1. New School

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"Viel Spaß, Schatz! Du wirst bestimmt einen tollen Tag haben.", ruft meine Mum mir noch hinterher, als ich Richtung Schultor laufe. Die Schultern nach hinten und die Brust raus. Das Kinn gerade und nochmal durch die Haare fahren. Ich bin bereit für diese Irrenanstalt, hoffe ich.

Der schwarze Rucksack hängt locker über meiner Schulter. Meine Hände vergrabe ich in den Taschen der grauen Stoffhose. Die Schüler, die ebenfalls auf dem Hof sind, beginnen zu tuscheln bei meinem Anblick. Aber wer kann es ihnen verübeln? Immerhin bin ich nicht von schlechten Eltern. Mag ein wenig eingebildet klingen, aber bedauerlicherweise ist es wirklich so.

Das ist jetzt mein fünfter Schulwechsel. Egal, was ich mache: Ständig klebt mir ein Haufen Leute am Hintern. Meistens Mädchen, aber auch Jungen.

Suchend sehe ich mich um und eine kleine Blondine bleibt vor mir stehen: "Bist du neu hier? Soll ich dich zum Sekretariat bringen?" "Ja, bin ich. Das wäre wirklich lieb von dir.", antworte ich lächelnd. Innerlich kann ich aber nur die Augen verdrehen. Als ob ich so einen schlechten Orientierungssinn hätte... Aber gut, sie will ja nur helfen. Den ganzen Weg labert sie mich voll und stellt mir ihre Freundinnen vor. Es endete schließlich damit, dass wir vor gesuchtem Raum ankommen und ich jetzt schon nicht mehr geistig anwesend bin. Schon nach einhundert Metern hatte ich nicht mehr zugehört, was die alle von mir wollten.

"Vielen Danke, dass ihr mir den Weg gezeigt habt. Den Rest schaffe ich alleine.", verabschiede ich mich schnell und flüchte mich in den kleinen Raum vor mir. Die alte Dame betrachtet mich belustigt. Entschuldigend zucke ich mit den Schultern. "Da hast du dir aber schnell einen Fanclub gemacht.", lacht sie und hält mir einen kleinen Stapel Bücher und eine Mappe mit Zetteln entgegen. "Aber wer kann es ihnen verübeln?!", zwinkert sie. Wir lachen leise. Sie ist mir bis jetzt definitiv am sympathischsten. Wir reden noch ein paar Minuten bis es klingelt und mein neuer Klassenlehrer, Mr. Choi, mich abholt, um mich mit in meine Klasse zu nehmen.

"Mein Name ist Lee Sang und ich bin neunzehn Jahre alt. Wegen des Jobs meines Vaters ist meine Familie umgezogen, was für mich mit einem Schulwechsel hier her verbunden war. Ich hoffe, wir werden uns alle gut verstehen.", ich verbeuge mich, wie es sich gehört, und lasse meinen Blick durch die Klasse schweifen.

Die Mädchen sehen mich verträumt an und klimpern mit den Wimpern, während die Jungs versuchen einzuschätzen, ob ich ihnen ihre festen Freundinnen ausspannen werde oder nicht. Hierbei definitiv ein nein! So etwas finde ich persönlich nicht richtig und auch moralisch und ethisch nicht akzeptabel.

Doch zwischen all den schwarzen Köpfen fallen vier heraus. Einer in der ersten Reihe mit blonden Haaren, der mich freundlich anlächelt. Die anderen scheinen großen Respekt vor ihm zu haben. Aber ein Schläger ist er keinesfalls. So, wie er aussieht, könnte er nicht mal einer Fliege etwas zu Leide tun.

In der zweiten Reihe, direkt am Fenster, sitzt ein non-stop redender Kaugummi und hinter diesem sitzt sein nicht anwesender Gesprächspartner. Zumindest nicht geistig anwesend. Seinen Kopf hat er auf den Unterarmen gebettet und sein Atem geht gleichmäßig. Unter der Kapuze kann ich blau-grüne Haare erkennen. Irgendwie finde ich es schon leicht enttäuschend, dass mir hier nicht alle ihre volle Aufmerksamkeit schenken.

Mein Blick wandert in die letzte Reihe, wo ein Junge mit knalligen pinken Haaren sitzt. Oh Gott, wo bin ich denn hier gelandet? Sind die alle in den Farbtopf gefallen?

"Hm du kannst dich neben Jian setzten, Sang.", mit hochgezogener Augenbraue blicke ich erst den Lehrer und dann die Klasse an. Erwartet der jetzt wirklich, dass ich weiß, wer das ist? Und immerhin sind hier ja ein paar freie Plätze mehr. "Die Schlafmütze.", flüstert mir der Blonde zu und dankend nicke ich ihm zu, ehe ich den Platz neben dem Faultier aufsuche und mich darauf fallen lasse. Kurz öffnet er seine Augen, nimmt meine Anwesenheit zur Kenntnis und schläft dann desinteressiert weiter. Empört schnaube ich kurz, wende mich dann aber dem Unterricht zu.

Eigentlich war mein Plan direkt nach der Stunde die Flucht zu ergreifen. Tja, scheiße, dass sofort die Hälfte der Klasse um mich herum steht. Der Kaugummi lacht mich währenddessen nur aus. Und nur so unter uns: Wäre ich an seiner Stelle, würde ich es genauso machen! Ich meine, klar stehe ich gerne im Mittelpunkt, mag es bewundert und beachtet zu werden. Aber diese Belagerung ist schon wieder etwas zu viel des Guten.

"Willkommen in unserer Klasse, Sang. Mein Name ist Taeho und ich bin der Klassen- und Schülersprecher. Also wenn du Probleme hast, kannst du immer zu mir kommen, ja?", immerhin weiß ich schon mal den Namen von einem der vier Farbtöpfe. Jian zählt nicht. Der hat sich ja nicht selbst vorgestellt.

An sich lief der ganze Tag also gleich ab. Ich quälte mich durch den Unterricht, musste mich jede Stunde noch mal vorstellen, und wurde in den Pausen mit gefühlt der ganzen Schule bekannt gemacht. Nur meinen Banknachbarn interessierte das herzlich wenig. Entweder er schlief oder kritzelte irgendwas in sein kleines schwarzes Notizbuch. Als ich in Englisch versucht hatte hinein zu sehen, hat er es auf die andere Seite geschoben, weshalb ich nichts erkennen konnte. Nur ein paar Wörter und Kritzeleien konnte ich ausmachen. Das war aber auch schon alles.

"Hey, Sang! Mein Name ist Jeup! Ich bin der Kapitän der Fußballmannschaft. Manchmal helfe ich aber auch denen beim Basketball und Hockey aus.", und das pinke Etwas steht neben mir. "Freut mich dich kennen zu lernen, Sportskanone.", grinse ich und nachdem mein Klassenkamerad die Menge dazu gebracht hat uns in Ruhe zu lassen, lässt er sich auf den Stuhl neben mich fallen. "Du hast Glück, dass du Jian als Sitznachbarn hast, glaub' mir. Der ist wesentlich entspannter und unkomplizierter als die Tussen in meiner Reihe hinten. Tonnen von Schminke im Gesicht und wollen mir ihren Busen beinahe ins Gesicht schmeißen. Damals mit Ji war es lustiger. Und er hat mich immer abschreiben lassen.", skeptisch wende ich mich nach links und begegne direkt den braunen Augen. "Yah, Jeup! Laber' nicht so einen Müll.", brummt er. Doch wirklich ernst meint er es nicht. Dafür zucken seine Mundwinkel zu sehr. "Stimmt doch aber. Und irgendwer muss dem Neuen doch sagen, dass du gar kein so schlechter Kerl bist. Aber manchmal wirkst du echt wie jemand, der am Liebsten mit Blicken töten wollen würde.", verteidigte dich der Sportfreak. Dafür bekam er jedoch nur einen der eben erst erwähnten Todesblicke. Aber wirklich böse sieht das nicht aus. Ob Jian überhaupt böse sein kann? Irgendwie sieht er dafür schon ein wenig zu nett aus.

"Also haben wir jetzt ein neues Mitglied in unserer Gruppe?", der Kaugummi hüpft aufgeregt auf und ab, während unser leicht überforderter Klassensprecher versucht, ihn irgendwie dazu zu bringen, still zu stehen. Die Betonung liegt hier wirklich auf Versuch! "Ungjae, setzt dich hin. Er hat gar keine andere Möglichkeit. Als ob er uns noch mal los wird.", lacht mein Banknachbar.

Tja, so wurde ich also gleich am ersten Tag Mitglied in der Gruppe der beliebtester Schüler. Zusammengepfercht mit Leidensgenossen. Wirklich, ich hatte schon sehr viel schlimmere und anstrengendere erste Schultage.

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