„Sicher dass du nicht Mensch ärgere dich nicht spielen möchtest, Schatz? Du liebst dieses Spiel doch" Mum versuchte, mich zum Mitspielen zu überreden doch ich war gerade einfach nicht in der Stimmung dazu. In der Schule und mit meinen Freunden lief gerade alles schief und ich wollte mich nach diesem langen Tag einfach nur ein bisschen entspannen. „Ich sagte doch, dass ich nicht will. Hör auf mich damit zu nerven." sagte ich wohl etwas lauter als gewollt, denn meine Mutter schaute mich mit einem verletzten Blick an. „Du hast kein Recht dazu, deine Mutter so anzuschnauzen, junger Mann." Dad sah mich mahnend an, und ich sah aus dem Augenwinkel, dass Ace ein breites Grinsen auf den Lippen trug. Dieser Junge machte mich fertig. Er war für Mum und Dad immer der bessere von uns beiden gewesen. Während sie ihn immer als braven kleinen Engel sahen, war ich so ziemlich das Gegenteil für sie- ein kleines Arschloch.
Es fing schon an als wir nicht mal 6 Jahre alt waren- er konnte alles, vom Kochen über Schach bis hin zum Kickboxen. Ich versuchte mich an all diesen Sachen, war jedoch in allem eine Niete. Selbst in der Schule war er besser als ich. Während ich nur Dreier und Vierer nach Hause brachte, obwohl ich bis spät in die Nacht über meinen Büchern saß und lernte, kam er nur mit glatten Einsern heim, für die er nicht mal großartig lernen brauchte. Er war jedoch nicht immer der brave kleine Junge, der er immer vorgab zu sein. Mein ganzes Leben lang machte er sich schon über mich lustig, immer wenn er etwas ausgefressen hatte schob er die Schuld auf mich und da er Papas und Mamas kleiner Engel war, glaubten sie ihm natürlich. Irgendwann hab ich mich mit der Tatsache, dass er besser war als ich, abgefunden und alles über mich ergehen lassen. Als wir jedoch in die Pubertät kamen, übertrieb er maßlos mit seinen Aktionen. Er erlaubte sich alles, stellte mich vor all meinen Freunden bloß, verbreitete falsche Gerüchte über mich und manchmal hörte ich sogar, wie er vor Dad schlecht über mich redete, weil er wollte dass er ihm allein das Familienunternehmen überließ. Schon als unsere Eltern erfuhren, dass sie Zwillinge bekommen, haben sie sich vorgenommen, das Unternehmen an uns beide zu übergeben. Jedoch hatte ich schon immer das Gefühl, dass Ace mir irgendwann in den Rücken fallen würde, und als ich dieses Gespräch zwischen Dad und ihm mitbekam wusste ich, dass ich ihm nie vertrauen durfte, obwohl er mein eigener Bruder war. Den Grund für seinen Hass auf mich verstand ich nie, ich konnte es mir nur anhand unseres Aussehens erklären. Im Prinzip sahen wir als Kinder fast gleich aus, in der Pubertät veränderten wir uns jedoch. Meine Haare waren dunkelbraun geblieben, während die von Ace komplett schwarz wurden. Er war ungefähr 1,82 m groß, ich in etwa 1,87 m. Der größte Unterschied zwischen uns Beiden waren jedoch unsere Gesichter. Ich bekam vollere Wimpern und Lippen und markante Gesichtszüge, sein Gesicht blieb ein wenig rundlich, er hatte seine Stupsnase behalten und viele nannten ihn deshalb süß. Seine Augen hatte er von Dad, sie waren einfach nur dunkelbraun, ich hatte meine jedoch von Mum, sie waren eisblau. Anscheinend fanden mich viele Mädchen gutaussehend, was mich jedoch nicht im Geringsten interessierte. Ace war jedoch schon sehr früh an Mädchen interessiert. Aufgrund seiner guten Noten ging er auf eine bessere Schule als ich, in der er auch ziemlich beliebt war nachdem er anfing zu trainieren und seine Gesichtszüge ebenfalls etwas markanter wurden. Meine Oma wusste wohl, dass er von meinen Eltern bevorzugt wurde und sagte mir immer „Obwohl er nicht hässlich ist, kommt er nicht an dein Aussehen heran." und „Lass dir niemals von jemandem einreden dass er besser ist als du." Sie war meine einzige Bezugsperson gewesen, leider verstarb sie vor ein paar Jahren und somit auch mein Selbstwertgefühl.
Jedes Mal, wenn Mum und Dad nicht zuhause waren, schmiss er Partys bei denen ich mich die ganze Zeit in meinem Zimmer verkroch. Ich bin mir ziemlich sicher, dass seine ganzen Freunde nicht einmal wussten, dass er überhaupt einen Bruder hat. Er legte ein Mädchen nach dem anderen flach, was mir nach einer Zeit allerdings so auf die Nerven ging, dass ich so oft wie möglich auf die Straße ging und mich meinem Hobby widmete- der Musik. Das einzige was ich einigermaßen gut konnte und was mich interessierte war Gitarre spielen und dazu Singen, was ich so gut wie jeden Tag übte. Ich merkte mit jedem Tag immer mehr, dass ich das Unternehmen von Mum und Dad nicht mal übernehmen wollte, mein großer Traum war es, auf großen Bühnen viele Menschen mit meiner Musik zu begeistern. Ich trat jeden Tag an der selben Stelle auf, und immer hörte mir diese eine Person zu, die mir nach einiger Zeit wirklich wichtig wurde...
„... Aiden! Verdammt nochmal, was ist denn nur wieder los mit dir?! Warum hörst du nie zu, wenn man mit dir spricht! Nimm dir ein Beispiel an deinem Bruder, ihm muss man nie etwas doppelt sagen, er tut immer das, was man von ihm..." weiter kam Dad nicht. „Wisst ihr was? Ich hab die Schnauze voll davon, dass ihr Ace immer bevorzugt. Tut mir leid wenn ich dich verletzt habe, Mum. Ich hatte einen langen Tag und wollte einfach nur etwas entspannen. Und tut mir leid Dad, dass ich nicht perfekt bin wie Ace und euch immer nur zur Last falle." Bevor jemand etwas erwidern konnte, rannte ich aus dem Wohnzimmer raus, schnappte mir im Vorbeigehen meine Gitarre aus meinem Zimmer und ging an meinen Lieblingsort, um meine schlechte Laune ein wenig abzubauen.
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Please (don't) Save me.
Teen Fiction17 Jahre alt, durchschnittliche Schülerin, nicht gerade beliebt, äußerlich ein unscheinbares Mädchen, innerlich von Depressionen und Schuldgefühlen zerfressen. Dieser Satz beschreibt Kaya wohl am Besten. Ärzte und Psychiater kommen für sie nicht in...