Wie jeden Tag riss mich mein Wecker aus meiner nicht gerade schönen Traumwelt, ich muss allerdings zugeben dass ich heute ausnahmsweise mal keinen Albtraum gehabt habe. Zur Abwechslung war mein heutiger Traum sogar ganz... schön. Ich träumte von einem wunderschönen Ball mit vielen tanzenden Menschen... Ich war mittendrin und tanzte mit jemandem, ich konnte mich nicht genau erinnern mit wem, aber ich fühlte mich tatsächlich wohl und geborgen in seiner Nähe... Wie auch immer. Ich sollte mich damit abfinden dass das nur ein Traum war und niemals Realität werden würde. Wer fand schon Interesse an jemandem wie mir?
Nachdem ich also meinen Wecker totgekloppt hatte, führte ich mein morgendliches Ritual durch und machte mich auf den Weg zur Schule. Naja, wenn ich den heutigen Tag überlebt habe, war die Hälfte der Woche schon rum. Wenigstens etwas. Auf dem Weg dorthin schaute ich auf mein Handy und sah, dass Jessica mir geantwortet hatte.
Hey Kaya :) Da ich ziemlich tippfaul bin würde ich dir vorschlagen dich abends um 8 mit mir im Starbucks zu treffen damit ich dir die Sache mal ein bisschen erklären kann
Starbucks? Abends um Acht? Interessante Kombination. Da ich schon bei der Schule angekommen war antwortete ich mit einem knappen K, bis nachher und betrat das leicht ranzig riechende Gebäude vor mir, in dem gefühlt niemand anwesend war. Ich vermutete, dass das wegen Tylers Party so war. Wahrscheinlich hatten alle nen Kater nach dem gestrigen Abend. Der Schultag verlief relativ gut, da die sich viel zu cool Fühlenden in allen Kursen nicht da waren und man sich so ausnahmsweise mal auf den Unterricht konzentrieren konnte. Also, die die sich konzentrieren wollten. Mir war das alles ziemlich scheißegal. Außerdem hatte ich kein Englisch, weswegen mir die blöde Kuh den Tag nicht vermiesen konnte. Nachdem ich nach der letzten Stunde meine eigenen Hausaufgaben gemacht und dem Nachbarsjungen bei seinen geholfen hab, machte ich mich auf den Weg zum Friedhof.
*Falls ihr nicht auf das Thema Tod klarkommt, solltet ihr die nächsten 2 Abschnitte überspringen*
Ich lief langsam den Kieselweg entlang und genoss die Ruhe und Friedlichkeit. Viele Leute fühlten sich auf Friedhöfen unwohl und würden nie freiwillig hingehen, ich jedoch fand je öfter man seine Liebsten besuchte, desto mehr Respekt erwies man ihnen. Natürlich ist es anfangs schwer einzusehen, dass man eine geliebte Person verloren hat. Man weigert sich oft, der Realität ins Auge zu blicken und meidet Friedhofsbesuche, dabei ist das genauso wie wenn die Person noch am Leben ist und man sie nicht besucht, man vernachlässigt sie und lässt sie spüren, dass sie einem unwichtig ist oder dass man sie sogar vergessen hat. Die Zeit heilt jedoch alle Wunden und je öfter man auf den Friedhof geht, desto schneller findet man sich mit der harten Realität ab und kommt mit seiner Seele in Einklang. Die Zeit lässt einen aber auch oft Dinge vergessen, was auch nicht immer gut ist.
Vergessen. Das Schlimmste was einem Menschen passieren kann, ist vergessen zu werden. Man sagt, ein Mensch lebt in den Herzen der Angehörigen weiter, solange sie an ihn denken und ihn lieben. Wenn dies nicht mehr der Fall ist, hat die Person keine Bindung mehr zur Erde und alles erstirbt. Die Seele, die Hoffnung, die Liebe. Man hat keine Aufgabe mehr und niemanden, den man durch kleine, fast unmerkliche Zeichen in schweren Zeiten wissen lassen kann, dass man für ihn oder sie da ist, weil niemand mehr an einen denkt oder glaubt. Davor sollte man meiner Meinung nach Angst haben, nicht vor dem Tod.
*ab hier weiterlesen*
Ich kam am hintersten Teil des Friedhofes an, wo das große Familiengrab war. Als ich die Kerzen anzünden und die Blumen gießen wollte, sah ich dass jemand neue Blumen auf dem rechten Grab gepflanzt hatte. Es waren dunkelrote Tulpen. Ich war also nicht allein, wie ich es vermutete, meine Schwester bedeutete doch noch jemandem etwas. Normalerweise war ich die Einzige die hier Blumen pflanzte und mir kam momentan niemand in den Sinn, der sie gepflanzt haben könnte. Andererseits freute ich mich, dass noch jemand an meine Schwester dachte und vergoß bei dem Gedanken an sie ein paar Tränen. Nachdem ich fertig mit Gießen war, machte ich mich langsam auf den Weg zum Starbucks und grübelte immer noch darüber nach, wer wohl die Blumen gepflanzt haben könnte.
Es war erst 7:42 Uhr als ich ankam und es war, wer hätte das gedacht, so gut wie leer. Wie zur Hölle schafft man es, die halbe Stadt mit einer Party für 2 Tage außer Gefecht zu setzen? Bevor ich mich in die nicht vorhandene Schlange stellte überlegte ich mir noch, was ich mir holen sollte und da ich irgendwie keine Lust hatte mir zuhause eine weitere Tiefkühlpizza reinzustopfen, ernannte ich meine Bestellung zu meinem heutigen Abendessen und holte mir einen großen Vanille-Frappucino, einen Blaubeermuffin und einen Nutella Cookie. Andere würden jetzt an ihre Figur denken, mir war die schon längst scheißegal. Meiner Meinung nach übertrieben die Meisten mit ihren Diäten total, ich meine, es gibt wichtigere Dinge im Leben als wie ein Victorias Secret Model auszusehen. Voller Vorfreude nahm ich mein Zeug und setzte mich an einen freien Tisch neben dem Fenster. Es war zwar unhöflich nicht auf Jessica zu warten, aber ich hatte extrem Hunger und fing schon zu essen. Genau in dem Moment als ich genüsslich in meinen Nutella Cookie biss, kam dieser Aiden mit 5 weiteren Typen durch die Tür.
Fucking.
Great.
Nicht ein mal kann man sein Essen in Ruhe genießen ohne von irgendwelchen Menschen gestört zu werden. Jetzt fühlte ich mich wie ein kleines Schweinchen, wahrscheinlich hatte ich überall Nutella und Kekskrümel kleben. Zum Glück kam direkt nach ihnen Jessica (mit etwas Abstand) herein und beäugte sie alle ziemlich misstrauisch, einen von ihnen allerdings besonders hasserfüllt, bis sie mich erblickte und auf mich zukam um mich strahlend mit einer kräftigen Umarmung zu begrüßen.
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Please (don't) Save me.
Teen Fiction17 Jahre alt, durchschnittliche Schülerin, nicht gerade beliebt, äußerlich ein unscheinbares Mädchen, innerlich von Depressionen und Schuldgefühlen zerfressen. Dieser Satz beschreibt Kaya wohl am Besten. Ärzte und Psychiater kommen für sie nicht in...