6.Kapitel

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‚Hör auf, Kaya! Das ist mein Lieblingsspielzeug!' schluchzend kam sie auf mich zu, an ihrem Gesicht liefen Tränen und Schnodder herunter. Ich streckte ihr die Zunge raus und als sie kurz vor mir war und schon die Hände ausstreckte um sich Schnuffi zu nehmen, drehte ich mich um und rannte schnell zum anderen Ende des Gartens. Sie war schon ganz außer Puste vom ganzen Rumrennen und Heulen. Ein paar dunkle Strähnchen hatten sich aus ihrem geflochtenen Zopf gelöst und standen nun wild in alle verschiedene Richtungen ab. Es war wirklich zu lustig wie sie so vor mir stand und schmollte. Ich versuchte, mir ein Lachen zu verkneifen, was mir jedoch überhaupt nicht gelang. Ich krümmte mich vor Lachen und ließ den doofen Stoffhasen fallen. Sie lief schnell zu Schnuffi hin und nahm ihn glücklich in die Arme. „Es tut mir so leid Schnuffi, ich werde dich nie wieder aus den Augen lassen! Und du brauchst keine Angst mehr vor dieser blöden Ziege zu haben, sie wird dir nie wieder was antun, dafür sorge ich!"
„Hey, wer ist hier die doofe Ziege?! Du schläfst doch immer noch mit einem Stofftier obwohl du 2 Jahre älter bist als ich! Und lässt es dann auch noch einfach so auf deinem Bett liegen obwohl du ganz genau weißt, dass ich das Spielzeug was du nicht wegräumst mitbenutzen darf, das hat Mama nämlich gesagt!' motzte ich sie empört an. Mama schien uns gehört zu haben, denn sie kam auf einmal aus dem Haus auf die kleine Veranda und schien nicht sehr glücklich. „Was ist denn hier schon wieder los? Müsst ihr euch denn andauernd streiten? Nicht mal 20 Minuten kann man euch allein lassen." Sie klang etwas enttäuscht aber nicht sauer, denn unsere Mutter war nie sauer auf uns. Sie war die liebenswürdigste Person die ich kannte, ich habe sie schon immer bewundert und mich glücklich geschätzt, sie als Mutter zu haben. Egal was wir ausgefressen hatten, sie hatte immer eine Lösung parat und so kam es fast nie zu Streit bei uns zuhause, ob es nun bei uns Beiden oder bei ihr und Papa war.
„Na sagt schon, was habt ihr dieses Mal angestellt?"
„Kaya hat Schnuffi ohne zu fragen aus meinem Zimmer geklaut und wollte irgendwas schlimmes mit ihm anstellen! Das hab ich an ihrem Gesicht gesehen, sie hat nämlich genau so geguckt" sagte sie und zog eine hässliche Grimasse, die anscheinend fies und gemein aussehen sollte.
„Ich bin ihr hinterhergelaufen und sie wollte ihn mir nicht wiedergeben und dann hat sie mich ausgelacht weil ich geweint hab und erst dann konnte ich ihn ihr abnehmen!" Ich schaute sie empört an während sie unserer Mutter alles petzte.
„Ich glaub's nicht! Mama hat gesagt ich darf das Spielzeug was du liegen lässt mitbenutzen und ich wollte deinem doofen Hasen gar nichts tun! Du bist einfach nur geizig und willst nie mit mir teilen! Und wenn du nicht angefangen hättest zu flennen hätte ich dich auch nicht ausgelacht. Außerdem... hast du mich eine doofe Ziege genannt! Und dann auch noch an Mama verpetzt! Wir sind keine Freunde mehr, du bist sowas von gemein!" schrie ich, ich war mittlerweile sehr wütend geworden.
„Nun hört schon auf, ihr Beide! Das geht so nicht! Mäuschen, ich habe dir zwar gesagt dass du das Spielzeug mitbenutzen darf, aber du weißt doch wie viel Schnuffi deiner Schwester bedeutet und er liegt immer auf ihrem Bett. Du hättest sie zuerst fragen sollen, bevor du ihn zum Spielen ausleihst." Sie hatte recht und ich wusste es. Aber um ehrlich zu sein, ich wollte garnicht mit Schnuffi spielen. Ich wollte nur meine Schwester ein bisschen damit ärgern, hab jedoch nicht gedacht, dass es in so einem Drama ausartet. Ich nickte, um Mama zu verstehen zu geben, dass ich es verstand, einsah und beim nächsten Mal anders machen würde. Jetzt wandte sie sich ihr zu.
„Und was dich betrifft, junges Fräulein, stimmt das, was Kaya gesagt hat? Hast du sie wirklich eine doofe Ziege genannt?" Sie sah etwas beschämt zu Boden. „Ja... Es tut mir leid, Mama. Es ist mir aus Versehen herausgerutscht weil ich so böse auf sie war. Bitte verzeih mir." murmelte sie.
„Du solltest deine Schwester um Verzeihung bitten, nicht mich. Ihr müsst verstehen, dass ich euch nicht ohne Grund so zurechtweise. Ich möchte, dass ihr euch gut versteht, die besten Freundinnen werdet und immer füreinander da seid, wenn ich und Papa es nicht mehr können." Ich hasste es, wenn sie über so etwas sprach. Ich wollte mir kein Leben ohne meine Eltern vorstellen, ich hatte sie doch so schrecklich lieb und sie waren zusammen mit meiner Schwester Alles für mich. Diese sah bei Mamas Worten endlich von ihren Schuhspitzen zu mir auf, Reue spiegelte sich in ihren Augen wieder. „Es... tut mir leid, Kaya. Ich habe mich daneben benommen weil ich mir Sorgen um Schnuffi gemacht habe. Ich hoffe du kannst mir verzeihen, ich hab dich lieb." sagte sie und umarmte mich. Ich erwiderte die Umarmung. „Alles gut, ich hätte auch nicht so gemein zu dir sein sollen, ich hab dich auch lieb. Sind wir jetzt wieder Freunde?" Sie löste sich von mir und lächelte mich an. „Klar!"
„Seht ihr, Mädchen? Es ist doch viel besser, Freunde zu haben, mit denen man etwas unternehmen und seine Zeit sinnvoll nutzen kann, anstatt sich die ganze Zeit zu streiten. Das Leben ist viel zu kurz, um wegen solch unnötigen Sachen zu streiten. Ich hoffe, ihr habt das jetzt endlich verstanden. Aber genug davon... wer möchte Essen? Ich hab euch Pfannkuchen gemacht" Mama ging wieder ins Haus rein, weil es draußen echt kalt war und sie nur ihre Kochschürze anhatte. Wir schauten uns kurz an und grinsten, denn wir wussten beide was jetzt kam.
Ich zählte langsam von 3 runter und wir rannten los, denn der Letzte im Haus musste den Tisch decken. Leider kam ich ungefähr 2 Sekunden später als sie drinnen an. „Das ist nicht fair, du hast längere Beine als ich!" rief ich und machte mich seufzend auf den Weg in die Küche, um das Besteck zu holen.

Please (don't) Save me.Where stories live. Discover now