(17)

222 17 6
                                    

-Hermine-
Noch nie in meinem kurzen Leben, war ich mit einer Situation so überfordert gewesen. In meinem Inneren fand ich so viele Gefühle auf, dass ich befürchtete diese würden mich einnehmen und vergessen lassen wie man atmet. Ich wollte weiteratmen. Das allerletzte was mir jetzt zu Gute kommen würde, wäre umzukippen und erst wieder aufzuwachen, wenn das alles vorbei war. Es würde mir sicherlich alles leichter machen, aber ich wollte Draco nicht gehen lassen. Ich wusste, dass er schon fort war. Er war an einem Ort, von dem keiner wusste, ob er wirklich existierte. Der Gedanke machte mir Angst. Noch mehr Angst, als ich sowieso schon hatte.

Ich hatte in die Luft gestarrt, an allem vorbei, mit Tränen über mein gesamtes Gesicht verteilt. Jetzt blickte ich auf. Ja, ich sah genau in Ron's hässliche, abscheuliche grüne Augen. Er bewegte sich nicht. Sah auf Draco hinab. Den Jungen, den er getötet hatte. Den Jungen, dem ich ungewollt mein Herz geschenkt hatte.

"H-hermine?" Seine Worte waren schwach, sehr schwach. Hätte ich nicht lautlos geweint, hätte ich sie womöglich überhört. "Du hast mir nix zu erklären." War meine Antwort. Und das stimmte, er hatte mir nichts zu erklären, seinem Gewissen sollte er lieber sagen, warum er das getan hatte. Ich hatte keine Lust ihn anzuschreien und ich hatte keine Lust überhaupt etwas zu sagen. Ich sah einfach nur wieder herab auf die Leiche, die mich erst gestern noch geküsst hatte.

Angst, Wut, Trauer, Reue, Liebe und viel mehr Gefühle, dessen Begriff selbst ich nicht kannte, überkamen mich. Ich wusste nicht was ich tun sollte, ich hatte nicht die leiseste Ahnung. Also tat ich das, was wohl am unangebrachtesten und mir trotzdem in meiner Situation richtig vorkam. Ich beugte mich vor und küsste die toten, kalten Lippen.

Sekunden später, die mir wie Stunden vorkamen, tauchte eine Lehrkraft nach der anderen auf. Professor Snape, Madame Sprout, McGonnagal und andere. Auch Albus Dumbledore war erschienen. Er hob den leblosen Körper hoch und für nicht Mal eine Millisekunde kam es mir so vor, als würde Draco wieder atmen. Ich konnte es mir nicht erklären und obwohl es nur dieser eine winzige Moment gewesen war, beschloss ich in genau diesem Moment, alles dafür zu tun, Draco wieder lebendig sein zu lassen. Mir war durchaus bewusst, dass nicht mal der beste Zauberer der Besten das geschafft hatte, doch ich musste beweisen, dass ich dazu instand war. Nicht für die Zauberer welt da draußen. Für Draco.

McGonnagal sah mich ernst an und ich konnte deutliches Mitgefühl in ihren Augen erkennen. "Sie müssen uns als Zeugin dienen, Miss Granger", waren die Worte die sie sagte. Als Zeugin wofür? Für Dracos Tod, das war offensichtlich. Ich wollte einfach nicht begreifen, dass er nicht mehr lebendig war, nicht jetzt. Umso mehr überkam mich das Gefühl, mich beeilen zu müssen. Bevor Draco beerdigt werden würde, musste ich herausfinden wie ich alles wieder zum alten werden lassen konnte. Ich würde einen oder zwei, höchstens drei Tage Zeit haben. 72 Stunden.
Ich nickte McGonnagal höflich zu, soweit das in der Weise möglich war. Noch immer stand ich unter Schock.
Dann wandte McGonnagal sich an ihr Lehrerkollegium. "Ich werde die Familie Malfoy benachrichtigen müssen. Snape, schaffen sie mir die schnellste Eule auf dem Gebiet herbei, die ihnen bekannt ist. Schließlich sah sie Ron an, der im Geschehen völlig untergegangen war. "Ich hatte sie immer für einen anständigen Schüler gehalten, Mr. Weasley. Auch ihre Familie werde ich benachrichtigen müssen. Vor Gericht wird sich das alles klären und - es tut mir leid dies sagen zu müssen - sie werden wohl wahrscheinlich nach Askaban geschickt werden." Rons Gesicht wurde immer blasser und wechselte schließlich von blass, zu leicht grün. Er sah Recht schuldbewusst aus und schien sich rechtfertigen zu wollen. Ich beschloss nicht hinzuhören, trotzdem erregten seine Worte mein Aufmerksamkeit.

"Professor McGonnagal, ich leugne nicht Malfoy umgebracht zu haben, doch das hatte einen Grund!" Die stellvertretende Schulleiterin sah etwas verblüfft aus und hob auf eine Erklärung wartend eine Augenbraue.
"Malfoy hat nämlich Hermine mit seinem Zauberstab bedroht. Ich kam zufällig vorbeu dachte er würde versuchen sie zu töten. Also handelte ich. Ich weiß, dass war falsch, aber womöglich würde wenn ich das nicht getan hätte, Hermine jetzt nicht vor uns stehen. Hermine, sag ihr, dass es stimmt."

Die Augen von McGonnagal hatten sich etwas geweitet und ich vermutete, dass sie Ron glaubte. Doch meine Stimme wurde auch erwartet. Ich hatte nicht gedacht, dass Ron die Situation aus diesem Blickwinkel aufgreifen würde. Doch hatte er nicht irgendwie Recht? Ich meine, Draco hatte mich ja schon in gewisser Weise bedroht. Stimmte das, was er sagte? Hatte er mich eigentlich nur beschützt? Ich war verzweifelter als verzweifelt. Ich wollte Draco nicht zutrauen müssen, dass er mich hatte töten wollen, doch war es nicht vielleicht so gewesen? War Draco sauer weil...? Ja, weswegen eigentlich? Ich hatte ihm schließlich nichts getan. Das alles ergab in meinen Augen keinen Sinn. Ron war für mich weder komplett schuldig noch unschuldig. Er war einfach die Person die gehandelt hatte ohne nachzudenken. Aber was wenn er das nicht getan hätte? Wäre ich dann tot?

Meine Gedanken überschlugen sich und ich hatte keine Lust darauf. Ich wollte einfach, dass alles so war wie früher. Ich musste Draco wieder lebendig werden lassen. Ob er nun vorhatte mich zu töten oder nicht, das war die einzige Möglichkeit die Dinge in Hogwarts wieder geradezu biegen. Würde ich das nämlich nicht tun, hätte ich den Rest meines Lebens Schuldgefühle und ich wusste nicht ob ich das ertragen könnte.

"Miss Granger, stimmt das, was Mister Weasley gerade erzählt hat?"
Ich wusste nicht wie ich antworten sollte, denn meine Antwort beeinflusste, was noch geschehen würde. Ich entschied mich also dazu "das kann ich nicht sagen" zu murmeln und dabei Rons vernichtende Blicke zu ertragen. McGonnagal sah mich etwas verständnislos an, doch wendete sich schließlich an Dumbledore. "Albus, was sollen wir tun?" Der Schulleiter, der immernoch den leblosen Draco auf dem Arm hatte, lächelte nur. Ich war wirklich ratlos, was diesen Mann anging, wie konnte er in solch einer Situation tatsächlich lächeln? Er setzte zum Reden an, als Snape wiederkam. "Minerva, ich habe die Eule, sie müssen jetzt wohl schnellstens die Angehörigen des jungen Verunglückten informieren." Mit einem niederschmetternden Blick auf Ron entfernte er sich wieder. Auch die restlichen Lehrer verschwanden nach und nach, Ron musste selbstverständlich mitgehen. Zurück blieben nur Dumbledore, ich und der tote Malfoy, falls er überhaupt zählte. Ich musste meine Tränen zurückhalten, die drohten wiederzukommen.

"Ich bin sicher, du findest einen Weg", sagte Dumbledore und erstaunte mich ein weiteres Mal. Dieser Mann konnte aber auch wirklich Gedanken lesen, dachte ich, bevor ich die Halle verlasse und somit einer Leiche, die mir nichts bedeuten sollte den Rücken zu kehrte. Es war so viel schwerer als ich dachte.

Ohaaa, über 1000 Wörter, das erste Mal! Da bin ich fast schon ein bisschen stolz :)
Feedback in die Kommis!
PS: ich werde die Geschichte nebenbei ein bisschen überarbeiten. Die vorherigen Teile gefallen mir vom Stil nicht mehr so gut. Keine Sorge, die Handlung wird sich nicht verändern :)

Dramione - wer zuletzt lacht, lacht am bestenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt