Erzählung 93

503 26 13
                                    

Als ich wieder aufwachte lag ich in meine Decke eingewickelt an der Wandseite unseres Bettes. Ich drehte mich um und sah zu Chris auf, der neben mir saß und gerade ein Buch auf seinen Schoß sinken ließ. „Hey. Alles klar?" Ich nickte, richtete mich auf und lehnte mich wie er an die Wand. „Was war das gestern? Wolltest du fliehen?", fragte mein Bruder mit einem besorgten Blick. Leicht geschockt sagte ich: „Was? Wie kommst du darauf? Ich würde dich nie hier alleine lassen." „Und was war es dann?" „Ich war einfach so in Gedanken, dass ich nichts mehr wahrgenommen habe um mich herum und da bin ich wohl einfach zu weit gelaufen." „Achso", murmelte er und blickte wieder zu seinem Buch. „War Eva... Also hat sie dir wehgetan?" Kurz schwieg er, dann schüttelte er leicht den Kopf. „Nein. Sie wollte warten bis du wieder wach bist und mit dir reden." „Oh okay." Mein Blick senkte sich auf meine Hände. Mein schlechtes Gewissen meldete sich. Nur weil ich wieder so egoistisch war und nur mit mir beschäftigt war musste mein Bruder wieder leiden. Ich öffnete gerade den Mund um mich zu entschuldigen, als er mir zuvor kam: „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Ich gebe dir keine Schuld. Ich weiß wie du dich gestern gefühlt haben musst. Mir ging es nicht anders." Gerührt schloss ich meinen Mund wieder und zog meinen Kleinen in meine Arme. Ich liebte ihn einfach über alles. Ich hoffte ich könne Eva davon überzeugen das ich nicht mit Absicht so weit gegangen war. „Ich hab dich lieb." „Ich dich auch", erwiderte er und erwiderte den Druck. Als wir uns nach ein par Sekunden lösten klopfte es und die Tür wurde geöffnet. Eva kam herein und setzte sich ans Bettende. „Also Andreas. Was sollte das? Es lief doch so gut in letzter Zeit." Ich blickte sie nicht an, während ich erklärte: „Es war keine Absicht. Mir war einfach schlecht und ich bin drauf losgelaufen ohne auf meine Umgebung zu achten und da muss ich aus Versehen zu weit gegangen zu sein. Es war wirklich keine Absicht und ich wollte bestimmt nicht Abhauen. Bitte." „Aha. Und sonst war nichts?" „Nein. Ich habe einfach nur zu viel gegessen und brauchte frische Luft." Ich blickte auf und schluckte. Man sah ihr deutlich an das sie mir nicht glaubte, doch sie seufzte und meinte: „Na gut. Du weißt was die Aktion eigentlich für Konsequenzen hat." Traurig und schuldbewusst schaute ich wieder auf meine Hände in meinem Schoß. Ich wollte ihr nicht erzählen, was wir gestern gesehen hatten. Sie sollte uns das nicht auch noch kaputt machen. „Aber ich werde mal darüber hinwegsehen, da es in den letzten Wochen ja wirklich super mit uns lief." „Danke", sagte ich freudig und fiel Eva um den Hals. Doch sofort zog ich mich zurück. Was war da gerade in mich geraten? Warum umarmte ich bitte unsere Entführerin? „Ich...ähm...", stammelte ich. „Alles gut. Ich freue mich drüber", sagte Eva lächelnd und stand auf. „Aber denkt nicht, dass ich nun immer so nett sein werde." Wir schüttelten unsere Köpfe und schauten ihr hinterher wie sie zur Tür lief. Kurz bevor sie diese schloss steckte sie ihren Kopf nochmal ins Zimmer. „Achja. Macht euch frisch. Das Abendessen ist bald fertig und ein Freund kommt zu Besuch. Also benehmt euch." Ohne auf eine Antwort zu warten schloss sie die Tür hinter sich und ließ uns zurück. „Ein Freund? Meinst du es ist der Kerl?", fragte Chris und ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Letztes Mal hatte sie uns ja noch vor ihm versteckt. Warum sollte sie ihre Meinung ändern?" Er erwiderte nichts und kurz war es ruhig, bis ich meinte: „Dann lass uns mal im Schrank was suchen was nicht nach Schlabberlook aussieht." Chris stand auf und ich folgte ihm. Erst da fiel mir auf, dass ich keine Hose anhatte. „Was?", fragte ich mit einem Blick auf meine nackten Beine. Chris drehte sich zu mir um und grinste. „Ich hab dich gestern umgezogen, weil deine Sachen komplett nass waren. Nur hatte ich keine Lust mehr dir auch noch eine neue Hose anzuziehen." Ich lachte kurz auf, zog das Shirt aus und schmiss es ihm entgegen. Er fing es auf und schmiss es ins Bad. Zum Glück war unser Zimmer gut beheizt. Ich verzog mich zu meiner Schrankseite und tatsächlich fand ich dort etwas anderes als Jogginghosen und Oberteile. Ich griff nach der dunkelblauen Jeans und dem grau-blauen Langarmshirt und zog diese dann. Dann trat ich hinter der Tür hervor. Chris stand noch vor seinem geöffneten Schrank und zog sich gerade ein weißes Langarmshirt herunter. Auch er trug eine blaue Jeans, allerdings war seine einige Nuancen heller. Im Bad kämmten wir uns noch kurz unsere Haare und gingen dann nach unten, wo uns schon ein köstlicher Duft entgegenströmte.



Ihr. Entkommt. Nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt