It was about time that you know...

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Louise konnte nicht schnell genug aus ihrem Uber aussteigen, schon stöckelte sie mit ihren Louboutins die wenigen Stufen zu ihrem Townhouse hoch und fummelte mit den Schlüsseln am Zylinderschloss. Ihre Hände zitterten, vor Kälte, aber auch vor der sich sekündlich verschlimmernden Anspannung. Die kurze Fahrt von Eleven Madison Park zu ihrem Heim schossen ihr wieder die wahnsinnigsten Gedanken in den Kopf. War sie denn des Wahnsinns, so eine offensichtliche Einladung auszusprechen? Jeder wildfremde Mann würde sich seinen Teil dabei denken - die Nymphomanin Louise, verdrehte die Situation so, um körperlich zum Zuge zu kommen? Wie verzweifelt mochte das wohl aussehen? Louise schaffte es mühevoll ihre Hauseingangstür zu öffnen und stürmte in ihre vier Wände, ließ ihre Tür mit einem lauten Knall ins Schloss fallen. Zumindest beruhigte es sie, dass dank Beth ihr Zuhause stets aufgeräumt und sauber war. Das genoss sie sehr, dass sie sich die wenigen Tage im Monat und von denen nur wenige Stunden, die sie hier verbrachte, nicht auch noch darum Gedanken machen musste. Noch im Mantel, wühlte sie in ihrer Tasche nach ihrem Smartphone, um per Smart Home die indirekte Beleuchtung im gesamten Haus anzuschalten. Schnell entledigte sie sich ihrer Jacke, die sie an die Garderobe des kleinen Windfangs hängte und betrat den Flur, von dem ihre Wohnküche und das kleine Wohnzimmer ab gingen.

"Living room? Kitchen? Kitchen? Living room?" sprach sie laut zu sich selbst als sie abwechselnd in beide Räume sah. Hektisch überlegte sie, wo sie sich mit Tom, der nun jede Minute an ihrer Tür klingeln würde, niederlassen sollte. Was wirkte am unauffälligsten? Küche! Hier wurde, im normalfall gekocht, es versprühte eine entspannte und zwanglose Atmosphäre. Die Barhocker an der Kochinsel - die Ecke, sie links Tom rechts. Das Ambientlight, welches unter den Küchenschränken verbaut war tauchte den recht großen Raum in angenehmes Licht. Nicht zu hell, nicht zu dunkel. Doch das Wohnzimmer wirkte gemütlicher, konnte aber von Tom vielleicht als zu gewagt gedeutet werden? Louise machte einen Schritt auf den türlosen Eingang zum Wohnzimmer und blieb in dem Rundbogen stehen. Das niedrige Designer-Ecksofa mit ein paar wenigen, farblich abgestimmten Zierkissen, die drei unterschiedlich hohen Coffeetables, die willkürlich drapiert wirkten vor dem übergroßen Flatscreen, den Louise eh viel zu selten nutzte, als dass ihr die Größe wichtig war. Sie ließ ihren Blick nochmals über das kleine, aber geschmackvoll eingerichtete Zimmer schweifen. Die Deckenspots über dem Kaminsims, sowie die Kugellampe in der Ecke ließen den Raum überaus einladend wirken und vermittelten eine gewisse Form von Intimität - die Entscheidung war somit gefallen. So schnell sie nur in den High Heels konnte, flitzte Louise die Treppe ins erste Stockwerk und nahm dabei überaus nicht ladylike zwei Stufen auf einmal. Als sie in ihr Schlafzimmer kam, überlegte sie kurz, ob sie sich vielleicht noch umziehen sollte, ob sie in dem Etuikleid das sie trug, ein wenig zu overdressed für dieses doch nun sehr legere Treffen wirkte. Sie kam jedoch gerade von einem Geschäftsessen, daher entschloss sie sich doch nur einen Blick in den Badezimmerspiegel zu riskieren.

Louise war eine Meisterin im sich beeilen, aber den Marathon in fast jeden Raum ihres Hauses, die tausenden Gedanken, die sie währenddessen hatte, ob Tom wohl dies oder ob Tom wohl jenes über dieses Haus und demnach auch über sie denken würde, lösten eine noch größere Hektik in ihr aus. Schnell puderte sie sich ihr Gesicht einmal mit ihrem großen Puderpinsel ab, legte zwei kleine Spritzer Parfum auf und richtete sich ein paar abstehenden Haarsträhnen an ihrem hohen Pferdeschwanz - ob sie ihre Haare öffnen sollte, fragte sie sich? Aber warum machte sie sich solche Gedanken? Um Nymphomanie, um ihr Aussehen, um das richtige Zimmer? Sie hatte schließlich keinerlei Hintergedanken und keine Ambitionen, dieses Treffen in eine bestimmte Richtung laufen zu lassen - aber es waren viele Richtungen möglich. Louise drehte den Wasserhahn auf, um sich die Hände nochmals vom Puder und Parfum zu waschen, als ihr das ihr sehr gut bekannte weiß-grüne Fläschchen auf dem Waschbecken in die Augen fiel. Ihre Wachmacherpillen Adrafinil - wie oft stand sie hier am Spiegel, mitten in der Nacht völlig übermüdet und nahm eine oder sogar zwei Tabletten ein, um ein Projekt zu beenden, oder im Morgengrauen, hellwach und verfluchte diese kleinen weißen Tabletten, dass sie wiederholt nicht schlafen konnte. Louise nahm den Behälter in die Hand und fuhr mit den Augen die geschwungenen Buchstaben auf dem Etikett nach - ein Zeug was sie gleichzeitig liebte und hasste. Jedoch sagte ihr Körper, welcher an diesem Tag durchzogen war von Adrenalin und einer gewissen Form von Euphorie, dass er heute keine dieser Pillen brauchen würde. Sie öffnete das kleine Schränkchen neben dem Spiegel und schob beinahe schon geistesabwesend die Verpackung mit dem Adrafinil in die hinterste Ecke, bevor sie die Regaltür mit einem angenehmen Gefühl der Erleichterung wieder verschloss. Ein letzter Blick in den Spiegel verriet ihr: Louise, du siehst toll aus, du bist wach, du strahlst - möge kommen was wolle!

If we meet again... [Wattys 2018 Longlist]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt