CHAT 60

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„Du bist wieder wach?"

Taehyung blickte zur Türschwelle zwischen Flur und Schlafzimmer, sah Jungkooks Silhouette ins Gesicht, während er sich langsam von seinem Bett erhob. Er war zwar extra in eine andere Räumlichkeit geschlichen, um das Gespräch mit Yoongi auf Lautsprecher umzuschalten – besagter Soziophob wollte schlichtweg nicht auflegen – doch trotzdem bereute er diese Aktion beim Anblick Jungkooks augenblicklich. Der Jüngere zog eine starre Miene; leicht fragend, äußerst skeptisch. Ohne auf die rhetorische Frage von Taehyung einzugehen, betätigte er den Lichtschalter und trat ein paar Schritte über den dunklen Parkettboden in den Raum hinein.

„Es ist vermutlich nicht schwer, einen Hacker abzublocken, wenn man seine Technik kennt", murmelte er nur und blieb genau einen halben Meter vor dem Älteren stehen. „Wer war das?"

„Wen meinst du?"

„Du hast ihn Yoongi genannt", setzte Jungkook daraufhin fort. „Arbeitet er bei der Polizei? Kannte ich ihn?" Danach zog er kurz die Brauen kraus und überlegte. „Er hat meine Stimme erkannt – wir kannten uns also... Cyberpolizist?"

Taehyung starrte eine Weile auf Jungkooks Gesicht, ehe er lockerließ und sich laut aufseufzend wieder auf die Matratze setzte. Er stützte seine Unterarme auf seinen Knien ab, zog eine resignierte Miene, während er müder Stimme zur Antwort ansetzte.

„Eher eine Art Freund und Helfer der Polizei", erklärte er möglichst beiläufig und spielte mit dem Handy in seinen Händen, indem er es immer wieder drehte. Seine Augen fixierten nun einen kleinen Fleck am Boden; die leicht dunklere Stelle auf dem Jahresringmuster, eine kleine Tollpatschigkeit von vor drei Jahren, beim Transportieren von Kaffee zum Nachttisch. „Wir wollen ihn als Cyberpolizisten, doch er weigert sich seine Wohnung zu verlassen. Ich wusste nicht, dass er dich kannte... beziehungsweise wusstet ihr voneinander, aber deine Stimme sollte ihm eigentlich nicht geläufig sein."



„Min Yoongi?", fragte ich erneut durch die Tür hindurch und klopfte immer wieder gegen das Holz. „Ich bin der Partner von Taehyung."

Beinahe hätte ich aufgegeben, doch da hörte ich schon den Schlüssel sich im Schloss drehen und trat die paar kurzen Schritte wieder zurück, die ich mich bereits von der Wohnung entfernt hatte. Ein Dreizimmerheim, eigentlich für Studenten unter ärmeren Verhältnissen gedacht und daher bereits etwas heruntergekommen. Die Tür öffnete sich lediglich ein paar Zentimeter, bis die rostige Kette zwischen ihr und der Türschwelle eine Grenze zog – und zu sehen war eine ungezähmte, schwarze Mähne über schmalen Katzenaugen. „... Jeon... Jungkook also?", fragte Yoongi leise und zögerlich. Seine Stimme war heiser, ganz so als wäre er erkältet oder hätte zu lange nicht gesprochen. Ich nickte bestimmt. Wie auf Kommando griff ich daraufhin nach meiner Marke und wies mich den Regeln entsprechend aus.

Yoongis schwaches, schüchternes Nicken war mir Gestik genug, um meinen Identitätsnachweis wieder in der Jackentasche verschwinden zu lassen. „Ich hätte da ein paar Fragen bezüglich Hacking."

Es kam mir fast schon verdächtig vor, dass er mir all die Zeit kein einziges Mal richtig in die Augen geschaut hatte. Immer mal wieder traute er sich seinen Blick kurz auf mein Gesicht zu richten, meinen Augen geschickt ausweichend, ehe er wieder für längere Zeit zu Boden sah. Es war etwas, das mir auffiel, mich jedoch nicht wirklich störte.



„Er kennt meine Stimme", murmelte Jungkook daraufhin im Flüsterton und fasste sich an die Schläfe. Noch immer hatte er sich nicht an dieses seltsame Gefühl gewöhnt, das eine Erinnerung mit sich brachte; auf seinen Armen breitete sich eine Gänsehaut aus, ihm wurde kalt, etwas schwindelig gar. Und so langsam drängte sich ihm immer weiter die Frage hoch, wie er diese Ereignisse hatte vergessen können, obschon er nun doch wusste, wie es dazu kam. Sie fühlten sich immer weniger fremd, immer vertrauter an, waren nun viel leichter von Traum und Gegenwart zu differenzieren. Doch trotzdem wurde ihm stets komisch dabei. Ihn überrumpelte das typische Gefühl, welches man hatte, wenn einem ein Wort auf der Zunge lag und man schlichtweg nicht darauf kam – bis es einem dann zu einer komplett ungelegenen Zeit wieder einfiel und man verwundert darüber, so etwas Simples vergessen zu haben, den Kopf schüttelte. Genau so fühlte sich das mittlerweile an. Nur intensiver, mit deutlich stärkerer Konfusion, ganz so, als würde einen das Gefühl einnehmen und einfach nicht mehr loslassen. Das Gefühl, als läge ihm etwas auf der Zunge, im Gedächtnis.

Remember me ♛ VKook「50% Texting」 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt