoffnung auch nie aufgeben, dass er aufwachen würde, doch diese Hoffnung schwand Tag für Tag immer mehr.

"Die Besuchzeit ist vorbei", erklang nun die ruhige Stimme einer Krankenschwester. Sie stand leicht lächelnd in der Tür und sah zu uns. Ich atmete nochmal schwer ein, strich meinem besten Freund über den Kopf und stand auf. "Bis morgen." Mit einem letzten Blick auf ihn und einem müden lächeln zur Krankenschwester, verließ ich das Zimmer.

Als ich das Krankenhaus verließ und der Regen auf mich runter prasselte, zog ich meine Kapuze über meinen Kopf. Mit den Händen in den Hosentaschen und dem Blick zu Boden, lief ich zur Busstation. Jedes Mal auf's neue fiel es mir schwer, von hier weg zu gehen. Ich wusste schließlich nie, ob er am nächsten Tag noch lebte. Auf meiner Haut breitete sich eine unangenehme Gänsehaut aus. Ich hasste diesen Gedanken, der immer wiederkam und meine Gefühle überrollte. Doch vermutlich würde es irgendwann passieren.

Der Bus kam, ich zeigte meine Monatskarte vor und setzte mich auf einen der Plätze. Mein Blick ging nach draußen. Die Tropfen glitten an der Scheibe entlang und teilten sich immer und immer wieder auf, bis sie so klein waren, das sie es nicht mehr schafften.

Am Bahnhof angekommen, schleppte ich meinen müden Körper zu dem Gleis, wo der Zug hielt, der mich nach Hause brachte.

Als ich dann endlich ankam, und ich meine Wohnung öffnete, schlüpfte ich schnell aus meiner nassen Kleidung und sprang unter die warme Dusche. Lange stand ich da drunter und dachte an nichts. Ich war müde und neben der Spur. Doch ich musste noch meiner Pflicht nachgehen.
Also wickelte ich mich in mein Handtuch ein, ging in mein Schlafzimmer und zog mir etwas bequemes an.

Während mein Rechner hochfuhr, starrte ich auf den Bildschirm. Meine Lust schwand, mich jeden Abend hinzusetzen und auf einen ausgeglichen und fröhlichen Menschen zu machen, der ich momentan nicht war. Doch ich konnte meine Zuschauer nicht im Stich lassen, weswegen ich, trotz den ganzen Strapazen, jeden Tag ein Video online stellte.

Das für heute schaltete ich frei und nahm dann gleich darauf ein neues auf, welches ich auch direkt schnitt. Als ich auf die Uhr schaute, war es auch wieder spät nachts. Müde rieb ich mir die Augen. Lange würde ich das nicht mehr aushalten. Das war zu viel für meinen Körper und auch für meine Seele. Also beschloss ich, schlafen zu gehen und am Morgen weiter zu machen. Dann müsste ich einmal etwas später zum Krankenhaus fahren. Das würde er mir sicher nicht übel nehmen. Ihm war sein Job schließlich auch immer wichtig gewesen. Es war für ihn Priorität an erster Stelle.

(...)

Das Wetter war nicht besser, als am Vortag. Die Wolken hingen in einem dunklen Grau über der Stadt und ließen dicke Tropfen auf die Erde nieder. Auf den Straßen waren kaum Leute zu sehen, nur vereinzelt welche mit Regenschirmen.

Das Krankenhaus prangte in dem Dunkeln des Regens hervor. Ich schüttelte meinen Schirm aus, bevor ich das nach desinfektionsmittel riechenden Gebäude betrat. Ich fuhr mit dem Fahrstuhl nach oben zur Station, wo er lag. Vor seinem Raum, holte ich nochmal Luft. Jedes Mal auf's neue war der Anblick eine Tortur. Die Kabel und Geräte. Er. Dann öffnete ich die Tür und wollte gerade zur Begrüßung ansetzen. Doch das Bett, wo er sonst so friedlich schlief, war leer.

Amnesie / Kürbistumor FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt