2 - Ein etwas anderer Vortrag.

45 5 6
                                    

Tränen begannen sich in meinen Augenwinkeln zu bilden, als ich in Richtung Toilette stürmte. Ich sah niemanden an, hatte den Blick zu Boden gesenkt und hoffte nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Als meine Hände die kalte Klinke der weißen Türe berührten, konnte ich das Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Niemand außer mir, war in dem kleinen Raum.

Als ich mein Spiegelbild erblickte, erkannte ich mich selbst kaum noch. Ich sah aus wie ein verwirrter, verstörter Panda. Nervös sah ich mich nach Papiertüchern um. Mit Geduld und etwas Zeit, die ich leider nicht hatte, würde es schon zu schaffen sein, mein Gesicht wieder menschlich wirken zu lassen. Oder auch nicht.

Papierhandtücher gab es nicht mehr, nur einen Föhn, der im Moment nicht wirklich weiterhalf. Hatte ich vielleicht noch Taschentücher in meiner Tasche? Ich bückte mich und kramte erneut in dieser. Nichts, was mir beim Reinigen meines Gesichts geholfen hätte.

Seufzend lehnte ich mich gegen die kalte Wand und lies mich langsam zu Boden sinken. Ich machte meine Haare auf und schüttelte den Kopf. Es fühlte sich seltsam befreiend an. Vielleicht sollte ich einfach nachhause gehen und mich für heute krankmelden. Ja, genau das würde ich tun! Nach einem heißen Tee und ein bisschen Schmollen würde es mir sicher wieder besser gehen.

Mein Blick schweifte durch den Raum, als ich überlegte, wie ich am Besten nachhause kommen konnte, ohne dass mich andere Menschen bemerkten, geschweige denn anstarrten. Eigentlich war es schon egal, der Tag konnte nicht wirklich schlimmer werden.

Unwillkürlich musste ich lächeln. Das passierte immer, wenn ich etwas plante: Alles was schief gehen konnte, ging schief. Doch bei dem Pech, dass ich heute hatte, musste morgen irgendetwas Großartiges passieren!

Mit diesem Gedanken griff ich nach meiner Tasche und versuchte ein wenig zuversichtlicher zu sein. Plötzlich fiel etwas aus der Seitentasche, dass ich wohl irgendwann, ohne Nachzudenken, dort reingestopft haben musste. Meine Hand griff nach dem weißen Stück Stoff, das auf dem kühlen Fließenboden lag. Ich ließ es durch meine Finger gleiten und staunte über die Weichheit des Materials. Das einzige was verwunderlich war, war, dass ich dieses Stofftaschentuch, noch nie zuvor gesehen hatte. Es gehörte mir nicht.

Zögernd begann ich es unter warmes Wasser zu halten und sah fasziniert zu, wie der sanfte Stoff die Flüssigkeit langsam aufsog. Ich begann den Bereich um meine Augen abzutupfen und genoss die angenehme Wärme. Plötzlich nahm ich einen Geruch war, der mein Herz höherschlagen ließ. Beinahe unbewusst sog ich den Duft ein, in der Angst er könnte mir jederzeit entgleiten.

Ich brauchte eine Weile um zu verstehen, dass dieser Hauch von dem Stück Stoff ausging, das ich in der Hand hielt. Als ich nach ein paar Minuten halbwegs ansehnlich aussah- so ansehnlich, wie man mit geschwollenen Augen und einer laufenden Nase eben aussehen konnte- sah ich mich erneut im Spiegel an und versuchte ein Lächeln.

Der Geruch fiel erneut in meine Nase und ich versuchte mich zu erinnern, woher ich ihn kannte. Es fiel mir nicht ein, doch unerklärlicherweise machte er mich auf eine Weise glücklich die ich nicht verstand. Ich faltete das Taschentuch und verstaute es sorgfältig. Ich atmete ein letztes Mal tief durch und verließ den stickigen Raum.

Mir ging es nicht gut, aber auch nicht mehr zum Kotzen. Ich war bereit für das, was der Tag zu bieten hatte.

Der Geruch von Kaffee lag in der Luft und ich sog ihn genussvoll ein. Das war alles was ich im Moment brauchte. Ich würde nicht nachhause gehen. Ich würde hierbleiben und den verdammten Vortrag hinter mich bringen, auf den ich mich eine Woche vorbereitet habe. Ich stand in einer kurzen Schlange, da Kaffee in dieser Firma, wie in jeder anderen, sehr beliebt war. Auch bei mir!

Ich genoss den Geschmack in meinem Mund und seufzte einmal zufrieden auf. Wenn ich mich jetzt beeilte schaffte ich es mit 10 Minuten Verspätung, bei meinem Vortrag zu erscheinen. Meine Schuhe klackerten auf dem glatten Steinboden. Meine Schritte waren schneller als sonst.

Normalerweise trug ich kaum hohe Schuhe, ich fühlte mich in ihnen nicht sonderlich wohl. Heute musste ich allerdings professionell aussehen. Ich musste immerhin 12 hohe Tiere von meiner Idee überzeugen. Auch wenn ich es ungern zugebe gibt es auch noch einen anderen Grund. Er würde mir zuhören. Ganze 20 Minuten lang würde er mich ansehen. Ich wollte gut aussehen. Mein Herz begann plötzlich wie wild zu pochen. Gott, war ich aufgeregt!

Als ich die Tür aufmachte war es bereits still in dem großen, grauen Konferenzraum. Die Regentropfen klopften noch immer gegen die großen Fensterscheiben. Alle Augen waren auf mich gerichtet und ich spürte wie ich rot anlief. Ich schaffte es nicht einen von ihnen in die Augen zu sehen. Nicht einmal ihm. Doch ich konnte spüren, wie er mich ansah. Als würde er direkt in mein Herz starren. Als wäre ich nichts als ein offenes Buch für ihn. Ich straffte meinen Rücken und setzte meinen Weg zum anderen Ende des Raumes fort.

Ich murmelte eine hastige Entschuldigung, obwohl niemand danach gefragt hatte. Niemand sah in geringster Weise daran interessiert aus, was ich zu sagen hatte. Ich würde sie schon noch überzeugen, ich würde ihn überzeugen.

Ich räusperte mich kurz um die Aufmerksamkeit zu erhalten, die ich für diesen Vortrag benötigte. Dann begann ich. Anfangs noch etwas zittrig, doch mit jedem Wort, dass ich sagte wurde meine Stimme fester und klarer. Ich setzte mich hier für etwas ein, in das ich mein ganzes Herzblut gesteckt hatte. Und nun hatte ich die Möglichkeit vor Leuten zu sprechen, die mir zuhörten.

„Die Zahl der Waisenkinder ist in den letzten Jahren um mehr als 10% gestiegen. Die Waisenhäuser in unserer Stadt sind schon längst überfüllt. Wir können den Kindern in keinster Wiese die Bildung bieten, die sie verdienen, die ihnen zusteht!"

Ich sah voller Überzeugung in die Runde. Niemand sah mich an. Ich bemerkte das Leuchten eines Handydisplays unter dem großen Konferenztisch.

Meine Stimme wurde lauter.

„Diese Kinder sind die Zukunft unserer Stadt, sie sind unsere Zukunft!"

Keine Reaktion.

Meine Augen wurden glasig. Ich hatte mich nicht eine Woche lang auf diesen Vortrag vorbereitet - und eine Ewigkeit dafür eingesetzt, dass dieser überhaupt Zustandekommen konnte-, nur damit sich irgendwelche hohen Fuzzis für etwas Besseres halten können. Und das nur, weil sie ein bisschen Geld haben. Nagut, ein bisschen viel Geld.

Plötzlich spürte ich seinen Blick auf mir. Er schien zu wissen, dass ich kurz davor war etwas unglaublich Unüberlegtes zu tun. Ich glaubte im Augenwinkel ein kleines Lächeln auf seinen wohlgeformten Lippen zu sehen.

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Hellow! ^~^

Ich hoffe ihr mögt das neue Kapitel! Das Schreiben hat echt viel Spaß gemacht.

Irgendwie möchte ich das Amy ein Charakter ist der sich entwickelt und ich hoffe ich schaffe es, dass gut in die Geschichte einzubringen....;-;

Lasst doch Kritik und/ oder ein Kommentar da! (๑→ܫ←)

CrushWo Geschichten leben. Entdecke jetzt