Schwarzelben

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Celleth
Alles lief so, wie ich es geplant hatte. Es war fast schon zu perfekt. Mit einem zufriedenen, siegessicheren Lächeln schritt ich um mein vollendetes Werk herum, wie ein Löwe um seine Beute. Meine Augen wanderten über den Körper, der gekrümmt und zusammengekauert auf dem Boden hockte. Das lange, weiß-silberne Haar der Kreatur war verschmutzt von Blut und Dreck und auf der dunkelgrauen Haut zeichneten sich unzählige Narben. Doch trotz des miserabel wirkenden Zustandes der Kreatur wusste ich, dass sie keineswegs schwach war, im Gegenteil, sie war stärker, schneller und wendiger wie jeder Elb. Die dicken Eisenketten an den Armen der Kreatur rasselten, als sie sich ein wenig bewegte. ,,Halt still!", fuhr ich die Kreatur an und blieb vor ihr stehen. Sie hatte ihren Kopf gesenkt und starrte den dunklen, schmutzigen Boden an. ,,Sieh mich an!", befahl ich, doch im ersten Moment rührte sich die Kreatur nicht. Wütend über den Ungehorsam der Kreatur packte ich sie an den Haaren und riss ihren Kopf nach hinten, sodass sie gezwungen war, mich anzusehen. Einen Moment lang blickte ich in die dunkelvioletten Augen der Kreatur, bevor ich sie fragte: ,,Wer bist du?" Die Kreatur sah mich kurz etwas erstaunt an, antwortete dann jedoch, die Stimme so rein und melodisch wie die eines Elben. ,,Ich weiß es nicht", sagte die Kreatur und mein Grinsen wurde breiter. ,,Wer warst du zuvor?", setzte ich mein Verhör fort. ,,Ich weiß es nicht", wiederholte die Kreatur ihre Worte. ,,Gut, sehr gut", murmelte ich und lockerte meinen Griff um die Haare der Kreatur. Dann richtete ich mich wieder zu meiner vollen Größe auf und sah auf die Kreatur hinab. ,,Ich dachte schon, du würdest für immer an Feredir festhalten", sagte ich. ,,Wer ist Feredir?", fragte die Kreatur. ,,Er war ein Verräter, doch jetzt gibt es ihn nicht mehr", erklärte ich, ,,Alles was von ihm übrig ist, ist ein leerer Körper, dem ich einen starken Willen und Geist gab." Während ich sprach, betrachtete ich die Kreatur noch einmal genau. Es stimmte durchaus, dass man die letzten Überbleibsel von Feredir noch erkennen konnte, besonders im Gesicht der dunklen Kreatur, doch mehr als das Aussehen war von Feredir, dem Verräter, nicht mehr übrig. ,,Nun, wie dem auch sei", fuhr ich fort, ,,Du wurdest geschaffen, um mir ein treuer Diener zu sein, bis in alle Ewigkeit." Die Kreatur nickte nur schweigend und lauschte meinen Worten. ,,Deine Aufgabe wird es sein, diejenigen, die mich verraten und mir untreu sind, zu bestrafen", erklärte ich, ,,Und ich denke, du kennst die Strafe für Verräter?" Die Kreatur nickte. ,,Nur Tod ist eine angemessene Strafe für ein solch unverzeihliches Verbrechen", sagte die Kreatur und ich sah die Mordlust in seinen Augen aufblitzen, Mordlust, wie man sie sonst nur bei Orks fand. ,,Du hast vieles von mir gelernt, mein Diener, eine lange Zeit warst du hier unten, eingesperrt und abgeschottet von der verräterischen, täuschenden Welt dort draußen. Doch nun ist es an der Zeit, dass du mit deiner Aufgabe beginnst", sagte ich. Während ich sprach ging ich zu dem hölzernen Tisch auf der anderen Seite des dunklen, schmutzigen Raumes. Dort lagen, fein säuberlich aufgereiht, Waffen aller Art. Von kleinen Messern, über Langdolche und Schwerter, bis hin zu Pfeil und Bogen und einem langen Speer war alles dabei, selbst ein Morgenstern lag zwischen zwei Dolchen. Neben dem Tisch befand sich eine Rüstung aus schwarzem Leder. Diese nahm ich nun zur Hand und drehte mich wieder zu der Kreatur um. ,,Erhebe dich, mein treuer Diener", befahl ich und die Kreatur befolgte meine Anweisungen sofort. Ich schritt zu ihr und legte ihr die schwarze Lederrüstung an. Stolz betrachtete ich mein Werk, bevor ich die Eisenfesseln um die Handgelenke der Kreatur löste. Sichtlich erfreut über die neue Bewegungsfreiheit streckte sich die Kreatur ausgiebig und sah mich dann erwartungsvoll an. Ich deutete auf die Waffen. ,,Dein erster Auftrag wird es sein, eine Gruppe Stallburschen zu finden. Mir wurde zugetragen, sie hätten Pläne geschmiedet, anderen zu helfen, das Königreich zu verlassen und mich somit zu verraten. Finde sie und gebe ihnen ihre gerechte Strafe!", befahl ich. Die Kreatur nickte stumm und griff nach einem Langdolch. ,,Was soll ich antworten, wenn jemand fragt, wer ich bin, Meister?", fragte die Kreatur dann, ohne den Blick von der scharfen Klinge abzuwenden. ,,Sag ihnen, du bist Delos*", antwortete ich schlicht. ,,Wie ihr wünscht, Herr", sagte die Kreatur und suchte sich einige Waffen aus. Ich stand schweigend daneben und beobachtete meine Schöpfung, den ersten aller Schwarzelben. Mithilfe dieser Kreatur, würde sich bald niemand mehr trauen, das Wort gegen mich zu erheben, ich hätte also die absolute Kontrolle und zudem den Beweis, dass meine Magie zu weitaus mehr fähig war, als bisher gedacht. Ich lächelte triumphierend, mit dem Wissen, dass mein Vater stolz auf mich wäre, könnte er mich nun sehen. Wäre er noch am Leben, hätten wir zusammen die Macht, ganz Mittelerde mit eiserner Hand zu regieren und Melkors Pläne endlich in die Tat umzusetzen. Doch vielleicht würde ich dies auch alleine schaffen, ich bräuchte nur ein Heer von Schwarzelben. Freiwillige, die sich der schmerzhaften Transformation unterziehen würden, hätte ich unter meinen treuen Gefolgsleuten genügend und unzählige Gefangene kamen noch dazu. Wieder stahl sich ein Grinsen auf meine Lippen, bei dem Gedanken an ein Imperium unter meiner Herrschaft. Das erbärmlich kleine Waldlandreich weiter auszubreiten hatte ich sowieso vorgehabt, warum also sollte diese Ausbreitung nicht der Beginn meines Imperiums sein? Ich sponn meine Gedanken weiter, während ich zusammen mit meinem ersten Schwarzelben die dunkle Kammer verließ und durch die verwinkelten Gänge schließlich die Hallen des Waldlandreiches erreichte. Wir befanden uns unterhalb der Verließe, aus denen man viele Klagerufe und -lieder hörte. Der Schwarzelb blieb stehen und drehte sich zu mir. ,,Woran erkenne ich die Verräter?", fragte er. Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah ihm fest in die Augen. Ich spürte die pulsierende Magie in meinen Adern und wie sie durch meine Hand auf den Schwarzelb überging. Ich wusste genau, wie die sechs Verräter aussahen und nun hatte ich diese Bilder in das Gedächtnis des Schwarzelben eingebrannt. ,,Nun weißt du, wie sie aussehen, mein treuer Diener", sagte ich und nahm die Hand von seiner Schulter, ,,Nun geh und erfülle deine Aufgabe!" Der Schwarzelb nickte, verbeugte sich und verschwand durch die Hallen. Den Orientierungssinn von seinem ehemaligen Selbst hatte ich ihm gelassen, damit er sich gut zurechtfand. Nun würde sich zeigen, ob die Transformation wirklich geglückt war, oder ob Feredir wieder Kontrolle über seinen Körper erhalten würde. Allerdings bezweifelte ich letzteres stark, da meine Magie mächtiger war, wie jeglicher Elbenzauber.
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Erzähler(*)
Tage und Wochen zogen ins Land. Für viele Bewohner des Waldlandreiches war es eine Zeit des Schreckens, denn Delos, der Schwarzelb, ging äußerst gewissenhaft seiner Aufgabe nach. Mindestens sechs Dutzend Elben, die auch nur irgendwie ein falsches Wort über Celleth verloren hatten, waren ihm bereits zum Opfer gefallen und heute Nacht würde ein gutes Dutzend folgen. Lautlos wie ein bedrohlicher Schatten schlich Delos immer näher an das Lager heran. Die meisten Elben ruhten bereits, nur vier Wachmänner saßen noch um ein spärlichen Feuer herum. Die Felswand hinter ihren Rücken schützte sie vor Wind, doch wurde sie ihnen auch zum Verhängnis. Delos spannte seinen Bogen mit drei Pfeilen auf einmal und zielte von seinem Versteck in einer Baumkrone auf drei schlafende Elben am Rand des Lagers. Mit leisen, zischenden Geräuschen flogen die Pfeile durch die Luft und alle drei trafen genau ins Schwarze. Die Elben zuckten nur kurz im Schlaf, bevor ihre Gliedmaßen leblos erschlafften. Zwei der Wachmänner hoben die Köpfe in Flugrichtung der Pfeile. Einer der beiden wollte zu einem alarmierenden Ruf ansetzen, doch ein weiterer Pfeil von Delos ließ ihn Verstummen, für immer. ,,Ein Hinterhalt!!!", rief nun allerdings ein anderer Wachmann. Sofort sprangen alle Elben auf die Beine, wie Marionetten, die man an den Fäden nach oben zieht. Delos verlor währenddessen keine Zeit. Mit einigen weiteren Pfeilen schickte er weitere Elben in Mandos Hallen, bevor er aus seinem Versteck auf den Waldboden sprang, zwei Schwerter in seinen Händen. Einige Elbinnen schrien erschrocken auf, als sie ihn erkannten. ,,Es ist Delos, Delos der dunkle Schrecken!", rief eine Frau, gerade als Delos begann, die ersten Elben, die ihm im Weg standen, anzugreifen. Bald war der, zuvor noch grüne Waldboden, rot vom Blut der Elben. Schmerzerfüllte Schreie zerrissen die Stille der Nacht, während ein Elb nach dem anderen durch Delos' Hand fiel. Schließlich waren von den ehemals drei Dutzend Elben nur noch eine Handvoll übrig. Sie alle standen mit vor Schreck geweiteten Augen, den Rücken an die kalte Steinwand gepresst, vor Delos. Mit einem erneuten Schwung seines langen Schwertes gingen drei weitere Elben zu Boden. Übrig blieb nun einzig eine Frau, die immer weiter vor ihm zurückwich. ,,Bitte", flehte sie, ,,Ich habe Kinder, sie brauchen mich." ,,Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du deinen König verraten hast", knurrte Delos und trat näher an sie heran in das flackernde Licht des kleinen Lagerfeuers. Ängstlich wich die Frau noch einen Schritt zurück, doch dann sah sie in sein Gesicht uns erstarrte. Delos war über den Blick der Frau verwirrt, denn so hatte ihn noch niemand angesehen, fast ohne Angst. ,,Feredir?", flüsterte sie dann und Delos zuckte etwas zurück. Dieser Name kam ihm eigenartig vertraut vor. Der Frau war seine Reaktion nicht entgangen und sie entspannte sich ein klein wenig. ,,Feredir bist du das wirklich?", fragte sie. Wieder zuckte Delos bei dem Namen Feredir zusammen. Es bereitete ihm ein eigenartiges Gefühl, wenn die Frau ihn mit diesem Namen ansprach, es war wie eine angenehme Wärme in der leere seiner schwarzen Seele. ,,Ich bin Delos", sagte er und hoffte, die Frau würde es dabei belassen. Die Wirkung des anderen Namen machte ihm insgeheim ein wenig Angst. Ein Gefühl, dass seiner mörderischen Persönlichkeit bisher völlig unbekannt war. ,,Nein, ich erkenne dich doch Feredir. Was hat er nur mit dir gemacht?", meinte die Frau fast schon besorgt. ,,Hör auf zu reden!", forderte Delos, doch die Frau schüttelte den Kopf. ,,Nicht bevor du aufgewacht bist", meinte sie. ,,Ich sagte SEI STILL!", rief Delos aufgebracht, hob drohend sein blutverschmierten Schwert und drängte die Frau an die Steinwand. Sie atmete tief durch und nahm doch tatsächlich sein Gesicht in ihre Hände, als gäbe es kein Schwert zwischen ihnen, dessen Klinge nun direkt auf ihrer Brust lag und sie in Sekunden töten könnte. ,,Töte mich, wenn du willst, aber ich glaube daran, dass du noch immer da drin bist, kleiner Bruder", meinte sie. Delos, der sein Schwert noch immer bedrohlich an ihr Brudtbein gedrückt hatte, begann plötzlich zu zittern. Er selbst wusste nicht, was mit ihm geschah oder aus welchem Grund. Sein Schwert fiel ihm aus der Hand und kurz darauf sank er auf die Knie. ,,Was geschieht mit mir?", fragte er, obwohl er bereits wusste, dass weder er, noch die Frau eine Antwort darauf hatten. Die Frau, an deren Namen er sich auf einmal wieder erinnerte. ,,Idril...Idril, meine Schwester", murmelte er kurz darauf und wiederholte es immer wieder. ,,Du erinnerst dich wieder?", fragte sie, noch zögernd näher an ihn heranzutreten. Delos nickte nur und sah auf seine Hände. Sie waren ihm völlig fremd, nicht nur wegen ihrer veränderten Farbe, sondern auch weil so viel Blut an ihnen klebte. Elbenblut, das Blut von Unschuldigen. ,,Ich bin ein Monster", stieß er hervor und riss seinen Blick von seinen Händen los, nur um sich umzusehen und die Leichen der Elben zu sehen. ,,Ich bin ein Monster!", rief er noch einmal. Idril trat nun doch an ihn heran und zwang ihn, sie anzusehen. ,,Das was du hier siehst, hast nicht du angerichtet", sprach sie beruhigend, ,,Aus freien Stücken würdest du soetwas niemals tun, das weiß ich." ,,Aber ich habe es getan, sieh mich an, meine Hände sind voller Blut", entgegnete er verzweifelt. Er konnte einfach nicht begreifen, warum er soetwas getan hatte, was ihn dazu getrieben hatte. Sein Blick fiel auf das blutverschmierte Schwert am Boden. Dort, wo der Griff in die Klinge überging, war ein Wappen eingraviert worden, Celleth Wappen, welches man inzwischen überall im Waldlandreich zu sehen bekam. ,,Celleth", sagte Delos mit grollender Stimme, ,,Er war es. Ich erinnere mich wieder. Nachdem er Vater getötet hatte, nahm er mich gefangen, in einer geheimen Höhle. Er hat mich gefoltert, als wäre es seine liebste Beschäftigung einen Elben leiden zu sehen und er hat noch etwas gemacht...mir etwas ins Blut eingeflößt. Was genau es war, kann ich nicht sagen, ich weiß nur, dass es eine violette Flüssigkeit war, die wie Feuer in meinem Blut brannte. Es hat meine Erinnerungen verdrängt und mich zu diesem Monster gemacht, was ich jetzt bin." ,,Aber es war nicht für immer, wie du siehst", entgegnete Idril. Delos nickte. ,,Sag, wie viele habe ich getötet?", fragte er dann. Idril zögerte, berichtete ihrem Bruder jedoch schließlich doch von seinen Gräueltaten. ,,Das kann ich nie mehr gutmachen", seufzte Delos. Idril legte ihm die Hände auf die Schultern und dachte nach. ,,Gutmachen vielleicht nicht, aber du kannst dafür Sorgen, dass die schrecklichen Massaker aufhören", meinte sie dann, ,,Und wenn du es schaffst, mehr Informationen über Celleth Pläne in Erfahrung zu bringen, hätten wir vielleicht sogar eine reelle Chance, etwas dagegen zu unternehmen." ,,Wir?", fragte Delos etwas verwirrt. ,,In Lothlorien haben sich die meisten Flüchtlinge von hier gesammelt. Die Wälder waren so gut wie verlassen und boten daher genug Platz und Schutz. Es heißt, sie planen von dort aus einen Aufstand gegen Celleth. Ich will auch dorthin", erklärte Idril. Delos nickte. ,,Ich werde sehen, was ich tun kann. Und jetzt solltest du gehen. Ich bin schon zu lange fort und Celleth wird schnell misstrauisch", meinte er. Seine Schwester nickte und sie beide standen auf. Delos reichte Idril ein kleines Messer. ,,Verteidige dich, wenn nötig", sagte er, ,,Und jetzt geh, aber versuche, so wenige Spuren wie möglich zu hinterlassen! Wenn ich auffliegen sollte, werde ich dir folgen." Idril nickte. ,,Viel Glück, Bruder", sagte sie noch, bevor sie in der Dunkelheit verschwand. Delos sah ihr nach. Dann hob er sein Schwert vom Boden auf und machte sich nachdenklich auf den Weg zurück zum Palast, in dem Wissen, wahrscheinlich noch weitere Morde in Celleth' Auftrag begehen zu müssen. Doch nun war er nicht mehr Delos, der gewissenlose Mörder. Er war wieder Feredir, wenn auch äußerlich verändert, und ab jetzt würde das wahllose Blutvergießen ein Ende haben. Er konnte Celleth vielleicht nicht hinterrücks erschlagen, aber dennoch konnte er dessen Machtposition unauffällig unterwandern und den Thronräuber dadurch immer mehr schwächen. Es war die einzige Möglichkeit, den Untergang des Waldlandreiches zu verhindern und wenn es sein Leben kosten würde.

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*Delos = Schrecken, Horror
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Tut mir leid, dass das Kapitel etwas verspätet kam

Kissed by Fire ⚜A Middleearth Story | Book 3⚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt