Obwohl ich eigentlich den ganzen Tag nichts gemacht habe was mich erschöpft haben könnte, musste ich mich zusammenreißen nicht einfach einzuschlafen. Ich hatte keine Lust auf die lange Zugfahrt, also machte ich mir einfach Musik an und versuchte mich ein bisschen zu entspannen. Für den Fall, dass ich doch versehentlich einschlafen sollte stellte ich mir einen Wecker in zwei Stunden. Länger sollte ich nicht schlafen, sonst kann ich später nicht mehr schlafen.
Als ich vier Stunden später endlich daheim ankam ließ ich mir von meiner Mama ins Bett helfen, welche mir gefühlt tausend Mal gesagt hatte, dass sie mich vermisst hat. Sie wollte am liebsten jetzt schon alles von Lukas und mir erfahren, aber ich hatte um 00:37 Uhr weitaus besseres zu tun als meiner Mutter von meiner Beziehung zu erzählen. Schlafen zum Beispiel.
Am nächsten Morgen wurde ich von meinem Handy wach, weil es klingelte. Ich schaute nicht darauf sondern nahm einfach ab. "Ja?" fragte ich nachdem ich mich aufgesetzt hatte. "Hey Prinzessin. Ich vermisse dich. Bist du gut angekommen?" fragte die einzige Stimme die ich hören wollte. "Jap. Ich hab über die Hälfte der Fahrt geschlafen und war trotzdem tot müde. Wie spät ist es eigentlich?" fragte ich. "Du warst wohl noch nicht wach? Tut mir leid. Ich wollte dich nicht wecken."
"Ja, aber das ist nicht schlimm. Ich muss ja so oder so irgendwann aufstehen. Zumal ich nachher auch noch einen Physiotermin habe. Also je früher desto besser. Aber wie spät ist es denn nun?" fragte ich erneut. "Achso ja. Es ist kurz nach halb 10." sagte Lukas.
Wir redeten noch weiter und nach dem Gespräch ließ ich mich wieder ins Kissen fallen und genoss noch ein wenig die Wärme. Manchmal möchte ich -einfach ohne Grund- schlafen und nie wieder aufwachen. Es ist nicht so ein depressives 'Ich will sterben' sondern eher ein 'Lasst mich in Ruhe faul sein. Ich möchte schlafen!' Es ist nicht leicht zu erklären.
Nach weiteren 10 Minuten in denen ich einfach an die Decke starrte stand ich auf und lief an der Wand entlang zum Bad. Vielleicht konnte ich jetzt ja mal probieren im stehen zu Duschen.Ich war ein bisschen enttäuscht, dass ich es nicht geschafft hatte im Stehen zu duschen. Die ersten zwei Minuten verliefen super, aber dann haben meine Beine immer mehr gezittert und ich musste mich doch auf den Duschhocker setzen. Ich hoffte so sehr, dass es nicht allzu lange dauern würde bis ich zumindest länger stehen konnte.
Ich machte mich fertig und stellte fest, dass es auch einfach sein kann eine Hose anzuziehen.Beim Frühstück kam ich kaum zum Essen, weil ich so viel erzählen musste. Ich erzählte eigentlich fast alles. Nur ein paar Momente mit Lukas ließ ich weg, weil das mein kleines Geheimnis blieb. Auch das mit dem Gottesdienst ließ ich weg, weil ich nicht wusste, wie meine Eltern reagieren würden, wenn ich sagen würde, dass ich am christlichen Glauben interessiert war. Ich werde es auf jeden Fall irgendwann mal erwähnen, aber das war jetzt einfach nicht wichtig.
Wenige Stunden später war ich mit meinem Papa auf den Weg zur Physiotherapie im Ort. Er würde einkaufen gehen und dann einfach warten bis ich fertig war. Ich war ein bisschen nervös, als ich mit meinen Rollstuhl rein fuhr. "Guten Tag. Du bist bestimmt Hanna Bakery, oder?" fragte mich direkt eine junge Frau mit einem freundlichen Lächeln.
"Ja, die bin ich wohl." sagte ich mit einem freundlichen Lächeln.
Sie zeigte mir in welchen Raum ich fahren sollte und dort wartete ich dann kurz. Nicht lange später erklärte sie mir, was genau sie mit mir machen wird und was das bringt und inwiefern das mit der Bewegungsfähigkeit zu tun hat. Ich hab die Hälfte schon wieder vergessen. Nur das sie meine Muskeln jetzt einmal wöchentlich lockern muss, damit es nicht zu einer Muskelverwachsung oder Muskelverspannung kommt. Außerdem soll es eine muskelfördernde Wirkung haben.Nach einer halben Stunde Massage die nicht wirklich angenehm war, verließ ich das Gebäude und hielt nach meinem Papa Ausschau. Er stand direkt vor mir, was ich erst bemerkte, als er meinen Namen rief. Ich fuhr zu ihm und er hob mich auf den Beifahrersitz.
Daheim angekommen legte ich mich auf das Sofa und hob meine Beine so lange wie ich konnte. Dann entspannte ich sie kurz und wiederholte das Ganze mit jedem Bein einzeln.
Der Tag war ein absolut langweiliger Tag. Ich hatte mir im Internet etwas zu der Reha durchgelesen und mir einen Termin morgen in der Ergotherapie gemacht. Eigentlich hatte ich ein bisschen Angst davor. Ich versuchte mir nicht allzu viele Gedanken zu machen und öffnete meinen Laptop und fuhr ihn hoch. Dann lehnte ich meine Kissen so an die Wand, dass ich mich bequemer hinsetzen konnte. Ich öffnete WhatsApp Web und stalkte ein paar Leute. Den Status, das Profilbild und bei manchen sogar, wann sie zuletzt online waren. Als ich bei Lukas sah, dass er online war schrieb ich ihn an.
H: Hey💕
Er antwortete sofort.
L: Hey Süße. Wie geht es dir? Wie war es bei der Physio?
H: Mir geht's super. Es war ein bisschen unangenehm bei der Physio. Wenn man Massage hört, denkt man so, dass das voll chillig ist, aber es hat schon fast weh getan. Aber wie geht es dir?
L: Mir geht es gut, wenn es dir gut geht. Marie hat sich gewundert wo du bist. Wahrscheinlich mag sie dich.
H: Ich mag sie auch. Drück sie Mal von mir. Und grüß deine Eltern von mir.
L: Mach ich. Hier ist es plötzlich so langweilig ohne dich...
H: Ja, ich weiß auch nichts mit mir anzufangen...
L: Hast du morgen wenigstens was vor?
H: Geplant ist bisher nur Ergo und ein Treffen mit Lily in der Stadt. Und was hast du morgen so vor?
L: Keine Ahnung. Luis muss lernen und Daniel arbeitet. Vielleicht fahre ich ins Studio und sammel ein paar Ideen für neue Songs. Ich hab schon eine Zeile die mir nicht aus dem Kopf geht.
H: Darf ich fragen wie die Zeile lautet?
L: 'Everytime I look in your eyes everything is perfect. There's nothing better than every single moment with you. I would do everything to have that perfect moments with you for the rest of my life.' Okay das ist mehr als nur eine Zeile, aber das kam gerade spontan.
H: Du bist süß. Weißt du das?
Wir schrieben noch lange und unterhielten uns über alles mögliche. Unter anderem über Luis der dringend eine Freundin braucht.
Ich stand vom Bett auf und lief vorsichtig an der Wand entlang in die Küche. Als meine Mama das sah hatte sie Tränen in den Augen. Ich umarmte sie und war endlich mal auf gleicher Höhe mit ihr und sie musste sich nicht bücken. Ich half ihr beim Abendessen und rief dann den Rest der Familie zum Essen. Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen und stellte fest, dass mein Rollstuhl eine bequemere Sitzfläche hatte. Aber ich wollte auf keinen Fall in den Rollstuhl zurück. Meine Beine schmerzten, aber das war mir egal. Wichtig ist das Erfolgsgefühl.
Nach dem Abendessen, war ich so fertig, dass ich mich gleich Bettfertig machte. Es dauerte auch nicht lange und dann war ich schon im tiefsten Schlaf.
DU LIEST GERADE
Kiss me (Lukas Rieger FF)
Fanfiction"Darf ich fragen warum du im Rollstuhl sitzt?" Ich schaute auf meine Beine und sagte: "Ich hatte einen Autounfall als ich 6 Jahre alt war. Ich saß alleine hinten im Auto und ein anderes Auto ist uns von der Seite hinten reingefahren. Ich lag zwei wo...