5.Kapitel

21 3 0
                                    

Im Restaurant angekommen, machte ich mich direkt auf den Weg in die Küche, begrüßte meinen Chef und zog meine Arbeitsuniform an. Es waren nicht viele Menschen da, was mich sehr wunderte da das Chez Marie eines der berüchtigtsten in der ganzen Stadt war. Es lag wahrscheinlich entweder am schlechten Wetter oder daran, dass heute Dienstag war und viele Leute arbeiteten. Ich machte mich, ohne weiter darüber nachzudenken an die Arbeit und nahm eine Bestellung nach der anderen auf. Der Arbeitstag verlief wie immer, mit der Ausnahme dass ich schon um 7 statt um 8 Uhr gehen durfte, weil gegen Abend immer noch so gut wie nichts los war und mein Chef meinte, dass er mich heute nicht mehr brauchte.

Mein Chef, Francesco Martini, führte das Chez Marie schon seit 15 Jahren und er war mächtig stolz darauf. Er war gebürtiger Italiener und hatte diesen typisch italienischen Akzent, Schnurrbart und Bierbauch. Er war wie Mario, nur etwas... fülliger. Warum er ein Restaurant mit französischer Küche eröffnete, weiß niemand, aber er fand wie vorhin schon erwähnt großen Erfolg damit. Als ich kleiner war, waren wir oft bei ihm essen, weswegen er mich auch kannte und als ich nach einem Job suchte, direkt bei sich aufnahm. Seine Familie kannte mich auch, ich war schon oft bei Ihnen und fühlte mich wie sehr wohl, fast schon wie zuhause. Seine Frau, Bianca, mochte mich schon immer sehr gern und behandelte mich wie ihre eigene Tochter. Von seinen 3 Kindern (2 davon Jungen) fühlte ich mich bei seiner 16-jährigen Tochter Mia am wohlsten, sie war im Prinzip meine einzige Freundin und ich konnte mit ihr über alles reden. Besonders in meiner schwersten Zeit, als ich alles verlor was mir wichtig war, war die Familie Martini mein einziger Lichtblick im Dunkel. Ich weiß nicht, was ich ohne sie tun würde.

Auf dem Nachhauseweg überlegte ich, ob ich einkaufen oder auf den Friedhof gehen sollte. Ich entschied mich für ersteres, da ich mich erinnerte dass mein Kühlschrank im Moment in etwa genau so voll war wie ein Freibad bei Gewitter. Den Friedhofsbesuch verschob ich auf morgen, da ich morgen nur bis 4 Uhr dem 10-jährigen Sohn meiner Nachbarn Nachhilfe in Mathe hab. Ich war zwar nicht besonders gut in Mathe, für die Aufgaben eines Viertklässlers reichte mein Verstand jedoch noch. Also machte ich einen kurzen Abstecher zum Lidl und schlenderte ein wenig durch die Gänge. Komisch, hier war auch nicht gerade viel los. Ich kaufte so ziemlich alles, was ich zum Überleben brauchte; Cornflakes, Milch, Toastbrot, Brotaufstrich, Eier, Instantnudeln, Wasser und viel zu viel tiefgefrorenes Essen. Als ich gefühlt 20 Tiefkühlpizzen in den Einkaufswagen geschmissen hatte, fand ich dass ich genug Essen für die nächsten zwei Wochen hatte und lief zur Kasse um zu bezahlen. Es war nur eine Kasse geöffnet und vor mir war nur eine ältere Dame, die gerade mit zitternden Händen ihr Baguette auf das Kassenband legte. Als ich an der Reihe war, fing ich aus Langeweile ein bisschen Smalltalk mit der Kassiererin an. „Nicht grade viel los heute, was? Ich frag mich echt, woran das liegt, zumal es drüben beim Chez Marie genauso aussieht." Sie lächelte schief, widmete sich jedoch immer noch ihrer Arbeit während sie mir antwortete. Mir war jetzt erst aufgefallen dass sie echt hübsch war, ihre blonden Haare hatte sie zu einem strengen Zopf hochgesteckt und ihre Make-up betonte ihre wunderschönen haselnussbraunen Augen. Sie schien außerdem ungefähr so alt wie ich zu sein. „Egal wohin du jetzt gehst, es wird nirgendwo etwas los sein, außer im Lunattic Night Club, weil Tyler Davies dort heute seinen 19. Geburtstag feiert und gefühlt die halbe Stadt anwesend sein wird." Sagte sie seufzend nachdem sie mit meinen Sachen fertig war. Irgendwie hatte ich das leichte Gefühl, dass dieser Tyler Aidens Kumpel von vorhin war. „Darf ich fragen, warum du nicht hingehst? Ich meine, ich glaube du hättest mehr Spaß bei der Party als dich hier an der leeren Kasse zu langweilen" fragte ich, weil sie mir irgendwie leidtat. Sie schmunzelte. „Glaub mir, ich war schon auf genug solcher Partys um zu wissen, dass sie nichts als Ärger bringen. Besonders die von Tyler und seinen Freunden. Vor denen sollte man sich in Acht nehmen." Ich schaute sie verwirrt an. „Was genau meinst du mit in Acht nehmen?" Gerade als sie mir antworten wollte würden wir durch ein Räuspern unterbrochen. „Ich störe ja nur ungern, aber ich würde gerne meine Einkäufe bezahlen." grummelte ein alter Mann hinter mir. „Sorry, aber ich muss weiterarbeiten, ich kann mir bei bestem Willen keinen Rauswurf leisten. Wenn du willst, kann ich dir meine Nummer geben und wir können uns mal treffen" sagte sie mit einem entschuldigenden Lächeln, kritzelte mir schnell ihre Nummer auf einen kleinen Notizzettel, drückte mir diesen in die Hand und widmete ihre Aufmerksamkeit dem zickigen Opa hinter mir. Okay...? Die war aber schnell was Bekanntschaften machen anging. Naja, sie schien ganz nett zu sein. Ich nahm meine Einkäufe, hörte noch wie sie mir „Ciao, Kaya" hinterherrief und begab mich auf den Nachhauseweg durch die mittlerweile dunklen Straßen.

Please (don't) Save me.Where stories live. Discover now