Seufzend starre ich aus dem Fenster und ziehe die rote Decke enger um mich, während ich die Sterne beobachte. Auch meine Beine wickle ich ein, nachdem ich sie auf das vergrößerte Fensterbrett gezogen habe. Es ist kurz vor um zwei. Heute ist der Tag, an dem ich mich entweder für Jian oder für G entscheiden muss. In wenigen Stunden wollen sie wissen, auf wen meine Wahl gefallen ist. Und trotz dieser Woche bin ich noch genauso unentschlossen, wie davor.
Mein Blick wandert zu G, der neben mir sitzt und irgendetwas schreibt. Ich weiß, dass er unruhig ist. Vielleicht hat er auch etwas Angst vor der Entscheidung.
Ein Bild, das ich wohl nicht oft sehen werde. Normalerweise hat er mehr als genug Selbstbewusstsein und ist eine spontane Person. Er kümmert sich liebevoll um mich und versucht alles so zu machen, dass ich glücklich bin. Zudem ist er Musiker, also auch beliebt. Aber wird er nicht seine Fans verlieren, wenn wir wirkliche ein Paar werden? Das würde seine Karriere zerstören und mittlerweile weiß ich doch, dass er es liebt Songs zu schreiben, aufzunehmen und auch vor Publikum mit ihnen aufzutreten. Es ist für ihn eine Belohnung, wenn die Leute seine Lieder mitsingen oder dabei zusehen, was er auf der Bühne zustande bringt. Er ist dann lockerer und hat einfach Spaß. Bei mir scheint er immer etwas angespannt zu sein. Und natürlich noch die Sorge, dass ich sein Gesicht sehen könnte. Aber was denkt er, wie ich reagiere, wenn er sich mir zeigt? Soll ich ihn hassen? Garantiert nicht! Er ist und bleibt wer er ist. Egal, wie er aussieht.
Aber würde er mir genug trauen, um mich ihn sehen zu lassen? Ohne die Maske oder sonstige Kopfbedeckungen. Und wie lange würde es mich nicht stören? Ich meine ich kann ihn nur selten wirklich küssen und er passt auch immer in der Öffentlichkeit auf, dass keiner ihn erkennt, auch ich nicht. Vermutlich würde mich die Beziehung schnell fertig machen, wenn er sich mir nicht endlich öffnet. Die ersten Zweifel würden schnell kommen. Zu schnell.
Aber andererseits passt er immer auf mich auf und wenn er eifersüchtig ist, sieht das schon niedlich aus. Und die Wärme in meinem Bauch, wenn er bei mir liegt und mir durch die Haare streicht.
Eigentlich genauso, wie bei Jian Es ist, als ob sie sich nur geringfügig unterscheiden. Zumindest manchmal. Sie nennen mich beide 'Honey' oder ähnliches, aber mit der gleichen Art, wie sie es sagen. Beide liegen gerne einfach mal mit mir irgendwo rum und kuscheln.
Der größte Unterschied ist halt nur, dass ich Jian jederzeit küssen kann und ihm in das Gesicht sehen kann, ohne auf eine Maske zu blicken oder meine Augen verbinden zu müssen. Aber auch ihre Reaktionen, wenn sie eifersüchtig sind. Es ist, als ob sie verwandt wären. Nein, vielleicht würde ich sogar soweit gehen und behaupten, dass sie ein und die gleiche Person sein könnten. Und so abwegig ist es ja nicht mal.
Ich nehme das alte Marmeladenglas in die Hände und drehe es, während ich die bunten Zettel darin betrachte. Was auf ihnen drauf steht weiß ich aber nicht. Er hat mir verboten hinein zu gucken, da er dabei sein möchte.
Das ist übrigens einer der Gegenstände, die in der weißen Schachtel von Jian drin waren. Das andere waren Lollis. Da fällt mir auf, dass mein Klassenkamerad und der Rapper den gleichen Geschmack haben. Und auch die gleiche Lieblingssorte. Seltsam. Wieso entdecke ich immer mehr Gemeinsamkeiten?
Verwirrt ziehe ich den letzten Teil von Jis Geschenk hervor. Ein Bild von ihm und mir, als ich schlafend auf ihm liege. Anscheinend haben es die anderen gemacht, als sie da waren. Lächelnd betrachte ich es. Es ist perfekt. Nur wir beide und keiner, der uns stört. Alles ist so friedlich.
Ich sehe zu G, der mich intensiv mustert. Kurz starren wir uns an, ehe er sich räuspert: "Ich möchte dich wirklich nicht drängen. Aber hast du dich bereits entschieden?" "Gerade fühle ich mich wie ein Tier, das in die Enge getrieben wurde." "Sang, beruhige dich. Es bringt keinem etwas, wenn du dich deshalb selbst fertig machst. Hör einfach darauf, was dein Herz sagt. Weder Jian noch ich werden deine Wahl anzweifeln." Ich atme tief ein und aus: "Aber mein Herz sagt mir nichts. Es will zu euch beiden. Ihr- Ihr seid euch einfach zu ähnlich. Dabei seid ihr doch so verschieden. Weißt du, dass es wirklich viele Dinge gibt, in denen ihr euch nicht unterschiedet?" Er sieht schuldbewusst und ertappt zur Seite. Doch er macht keine Anstalten irgendetwas zu tun. Anscheinend hat ihn diese Feststellung etwas aus der Bahn geworfen. "Sang, es tut mir leid, wirklich...", murmelt er schließlich und scheint im Inneren einen Kampf zu führen. Worum es geht weiß ich leider nicht. Ob er sich irgendwie schlecht fühlt?
"G.. wenn ich mich nicht für dich entscheide, würden wir trotzdem Freunde bleiben?", frage ich zögernd. Sein Kopf schnellt zu mir, ehe er nickt und mit zitternder Stimme spricht: "Natürlich. Aber ich sollte es dir sagen.." "Du musst mir nichts sagen.", lächle ich und stehe auf. "Doch, ich muss es loswerden. Ungjae hat mich zwar gebeten, dir nicht die Wahrheit zu erzählen. Aber als du im '2Morrow' warst und ich dich mit nach Hause gebracht habe, da hast du die ganze Zeit an mir gehangen. Zwischen dir und Ungjae ist nie etwas passiert." Überrascht sehe ich ihn an. "Ich musste das einfach loswerden...", seufzt er irgendwie erleichtert, "Du warst so anhänglich wirklich süß. Aber du hattest es auch geschafft mir die Maske abzunehmen." Meine Augen werden größer: "Tut mir leid, G. Aber ich kann mich an nichts erinnern. Danke, dass du es mir gesagt hast." Unsicher lächeln wir uns an. Meine Mum und ich hatten Recht damit, dass Jae gelogen hat. Wollte er die wahre Identität von G schützen?
Ich drifte immer weiter in meine Gedanken ab, welche jedoch nach und nach ein Bild ergeben.
Wieso es jetzt gerade kam weiß ich nicht, aber ich weiß jetzt, wen ich will. Es hat nichts damit zu tun, was passiert ist oder was G gesagt hat.
Vermutlich hätte ich mich so oder so für Jian entschieden.
Den Jungen, der mit mir auch Oberkörper frei joggen geht, der versucht für mich Dinge zu machen, die er gar nicht kann, der mir die Zeit lässt, die ich brauche, der nicht versucht perfekt zu sein, .
"Wohin gehst du?", G versucht meine Hand festzuhalten, doch ich bin schneller.
"Ich habe mich entschieden, G. Ich gehe zu Jian.", in mir breitet sich ein Glücksgefühl aus, welches vorher noch nie da war. Vor mich hin grinsend schlüpfe ich in die Schuhe und reiße die Tür auf. Ich höre es noch poltern, vermutlich hat G sich wieder gefangen. Aber er wird mich nicht mehr einholen. Ich habe mich entschieden, endlich. Und dabei wird es auch bleiben. Egal, was er macht.
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You are my Lollipop
FanfictionSang kommt neu an die Schule und wird unfreiwillig in eine Gruppe integriert. In dieser sind neben ihm Taeho, Jeup, Ungjae und Jian, wobei drei von diesen aussehen, als wären sie in einen Farbtopf gefallen. Sang schließt sie jedoch überraschend sch...