Prolog

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Der Regen peitschte gegen die Scheibe des Schiffes und lief in langen Wasserbächen an ihr hinunter. Der Sturm tobte unaufhörlich über das Meer und es schien als würde die Welt untergehen. Gischt spritzte hoch aufs Schiffsdeck und die Wellen sahen aus wie riesengroße Mäuler, die das kleine Schiff verschlingen wollten.
Sie hatte Mühe das Steuerrad stabil zu halten und sie so vor dem sicheren Tod zu bewahren. Wenn sie es nicht überleben würden, wer sollte sich dann um die Kleine kümmern? Würde sie sich noch an ihre Eltern erinnern? Fragen über Fragen, doch es lag nicht mehr in ihrer Hand. Sie wollte jetzt nicht über all dieses nachdenken, wenn sie starb dann mit Gedanken an ihre Kleine. Unwillkürlich wurde ihr ganz warm ums Herz, als sie an das paustpäckige Lächeln des Babys denken musste. Selbst in einer lebensbedrohlichen Situation wie dieser, konnte ein Kinderlächeln alles erhellen.

„Wir werden es nicht schaffen oder?"
Triefnass kam ein junger Mann herein, er hatte aufpassen müssen nicht über Bord zu gehen. Sie schaute ihn mit ihrem typischen durchdringenden Blick an und wusste sofort was er dachte. Er war für sie der Mann fürs Leben, dass hatte sie schon gewusst als sie sich das erste Mal gesehen hatten. Sie hatten jung geheiratet und mit ihrer kleinen Tochter war das Glück schließlich perfekt gewesen.

Ich denke wir schaffen es nicht."
Sie sprach das Offensichtliche aus und obwohl er verweigernd den Kopf schüttelte wusste er, dass sie Recht hatte und es aussichtslos war. Warum hatte es so kommen müssen? Was hatte das für einen Sinn? Ihre Tochter, sie waren so jung...
Er sah sie an und sie sah ihn an. Sie wusste was kommen würde, denn sie kannte ihn wie niemand sonst. Er nickte ihr zu und er schien keine Angst zu haben, doch in seinen Augen konnte sie die nackte, bittere Angst lesen. Sie atmete tief durch und löste dann langsam ihre Finger vom Steuerrad und somit auch von ihrem Leben.
Sofort  gab das Schiff nach und wurde von der Strömung mitgerissen. Sie tastete nach seiner Hand und war bereit. Ihr letzter Gedanke galt ihrer Tochter, bevor das Schiff kippte und schließlich langsam im Meer versank. Die Wellen verschluckten es und es schien als wäre nie ein Schiff da gewesen. Der Sturm tobte noch weiter bevor er sich langsam beruhigte und schließlich legte. Es schien als wäre er nun befriedigt worden, doch es hatte seinen Preis gehabt.

The heart of the oceanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt