15.Kapitel

10 2 2
                                    

Meine Güte, war das mal wieder ein anstrengender Tag heute. Das Einzige was heute gut lief war die Matheklausur, zum Glück. Mathe war das einzige Fach in dem ich einigermaßen was drauf hatte und bei dem eine schlechte Note schon echt peinlich wäre. Ich hatte bis 5 Uhr Schule und natürlich hatte sich der Unterricht mal wieder ins Unermessliche gezogen.

Nachdem ich von der Schulglocke erlöst wurde ging ich zu den Bushaltestellen und musste gar nicht mehr auf den Bus warten, da er bereits da war. Ich nahm meinen Stammplatz in der letzten Reihe am Fenster ein, steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren und machte Musik an.

Somewhere over the Rainbow, way up high

And the dreams that you dream of , once in a lullaby

Oh, somewhere over the rainbow, blue birds fly

And the dreams that You dream of, dreams really do come true

Somewhere over the Rainbow war eines meiner Lieblingslieder momentan. Die unglaublich sanfte Stimme des Sängers gemischt mit den Klängen der Ukulele ergab die perfekte Kombination und ich hatte auf einmal das Gefühl dass mir das Schicksal irgendeine Botschaft mit diesem Lied vermitteln wollte. Mein Blick schweifte nach draußen. Es war ein wunderschöner Abend, die Sonne war kurz davor unterzugehen und färbte den Himmel in den verschiedensten Rosatönen. Ich dachte an Mina und ihr wunderschönes Lächeln und daran, dass ich Beides gleich sehen würde und lächelte in mich hinein. Das Lächeln verschwand allerdings schnell wieder, als ich daran dachte wie gefaket und schwach ihr Lächeln aussah seitdem Ace mit ihr Schluss gemacht hatte. Sie war in letzter Zeit außerdem unglaublich blass geworden und hat viel abgenommen. Ihre Wangen waren eingefallen und allgemein war ihr Anschein ziemlich leblos. Ich wusste wie sensibel sie war und hoffte einfach nur dass sie sich nichts Schlimmes antun tun würde. War ich zu hart mit Ace gewesen? Seine Gefühle waren mir egal, aber hatte ich vielleicht damit ihre verletzt? Hoffentlich nicht. Sie hatte so ein Verhalten nicht verdient und ich hatte ihm sehr oft gedroht ihm wehzutun wenn er ihr irgendwas antun würde, er ist selbst Schuld. Er hätte besser mit ihr umgehen sollen, nein... eigentlich hätte ich besser mit ihr umgehen sollen. Ich hätte ihr meine Gefühle schon früher gestehen sollen, dann wäre jetzt alles in Ordnung und wir hätten nicht alle solche Schwierigkeiten miteinander. Aber da Ace jetzt weg war, würde alles wieder gut werden. Ich müsste sie nur etwas trösten und besser auf sie aufpassen, wir würden das bestimmt hinkriegen. Alles würde so sein wie früher, da war ich mir sicher.

Der Bus hielt an und riss mich aus meinen Gedanken. Ich stieg aus und ging automatisch in Richtung Marktplatz. Die Vorfreude, sie zu sehen ließ mein Herz schneller schlagen. Bei meinem Stammplatz angekommen packte ich direkt meine Sachen aus und schaute mich ein wenig um. Sie war noch nicht da. Ich dachte mir nichts dabei, baute weiter auf und schaute gen Horizont. Von hier aus hatte man echt den besten Blick auf den See und die Brücke. Die Sonne ging gerade unter, die Farben des Himmels strahlten nun in einem intensiven Rot und ich träumte ein wenig vor mich hin bevor ich anfing zu spielen. Da es gerade passte und ich eh einen Ohrwurm davon hatte, spielte ich Somewhere over the Rainbow und blendete wie immer alles um mich herum aus.

Someday I'll wish upon a star

Wake up where the clouds are far behind me

Where trouble melts like lemon drops

High above the chimney top

That's where you'll find me

Ich war ungefähr bei der Mitte des Liedes angekommen, als ich durch Schreie und Gekreische unterbrochen wurde. Ich hörte sofort auf zu spielen und folgte ihren Blicken zur Brücke. Was ich sah verschlug mir den Atem. Ein Mädchen sprang von der Brücke, direkt in den Horizont blickend. Sie schien für einen kurzen Augenblick zu schweben und fiel dann in Zeitlupe in den See herunter. Irgendwie hatte ich das Gefühl dass ich sie kannte, die Brücke war allerdings zu weit weg als dass ich erkennen konnte wer genau es war. Warum tat sie das? Die Strömung im See war zu stark als dass sie da lebend wieder herauskommen würde. Es musste mit Absicht gewesen sein. Auf einmal schwirrte mir nur ein Gedanke im Kopf herum. Mina.

In diesem Augenblick hoffte ich, dass sie nicht hier war, da sie so einen Anblick nicht ertragen würde. Mein Blick galt nun wieder der immer noch geschockten Menschenmenge. Die verschiedensten Arten von Menschen waren da, von alten Ehepaaren die sich traurig in den Armen hielten bis zu alleinerziehenden schluchzenden Müttern, die ihren Kindern die Augen zuhielten und versuchten, sie vom Ort des Geschehens wegzubringen. Als ich sie nirgends entdecken konnte sprang ich vom Podest herunter und drängelte mich die Massen zur anderen, mittlerweile menschenleeren Seite des Marktplatzes durch. Mit zitternden Händen griff ich in meine Jackentasche und fischte mein Handy irgendwie heraus. Ich stand stark unter Schock aber mein einziger Gedanke im Moment war, dass ich sicherstellen musste dass es ihr gut ging. Irgendwie schaffte ich es, das Ding zu entsperren und wählte Minas Nummer. Es klingelte nicht ein mal, die Mailbox ging direkt ran und teilte mir mit dass der Teilnehmer nicht erreichbar seie. Auf ein mal breitete sich Panik in mir aus. Sie würde doch nicht... nein. Obwohl sie in der letzten Zeit viel durchmachen musste, würde sie so etwas nie tun... oder?

Ohne weiter zu überlegen rannte ich mit letzter Kraft an das Ufer des Sees wo mittlerweile schon etliche Polizei- und Krankenwagen standen. Als ich am Ort des Geschehens angekommen war, hatten sich schon viele Gaffer versammelt und redeten wild durcheinander. Mal wieder quetschte ich mich an ihnen vorbei und versuchte zu sehen, was gerade los war. Die Sanitäter schienen das Mädchen geborgen zu haben und versuchten gerade, sie wiederzubeleben. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen und ging deshalb zur Polizei um nachzufragen um wen es sich handelte. Diese gaben mir keine Auskunft, da sie sich selbst nicht sicher waren und da es ihnen sowieso nicht erlaubt war Informationen herauszugeben. In dem Moment hörte ich wie eine Tür aufgemacht wurde. Ich drehte mich um und sah wie das Mädchen auf die Trage gelegt und in den Krankenwagen reingefahren wurde. Endlich konnte ich ihr Gesicht erkennen.

Meine Welt brach zusammen.

Nein.

Das konnte nicht wahr sein.

„Ich fürchte, da lässt sich nicht viel machen." sagte einer der Sanitäter zu einem der Polizisten.

Nein.

NEIN.

Das Blut rauschte mir in den Kopf.
Ich hörte nur noch einen schrillen Piepton.
Mein Sichtfeld wurde verschwommen.
Meine Lunge hörte auf zu atmen.
Mein Herz hörte auf zu schlagen.
Es zog sich schmerzhaft zusammen, rutschte mir in die Hose und zerbrach dann in tausend Teile.
Meine Beine gaben nach.
Ich sackte zu Boden.
Alles wurde schwarz.

VERDAMMT, MINA.

WIE KONNTEST DU MIR DAS NUR ANTUN?!

Please (don't) Save me.Where stories live. Discover now