37.Kapitel

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Da oben seht ihr, wie ich mir Cornel vorstelle. Vermutlich haben ihn sich 90% von euch vollkommen anders vorgestellt, oder?

.-.-.-.

Keine Nachricht von Louis.

Seit Tagen habe ich nichts mehr von ihm gehört. Klar, ich habe mich in den letzten Tagen nicht immer gemeldet, zumal ich ja selbst einige Zeit ausgeknockt war und mich nicht mit ihm in Verbindung setzen konnte, aber nachdem ich ihm vor drei Abenden geschrieben habe, habe ich irgendwie erwartet, dass er hocherfreut ist, wieder von mir zu hören.

Doch falsch gedacht, ich höre nichts von Louis.

Nachdenklich packe ich die gebrauchten Unterlagen für Schottland in eine Tasche und einen kleinen Rucksack mit Kleidung, die man mir aus London gebracht hat, denn heute fliegen wir dorthin und immer wieder tippe ich aufs Handydisplay. Vielleicht hat sein Onkel ihm ja auch mehrere Tage an der Uni gestattet und er hat enorm viel zu tun. Das wäre wunderbar und für Louis mit Sicherheit ziemlich aufregend. Lächelnd lege ich das Telefon wieder weg – dann hat er wenigstens eine schöne Ablenkung und ist sicher gerade sehr glücklich.

Als es an meiner Tür klopft, verschwindet das Telefon schnell in meiner Tasche und ich sage laut: „Herein!"

Es ist Emilia, die mit Titus im Türrahmen steht. „Bist du auch auf dem Weg?", frage ich und deute auf den Rollkoffer, der neben ihr steht. Sie nickt und lächelt: „Ja, Titus und ich fahren heute wieder nach London. Mein Urlaub ist vorbei und weil mein Vater ja jetzt auch nicht mehr hier ist, muss ich Titus in die Tagesbetreuung geben. Unser Zug geht in einer Stunde und ich wollte mich noch schnell verabschieden. Außerdem hat er noch ein Geschenk für dich." Sie schiebt ihren Sohn zu mir, der schüchtern ein Blatt Papier umklammert, das er mir schnell gibt. „Wow, das hast du gemalt?", frage ich und betrachte das Bild, das eine Art Supermann mit dunklen Klamotten, langen Beinen und einer blutigen Nase zeigt. „Bin ich das?", frage ich freundlich und er nickt schnell. „Das freut mich sehr. Vielen Dank."

„Dankeschön", sagt das Kind und ich breite die Arme aus: „Jetzt will ich aber gerne eine Umarmung von dir." Natürlich bekomme ich die und nachdem ich ihn wieder losgelassen habe, schließe ich auch seine Mum in die Arme.

Wieder wird mir bewusst, dass es ja auch Louis' Mum ist, die ich da gerade festhalte und obwohl man meinen könnte, dass ich sauer sein müsste, weil sie ihn verlassen hat, bin ich es nicht. Sie ist zu nett und ich kann verstehen, dass sie mit 17 Jahren einfach noch nicht reif für ein Kind war. „Machs gut, Emilia", sage ich leise und verzichte darauf ein „vielleicht sehen wir uns mal wieder", dranzuhängen. Ich bin sicher, dass wir uns nie wieder sehen. Wieso sollte sie noch etwas mit mir zu tun haben wollen, wenn ich ihren Vater erst einmal ans Messer geliefert habe?

Richtig. Nichts. Also ist das wohl ein Abschied für immer.

Das beschäftigt mich noch lange.

Um 10 Uhr treffen alle, die mitfliegen sollen, am Haus ein und wir verladen das gesamte Gepäck in einen großen Van. Wir sind sieben Leute und passen alle problemlos ins Auto. Cornel fährt, was bedeutet, dass ich schon mal nicht neben ihm sitzen muss und es die Fahrt sicherlich wesentlich entspannter macht, denn der Mann ist noch immer sauer auf mich und wenn er mich ansieht, dann nur mit einem bitterbösen Blick. Als wir auf die Autobahn auffahren, um zum Flughafen zu kommen, wendet sich David an mich: „Du hast doch die Zimmer gebucht. Hast du Bilder davon?"

„Klar, Moment." Umständlich öffne ich meinen kleinen Koffer und ziehe einen schmalen Ordner mit den Unterlagen heraus. Ich habe alles ausgedruckt, schließlich weiß man ja nie, ob wirklich alles gut ging bei der Buchung. „Wieso hast du denn eigentlich Acht Zimmer gebucht? Wir sind doch nur zu Siebt?", fragt David, als er die Buchungen sieht und ich schaue irritiert auf die Zahl. Das ist mir gar nicht aufgefallen. Bevor ich fragen kann, meldet sich Cornel vom Steuer zu Wort: „Kaye fährt mit dem Auto, der hat Flugangst und außerdem müssen die Bilder ja auch irgendwie nach Schottland kommen." David nickt verstehend und gibt mir die Unterlagen wieder zurück. „Da hat Kaye aber ne ganz schön lange Strecke vor sich", stelle ich fest, denn zu dem Schloss, auf dem wir wohnen werden, sind es sicherlich mehr als 400 Meilen. Cornel zuckt nur mit den Schultern und sagt nichts mehr dazu. „Wir haben uns mittlerweile daran gewöhnt, dass Kaye nie mitfliegt und außerdem ist es ja ganz praktisch, wenn so Ware transportiert werden kann, die am Flughafen sicherlich aufgefallen wäre", sagt David schulterzuckend.

Thin Ice • Buch II (Two Hearts Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt