Zwischenmenschliches

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In der nächsten Woche verbrachte ich jede freie Minute an meinem Zeichentisch. Ich zeichnete Kostas Gesicht. Endlich. Meist als Comicfigur. Warum mich sein Gesicht so gefangen genommen hatte, wusste ich nicht, nur dass es so war. Ich hatte durchaus gemerkt, wie unangenehm es ihm war, wie ich ihn angesehen hatte. Sein Gesicht versucht habe zu verinnerlichen. Doch es hatte funktioniert. Ich brauchte nur die Augen schließen um ihn vor mir zu sehen.

Doch das war nicht alles, wie ich mir selbst eingestand. Er gefiel mir. Ich wollte nicht nur sein Gesicht für meine Bilder, ich wollte mit ihm sprechen. Ihn vielleicht... kennen lernen?

Aber er musste mich sowieso für einen Freak halten. Konversation machte mir Angst und ich hatte sie irgendwie verlernt. Zumindest kam es mir so vor. Wenn ich versuchte mich zu unterhalten, ging das ein paar Minuten gut doch irgendwann tickte ich dann aus, und zog mich zurück.

Andererseits, was schadete es, es zu versuchen? Es war ja nichts Falsches daran, mich mit einem meiner Therapeuten zu unterhalten.

Auf meinen Termin bei Dr. Rickert hatte ich zwar keine Lust, doch immerhin waren diese Sitzungen angenehmen als diese dämlichen Gesprächskreise bei den Gruppen Sitzungen.

„Marik, komm rein", begrüßte mich der Doktor, als ich an seiner Tür klopfte.

„Was gibt's heute, Doc?", fragte ich und setzte mich.

„Erzählen sie mir von ihrer Therapie.", verlangte er und nahm einen Stift zur Hand.

„Ich hasse die Gruppensitzungen, ich will hier raus!", sagte ich und Rickert machte sich eine Notiz.

„Ich arbeite daran. Zunächst wäre es gut, wenn sie in unser Außengelände gehen würden. Unter Aufsicht natürlich."

„Ich darf raus?", fragte ich überrascht.

„Natürlich. Ihre Aufenthalte im Garten haben wir nur vorläufig eingestellt, weil sie draußen immer entweder Streit, oder Fluchtwege gesucht haben.", sagte der Doktor. Stimmt, jetzt wo er es sagte, erinnerte ich mich wieder. Aber das waren andere Zeiten. Damals war ich verzweifelt.

„Ich wäre gern wieder draußen", sagte ich ruhig.

„Dann schreibe ich ihnen Gartenzeiten auf. Zweimal die Woche, wenn es klappt. Aber benehmen sie sich!", sagte er, zwinkerte mir aber wohlwollend zu. Ich mochte es nicht wenn er mit mir sprach, wie mit einem unartigen Kind, doch ich ließ es erst Mal dabei bewenden.

„Ich habe gesehen, dass sie sich mit ihrem Physiotherapeuten unterhalten haben. Das hat mich positiv überrascht. Sie unterhalten sich doch sonst nie mit ihren Mitmenschen. Ausgenommen mit mir, aber das zähle ich mal nicht, da sie sich vermutlich dazu gezwungen fühlen.", sagte er mit einem jungenhaften Lächeln. Ich zuckte mit den Achseln.

„Keine Ahnung. Ich glaub ich steh einfach auf ihn. Das ist alles.", sagte ich kühl. Der Doc sah mich verdattert an, was mich zum Schmunzeln brachte.

„Was? Ich hatte seit ich hier bin keinen Sex mehr. Das sind wie viele Jahre? Drei?"

„Fünf", warf er ein.

„Genau. Eine ziemlich lange Zeit. Schätze irgendwann meldet sich der Sexualtrieb halt zurück, wenn man nicht mehr mit allzu vielen Medikamenten zu gedröhnt wird.", sagte ich. Ich war seit einigen Monaten komplett runter von Medikamenten. Zumindest von denen, die Ich permanent bekommen hatte. Jetzt bekam ich nur noch bei Bedarf etwas zur Beruhigung. Manchmal Antidepressiva, wenn es wieder Winter wurde, und für mich die dunklen Monate hereinbrachen, in denen ich nichts fühlte als Traurigkeit und Schmerz.

My beloved Madman - KostoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt